von Susanne Roeder
Industrie, Politik und Medien setzen hierzulande – zumindest beim Pkw – mehrheitlich auf rein batterieelektrische Antriebe. Doch auch die Alternative Wasserstoff bleibt im Fokus.
Ein Hersteller, der sich seit jeher für ein künftiges Nebeneinander unterschiedlicher Antriebstechnologien engagiert und diese auch anbietet, ist Toyota. Zusammen mit dem koreanischen Hersteller Hyundai machen sich die Japaner auch für Elektroautos mit Brennstoffzellen an Bord stark. Unterstützung kommt aus Frankreich, wo Rennfahrer Olivier Lombard mit seinem Unternehmen Hopium den Boliden Alpha 0 vor einigen Monaten als Prototypen vorstellte. Für das Brennstoffzellenfahrzeug, das mit einer Wasserstoffbetankung, die binnen drei Minuten absolviert sein soll und eine Reichweite von eintausend Kilometern verspricht, gibt es 1.000 Vorbestellungen.
Um weitere Mitstreiter zu finden, hat Toyota alle Patente freigegeben, die der Konzern auf die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien weltweit hält. Mit erstem Erfolg. Nachdem Mercedes-Benz seine Kleinserie GLC F-Cell frühzeitig wieder eingestellt hat, will BMW bei dieser Antriebsform vorne mitmischen. Der BMW iX5 Hydrogen soll zunächst ebenfalls als Kleinserie ab Ende nächsten Jahres vom Band rollen. Wie die Asiaten hofft auch BMW auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen. Erst dann wollen die Bayern im Laufe der zweiten Hälfte der Dekade das SUV in Serie produzieren.
Auch der Stuttgarter Zulieferer Mahle hat seine Forschung und Entwicklung in Richtung Wasserstoff und Brennstoffzelle aufgestockt. Etwa hundert Mitarbeiter arbeiten bislang am Stammwerk in Stuttgart am Thema. Wo es noch bis vor kurzem um den Dieselmotor ging, werden an zwei umgerüsteten Prüfständen jetzt Komponenten für Brennstoffzellen und Wasserstoffmotoren getestet, um wirtschaftliche und robuste Systemlösungen zu entwickeln.
Toyota setzt vehement auf die Wasserstoff-Brennstoffzellen-Technologie. Für den Brennstoffzellen-Stack, das Herzstück des Antriebs mit Wasserstofftechnologie und Brennstoffzellen, entwickle man derzeit viele Produkte, heißt es seitens Mahle. Zum Beispiel arbeite man an Lösungen, wie sich die Zellstapel am besten puffern lassen. Gleichzeitig laufen auf dem zweiten Prüfstand aktuell Tests für einen Wasserstoffmotor. Mit einem solchen Motor, der Wasserstoff verbrennt, lasse sich schon jetzt 99,x Prozent CO2 einsparen. Der Zulieferer plädiert für eine diversifizierte Mobilität, bei der Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen, Wasserstoffverbrenner, batterieelektrische und Fahrzeuge mit Brennstoffzellentechnologie und entsprechend kleiner Batterie in Koexistenz die Straßen bevölkern sollen. "Alle unsere Maßnahmen", betont Roman Stiehl, Mahle Leiter Forschung Systemtechnologie, "haben die Klimaneutralität zum Ziel."
Gleichwohl sehen Mahle wie auch das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme, ISE, in Freiburg den Brennstoffzellenantrieb auf der Straße primär bei Nutzfahrzeugen. Zunächst. Denn Ulf Groos, Leiter Brennstoffzellensysteme am ISE, weist darauf hin, dass die globale Erzeugung von Wasserstoff, dessen Transport und die Betankung von Brennstoffzellenfahrzeugen mit H2 in der Gesamtbilanz „ökonomisch und auch ökologisch gleichwertig zum Pfad erneuerbaren Stroms zum Batteriefahrzeug ist, wenn man die globalen Lieferketten und Massenmobilität betrachtet.“ Der Forscher unterstreicht, man müsse "heute beide Wege betrachten und die Brennstoffzelle auch im Pkw nicht ausschließen." Auch langfristig sieht Groos Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) im Pkw-Segment als sinnvolle Ergänzung zum BEV, zumal "ich derzeit nicht erkennen kann, wie die Ladepunkte für eine Massenmobilität mit BEV ökonomisch sinnvoll aufgebaut werden können." Eine H2-Infrastruktur ist aus seiner Sicht zumindest vergleichbar gut darstellbar. "Der Aufbau von öffentlichen Ladepunkten bis zum Jahr 2030 für BEV kostet 0,5 bis drei Milliarden Euro, der Aufbau von öffentlichen H2-Tankstellen circa 1,5 Milliarden Euro. Da die Nutzung von BEV noch eine Vielzahl an privat in der Garage installierten Ladepunkten erfordert, sind die volkswirtschaftlichen Kosten für BEV sogar noch höher."
Verschwiegen werden in diesem Zusammenhang darf nicht, dass die batterieelektrische Mobilität deutlich effizienter ist. Für den Antrieb mit Brennstoffzellen verschwinden 40 Prozent der eingesetzten Energie bei der Produktion des Wasserstoffs bei der Elektrolyse. Der Vorteil von Wasserstoff: Er lässt sich transportieren. Dieser Aspekt wird allerdings erst wirklich interessant, wenn es Ökostrom zuhauf gibt, mit dem sich Wasserstoff vollkommen klimaneutral herstellen lässt. Zumindest Deutschland ist davon weit entfernt, und so konzentriert man sich hierzulande auf den brennstoffzellenbetriebenen Schwerlastverkehr.
In der Bevölkerung gibt es Zuspruch für FCEV. Gleichwohl bleibt das Angebot an Pkw mit dem Toyota Mirai und dem Hyundai Nexo weiterhin denkbar überschaubar. Von seinen für das Jahr 2025 geplanten 670.000 Elektroautos will Koreaner Hyundai knapp ein Sechstel weltweit als Brennstoffzellenfahrzeuge verkaufen.
War der Mirai der ersten Generation noch in Handarbeit gefertigt, so läuft der Nachfolger von einer eigenen Fabrik vom Band. Pro Jahr könnten 30.000 Mirai verkauft werden. Dieses Jahr waren es bislang 500. Der Mirai in der jetzt zweiten Generation ist in der Strategie von Toyota der Wegbereiter für eine Ausweitung des Brennstoffzellenantriebs auf weitere Modelle des Herstellers. Ähnlich der Popularisierung des Hybridantriebs mit dem Alltagsmodell Prius ab dem Jahr 1990.