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VW-Elektrostrategie: Auf den Spuren des Käfers

29.11.2017 14:00 Uhr
VW-Elektrostrategie: Auf den Spuren des Käfers
Sind erstmals gemeinsam auf einer Messe zu sehen: die drei Modelle des elektrischen Angebots bei Volkswagen.
© Foto: VW

VW steht unter Strom: Bis 2022 wollen die Wolfsburger eine ganze Modellreihe vollelektrisch antreiben. Um die Marktführerschaft bei den Stromern zu erringen, soll der Käufer dabei ähnliche Preismodelle wie beim Handy-Erwerb erhalten.

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Von Peter Weißenberg/SP-X

Wahrscheinlich stünden diese drei Autos nicht da auf der Bühne, hätte es keinen Diesel-Skandal gegeben. Ein Kompakter, ein SUV, ein Van. Alle drei rein elektrisch angetrieben. "So schnell hätten wir uns ohne den Abgas-Skandal wohl nicht entschieden, beim Elektroantrieb in die Vollen zu gehen", gibt Jürgen Stackmann zu.

Der Marketing-Vorstand von VW sagt zu Beginn der Automesse in Los Angeles, dass die Diesel-Krise den Konzern erschüttert und aufgerüttelt hat. "Das musste ein Wendepunkt sein" – und von dem sollen die Kunden jetzt profitieren. Nicht zuletzt beim Kaufpreis. Für knapp 23.000 Euro gibt es derzeit den billigsten Golf-Diesel – und dafür soll es ab 2020 auch einen ebenso großen kompakten VW I.D. geben. Eine Kampfansage.

Ziel: Marktführerschaft bei E-Autos

Stackmanns Angriffslaune ist damit noch nicht beendet. "Wir wollen Marktführer auch bei den Elektroautos werden – und diesen Antrieben damit zum Durchbruch verhelfen. Das kann kein Nischenanbieter", sagt der Manager mit einem kleinen Seitenhieb auf Tesla. Sechs Milliarden Euro machen die Wolfsburger dafür in den kommenden fünf Jahren locker. Und wollen als erster Anbieter eine ganze Modellfamilie unter Strom stellen.

Das Geheimnis dahinter: Der kompakte I.D., das ebenfalls 2020 erscheinende SUV Namens I.D.-Cross und der Nachfolger des Ur-Bullis I.D.-Buzz (ab 2022) stehen auf der gleichen Plattform – und werden auch noch Konzernschwestern mindestens von Skoda und Seat bekommen. Dazu gesellt sich im Modularen Elektrifizierungsbaukasten (MEB) auch noch eine stattliche Limousine.

Die Wettbewerber wie Renault, Nissan oder Opel stellen dagegen bisher nur einzelne Elektroautos. Das ist natürlich teurer, weil die Stückzahlen kleiner sind. Der VW-Konzern kann dagegen die immergleiche Bodenplatte mit den Batterien in großen Mengen bestellen – und Mengenrabatte aushandeln. Bis 2025 will der Konzern so alljährlich eine Million Kunden für Elektroautos begeistern.

Die I.D.-Modelle sollen aber nicht nur wegen des günstigen Grundpreises ein "Game-Changer" werden, so Stackmann. Beim Einstieg in die elektrische Autowelt a la Volkswagen wird sich auch der Kunde ein wenig umgewöhnen müssen. Elektro-Baureihenchef Christian Strenger sagt, dass die Elektromobilität die "größte technologische Veränderung seit dem Wechsel vom Käfer zum Golf ist". Und ein wenig auch wieder Rückbesinnung auf den Vater aller Volkswagen.

Heckantrieb wie beim Ur-VW

Vor allem, weil die Stromer anders als Polo, Golf oder Passat wieder wie beim Ur-VW auf Heckantrieb umschwenken werden. Denn die für frontgetriebene Modelle günstigere Lastverteilung von rund 60 Prozent auf der Vorderachse ist wegen des fehlenden Verbrennungsmotors nebst Hilfsaggregaten beim Elektroauto nicht hinzubekommen. Also wandert der Grundantrieb wieder nach Hinten.

Ein bisschen Käfer-Gen soll die Elektropalette aber auch noch in einem anderen Feld bekommen: bei der Auswahl im Autohaus. "Wir mögen es bei VW ja eigentlich immer gern ein bisschen kompliziert", beschreibt Stackmann mit Selbstironie die Auswahlmöglichkeiten eines typischen VW. Durch Dutzende Seiten aufpreispflichtiger Komponenten soll sich der Käufer eines I.D. aber nicht wühlen müssen. Auch da nimmt sich der Konzern den Käfer zum Vorbild - und die Mobilfunk-Branche.

So einfach wie ein Smartphone soll der Kauf der I.D.-Modelle werden. Schritt eins: Wahl des Modells. Ein Kompakter, der aber wegen des größeren Radstandes und weiter vorn stehender A-Säule den Innenraum eines Passat bietet. Oder das SUV, außen vom Maß eines Tiguan, Innen (und beim Preis) eher der dickere Touareg. Oder der Van I.D.-Buzz. Schritt zwei: Antrieb wählen - und das heißt meist nur die Reichweite. 300 Kilometer werden es immer im Mindesten sein.

Alle I.D.-Modelle fit für autonome Fahrfunktionen

Schritt drei: Farbwahl. Schritt vier: eine Auswahl aus wenigen Ausstattungspaketen. Mehr geht nicht … im Prinzip. Wenn da nicht Schritt fünf wäre – und eine neue Einnahmequelle für VW: Alle I.D.-Modelle werden bereits wie heutige Smartphones bereit sein, um sich via Mobilfunk aufrüsten zu lassen. Der Kunde kann dann etwa per Update einer App Navigationsdienste dazukaufen. Für immer - oder auch nur für die Urlaubsfahrt.  “Wer möchte, kann so auch den Staupiloten flugs nachrüsten, wenn der Verkehr gerade zähflüssig ist”, verspricht Stackmann. Natürlich gegen Bares.

Die I.D.-Modelle sollen nämlich nicht nur elektrifiziert fahren, sondern auch bereits fit für autonome Fahrfunktionen sein, ebenso wie für permanenten Datenverkehr. Videospiele, Musik oder Filme könnte VW den I.D.-Passagieren so bei Bedarf mitverkaufen. Gerne auch im Monatsabo - ähnlich wie beim Smartphone-Vertrag.

Anders als beim Mobilfunk mit seinen Funklöchern will VW beim elektrischen Fahren aber dafür sorgen, dass es keine Versorgungslücken gibt. Stackmann weiß, dass "die mangelnde Lade-Infrastruktur immer noch ein Hauptgrund ist, warum die Elektromobilität nicht schnellere Fahrt aufnimmt". Darum soll jeder I.D. auch eine Lade-Lösung im Paket bekommen. VW selbst baut mit anderen Herstellern gerade ein flächendeckendes Säulennetz in Europa und den USA auf. "Und auch für die Säulen daheim und in der Arbeit werden wir ein Paket schnüren", verspricht der Manager. 

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