Die Überraschung in Brüssel ist ausgeblieben: Trotz massiver Widerstände des Europäischen Parlaments und der Händlerverbände hat die EU-Kommission am Donnerstag ihren Vorschlag zur überarbeiteten Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) im Kfz-Sektor angenommen. Neuwagen und Autoreparaturen sollen dank eines einfacheren Rechtsrahmens für die Verbraucher billiger werden. Wie angekündigt, werden sich die obersten Wettbewerbshüter nach einer Übergangszeit von drei Jahren aus der Regulierung des europäischen Fahrzeugvertriebs verabschieden. Ab 1. Juni 2013 sollen dann die allgemeinen Wettbewerbsregeln, die so genannte Vertikal-GVO, für Vereinbarungen zwischen Autoherstellern und -händlern Anwendung finden. Bereits zum 1. Juni treten die neuen Regeln in Bezug auf die Märkte für Reparatur- und Wartungsdienstleistungen in Kraft. Sie gelten bis zum 31. Mai 2023. Nach Darstellung der Behörde haben sich die bisherigen Vorschriften im wettbewerbsintensiven Verkauf als zu kompliziert und restriktiv erwiesen sowie indirekt die Vertriebskosten in die Höhe getrieben. Diese würden durchschnittlich 30 Prozent des Neuwagenpreises ausmachen. Der neue Beschluss hebt bestimmte sektorspezifische Klauseln auf, die die EU-Kommission als unwirksam oder kontraproduktiv erachtet. In den meisten Fällen werde das derzeitige Vertriebssystem aber weiterhin unter die Gruppenfreistellung fallen, hieß es. "Mit dem neuen Rechtsrahmen vermeiden wir Überreglementierung", betonte Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Den Wettbewerb im Autoservice will die Kommission durch besseren Zugang zu Ersatzteilen und technischen Informationen für freie Werkstätten stärken. Die Einsparungen sollen die Betriebe an die Kunden weitergeben. Den Angaben zufolge machen Reparaturen 40 Prozent der Gesamtausgaben eines Autobesitzers für seinen Wagen aus. Den neuen Regeln zufolge kommen Vereinbarungen zwischen Herstellern und zugelassenen Werkstätten nur noch dann für die Gruppenfreistellung in Betracht, wenn keines der beteiligten Unternehmen einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent hat. Dies entspricht dem allgemeinen Rechtsrahmen für vertikale Vereinbarungen. Die Kommission will die Entwicklungen im Kfz-Sektor weiterhin genau verfolgen und geeignete Maßnahmen ergreifen, sollte es zu wettbewerbsrechtlich bedenklichen Praktiken oder einer Änderung der Wettbewerbsbedingungen kommen. Die bisherigen Regeln für den Kfz-Sektor (Verordnung 1400/2002) wurden 2002 beschlossen und laufen am 31. Mai aus. In den vergangenen Monaten führte die Behörde eine umfassende Konsultation durch. (rp)