Von Benjamin Bessinger/SP-X
Andre Farbe, anderer Sound. Wenn man einen normalen Mini Cooper S den roten Kippschalter umlegt, um den zwei Liter großen Turbo-Motor zu starten, versteht man mitunter sein eigenes Wort nicht mehr. Doch diesmal drückt man den Hebel und hört statt des wütenden Grollens nur eine seltsame Stille. Aber wir sitzen ja auch nicht in einem normalen Cooper S und die sogenannte Toggle Switch ist nicht umsonst gelb statt rot lackiert. Die neue Farbe erinnert an den alten Mini E, mit dem BMW 2009 den Start in das Abenteuer i3 vorbereitet hat, und es steht für den ersten Elektroantrieb, den man bei den Briten jetzt zu Netto-Preisen ab 30.168 Euro tatsächlich in Serie kaufen kann: Willkommen im Countryman Cooper S E, im ersten Mini einer neuen Zeit.
Wenn der saubere Sonderling Ende Juni in den Handel kommt, will er nicht weniger als das Beste aus zwei Welten bieten: "Wir wollen Mini-Fans vom Hybrid-Antrieb überzeugen und wir wollen alle, die schon Hybrid-Erfahrung gesammelt haben, mit Mini-Feeling begeistern", sagt deshalb Markenchef Sebastian Mackensen und setzt gleichermaßen auf Spaß und Sparsamkeit. Dafür kombiniert er einen Dreizylinder-Benziner mit 100 kW / 136 PS an der Vorderachse mit einem 65 kW / 88 PS starken E-Motor und einem Lithium-Ionen-Akku im Heck. Zusammen kommen beide Motoren auf 224 PS, erreichen ein maximales Drehmoment von 385 Nm und ermöglichen ganz nebenbei einen Allradantrieb, wie er dem hochbeinigen Landei gut zu Gesicht steht.
So lange beide Motoren im Team arbeiten, ist der Countryman ein Mini, wie jeder andere auch. Zwar ist auch mit Vollgas schon bei 198 km/h Schluss, der etwas pötternde Sound des Dreizylinders will nicht so ganz zum sonoren Klang eines Cooper S passen und die gut 1,7 Tonnen Gewicht bremsen die typische Fahrfreude ein wenig ein. Doch mit einem Sprint von 0 auf 100 in 6,8 Sekunden, einem straffen Fahrwerk und der gewohnt direkten Lenkung ist der Countryman noch immer handlicher und feuriger als die meisten anderen SUV in seinem Segment. Und lebenslustiger ist er mit seinem Playmobil-Design und seinem Puppenstuben-Interieur ohnehin.
Aus dem Brummer wird ein Summer
Neu ist die Erfahrung erst, wenn man den Countryman mit einem weiteren Druck auf den gelben Schalter in den E-Mode zwingt und den Verbrenner in die Pause schickt. Dann ist es, als würde man das Matchbox-Auto in die Ecke stellen und plötzlich mit der Märklin-Eisenbahn spielen. Denn aus dem Brummer wird ein Summer und mit der Tonlage ändert sich das Fahrgefühl. Dabei bleibt der Spaß allerdings auch unter Strom nicht auf der Strecke. Schließlich entwickelt der E-Motor von der ersten Umdrehung an ein maximales Moment von 165 Nm und sprintet entsprechend flott davon. Und mit einer elektronisch begrenzten Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h ist man zwar langsamer als alle anderen Mini, aber noch immer schneller, als die Polizei auf den meisten Straßen erlaubt. Außerdem braucht es ja nur einen beherzten Tritt aufs große Fahrpedal, schon schaltet sich der Verbrenner doch wieder zu und das alte Matchbox-Auto ist zurück.
Das Spiel kann man allerdings nicht ewig treiben. Denn genau wie die beiden Motoren hat der Mini von seinem bayerischen Plattformbruder, dem 2er Active Tourer, aus dem BMW-Regal auch den Akku übernommen. Und der hat hier wie dort nur 7,6 kWh. Deshalb ist die elektrische Sause spätestens nach 42 Kilometern vorbei und der Mini muss für gute drei Stunden an die Steckdose.
Spätestens wenn man dann auch noch den Benzintank leer gefahren hat, erlebt man allerdings auch den Verbrenner von einer neuen Seite: Zwar sind die 2,1 Liter aus dem Datenblatt nicht viel mehr aus Prüfstands-Poesie und einer hoffnungslos unrealistischen Norm geschuldet. Doch auch mit dem doppeltem oder dreifachen Wert ist dieser Countryman der mit Abstand sparsamste seiner Art. Statt ihn wie sonst mit offenen Armen und gezückter Zapfpistole zu begrüßen, wird manch ein Tankwart angesichts dieses Autos rot anlaufen und zetern vor Zorn - andere Farbe, anderer Sound eben.