Von Peter Maahn/SP-X
Als eine Ikone beschreibt der Duden eine "Person oder Sache, die bestimmte Werte oder ein bestimmtes Lebensgefühl verkörpert". So gesehen hat der Toyota Land Cruiser dieses Prädikat verdient. Vor 65 Jahren erschien er als nüchterner Geländeprofi im klassischen Jeep-Look, inzwischen ist er als recht elegantes SUV unterwegs. Von seinem Können über Stock und Stein hat er über die Jahre hinweg aber nichts eingebüßt. Um die neueste Version des bis zu knapp 68.000 Euro teuren "Land-Kreuzers" ins passende Licht zu rücken, steckten die Japaner ein exotisches Testterrain ab.
Und zwar weit abseits fester Straßen, in der menschenleeren Wüste von Namibia, eingerahmt von schroffen Berglandschaften. Ein Land, zweimal so groß wie Deutschland, mit gerademal so viel Einwohnern wie Hamburg. Hier geht es nicht ums Einparken in enge städtische Lücken, um den Wendekreis oder ums flotte Fortkommen auf asphaltierten Autobahnen.
Hier muss der Land Cruiser auf dem Weg zum Ziel Klippen meistern, vor denen selbst ein erfahrener Wanderer Respekt hätte. Das für deutsche Verhältnisse mit fast 4,85 Metern "große" SUV war wegen seiner Fähigkeiten im Gelände schon immer bekannt. Jetzt geht er in neuem Look und mit weiter verbesserter Allradtechnik an den Start.
Gefälliges neues Outfit
Dabei haben die japanischen Designer eine Scharte des Vormodells ausgewetzt, die bei Querfeldein-Jüngern ebenso für Kopfschütteln gesorgt hat wie bei den Livestylern, die mit ihren Toyota nie feste Straßen verlassen. Die großen Scheinwerfer-Augen mit ihren weit herunterragenden "Tränensäcken" fürs LED-Tagfahrlicht sollten zwar für Modernität sorgen, wirkten aber alles andere als elegant und zeitgemäß. Jetzt sind sie deutlich schmaler, setzen auf einen zierlichen LED-"Lidstrich" und harmonieren mit dem fett chromumrandeten Kühlergrill und seinen fünf dicken Streben. Zudem spendierten die Gestalter der Motorhaube eine recht tiefe mittige Sicke, die die Sicht nach schräg vorne verbessern soll. Das neue Gesicht steht dem Land Cruiser zweifellos gut.
Ähnliches gilt für den völlig umgestalteten Innenraum mit 4,2-Zoll-Monitor, einer separaten Bedienfläche für die verschiedenen Gelände-Fahrprogramme und einem modern gestylten Lenkrad. Je nach Ausstattung sitzt der Globetrotter auf feinem Leder, dessen Sitzfläche per Knopfdruck gekühlt werden kann und lauscht dabei einem Soundsystem mit bis zu 14 Lautsprechern.
Ein nobles Ambiente, eigentlich viel zu schade, um es dem gelben Wüstenstaub, der stets auch ins Auto dringt, auszusetzen. Vielleicht ist es ja dieser Kontrast zwischen behaglicher Wohnlichkeit und extremen Fähigkeiten im Nirwana, der den Land Cruiser so beliebt gemacht hat.
Fahrbericht Toyota Land Cruiser
BildergalerieEs sind zwei große Gruppen, die sich meist mit dem Toyota-Flaggschiff anfreunden. Zum einen SUV-Fans, die die Vorzüge des geräumigen, hochgebauten Land Cruiser als komfortables Reisemobil schätzen, aber keine Abendteuer-Ambitionen haben. Aber eben auch diejenigen, die darauf angewiesen sind, dass ihr Auto unter widrigen Bedingungen nicht schlappmacht, ein echtes Nutz-Fahrzeug ist und sie durch ein Land begleitet, dass eigentlich autofeindlich ist.
Natürlich muss Toyota damit leben, dass sich unter die Kunden auch Menschen mischen, mit denen sich ein Hersteller nicht gerne schmückt. Zahlreiche Fernsehbilder, die um die Welt gingen, zeigten finstere IS-Kämpfer mit ihren schwarzen Fahnen stets in Kolonnen aus Toyota-Allradlern. Das brachte den Japanern Ärger ein, auch wenn sie sich diese Nutzer sicher nicht ausgesucht hatten.
Zum Glück kein Thema in Namibia, der früheren deutschen Kolonie oberhalb von Südafrika. Eine Spielwiese für Europäer, die sich gerne durch tiefen Sand wühlen und dabei dicke zementartige Staubfahnen hinter sich herziehen. Die schmale Pfade unter die Räder nehmen, wo spitze Felsbrocken und scharfe Kanten auf verletzliches Gummi lauern. Oder die durch schlammige Wasserreste krabbeln, die ein wegen ausbleibenden Regens fast ausgetrockneter Fluss hinterlässt. Hier wächst nichts, hier können die wenigen Tiere wie Elefanten oder auch Wüstenlöwen aber schnell in Deckung gehen.
Konstant über Hindernisse kriechen
Das alles scheint wie gemacht für die Fähigkeiten des Land Cruiser und seine ausgeklügelte Technik. Beispiel die sogenannte "Crawl"-Funktion. Per Knopfdruck aktiviert, lässt sie den 2,4-Tonnen-Kreuzer mit einer vorher eingestellten Geschwindigkeit über Hindernisse kriechen. Nur lenken, kein Gasgeben. Fünf Fahrprogramme können gewählt werden, so dass der Toyota für fast jedes Terrain die bestmögliche Traktion bereitstellt.
Dazu kommt ein Kamerasystem, das verschiedene Perspektiven ermöglicht und so vom Fahrer aus unsichtbare Gefahren auf den Monitor zaubert. Untersetzungsgetriebe, Sperrdifferential, Bergab- und -anfahrhilfe sind ebenfalls an Bord. Das haben Konkurrenten wie der Land Rover Discovery oder ein VW Touareg aber allesamt auch.
Für Deutschland bietet Toyota seinen Weltenbummler nur mit einer Motorisierung an. Der 2,8-Liter-Diesel kommt mit vier Zylindern aus, aktiviert seine 130 kW / 177 PS ab 1.600 Umdrehungen. Gut so, denn hier geht es um Durchzugskraft bei geringem Tempo und weniger um die linke Spur der Autobahn. Die Sechsgang-Automatik (auch ein Schaltgetriebe ist lieferbar) arbeitet ordentlich mit dem Triebwerk zusammen, die Luftfederung sorgt für Komfort und ermöglicht auch eine Höhenverstellung zum Beispiel bei einer Wasserdurchfahrt.
In der 23 Seiten dicken Preisliste finden künftige Kunden zahlreiche Feinheiten, die je nach Variante extra bezahlt werden müssen. Abstandsradar, Notbremsfunktion, Verkehrszeichenerkennung oder Rückfahrassistent sind ebenso verfügbar wie Voll-LED-Scheinwerfer oder Internet-Anbindung. Auch die erwähnten Gelände-Assistenten sind nur in den Spitzenmodellen schon an Bord.
So kann ein komplett bestückter Land Cruiser ganz schön ins Geld gehen. Er bietet dafür aber seine legendäre Langlebigkeit, Robustheit, Verwöhnkomfort und moderne Offroad-Technik. Eine Ikone eben, die aber doch eher nach Namibia und ähnliche Gegenden passt, als in deutsche Großstadtwüsten zwischen Flensburg und Garmisch.