-- Anzeige --

Abgasskandal: Nun auch CO2-Probleme bei Volkswagen

04.11.2015 14:00 Uhr
Hunderttausende VW-Autos könnten mehr CO2 ausgestoßen und damit mehr Sprit verbraucht haben als vom Hersteller angegeben.
© Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Das dürfte die Verunsicherung bei vielen Volkswagen-Kunden nur noch vergrößern: bei VW-Fahrzeugen gibt es auch beim CO2-Ausstoß falsche Werte. Das ist eine neue, milliardenschwere Baustelle. Was kommt noch alles heraus?

-- Anzeige --

Der Abgas-Skandal bei Volkswagen erreicht eine neue Dimension: Nicht nur gefährliche Stickoxide, auch klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) dürfte laut internen Untersuchungen von vielen Modellen in größeren Mengen ausgestoßen worden sein als angegeben. Damit könnte der tatsächliche Spritverbrauch von Hunderttausenden Fahrzeugen höher liegen, als deren Besitzer bisher annahmen. 

Am Dienstagabend hatte VW nach Manipulationen bei Stickoxid-Werten auch "Unregelmäßigkeiten" bei CO2-Werten einräumen müssen. Es gehe dabei hauptsächlich um Dieselautos, aber auch um eine geringe Anzahl von Benzinern. Wie hoch der gemessene Ausstoß über den offiziellen Werten liegt, sagte ein Sprecher zunächst nicht. Die neuen Hiobsbotschaften schickten die Vorzugsaktie der Wolfsburger am Mittwoch abermals auf eine Talfahrt. Das Papier sackte nach dem Handelsbeginn in Frankfurt zeitweise um mehr als zehn Prozent ab.

"Nach derzeitigem Erkenntnisstand können davon rund 800.000 Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns betroffen sein", hieß es in Wolfsburg. Europas größter Autobauer taxierte die wirtschaftlichen Risiken in einer ersten Schätzung auf rund zwei Milliarden Euro. 

Der neue Vorstandschef Matthias Müller versprach erneut eine "schonungslose" Aufklärung: "Dabei machen wir vor nichts und niemandem Halt. Das ist ein schmerzhafter Prozess, aber er ist für uns ohne Alternative." Der Aufsichtsrat reagierte "mit Betroffenheit und Sorge" auf die neuen Erkenntnisse. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wird sich die Aufsichtsratsspitze spätestens an diesem Sonntag treffen, der komplette Aufsichtsrat dann am Montag. 

Bisher ging es in dem Skandal ausschließlich um Stickoxide (NOx). Im September hatte VW eingestanden, bei Abgastests auf dem Prüfstand mit Softwarehilfe die Ergebnisse für Diesel-Motoren manipuliert zu haben. Das Programm schaltet in Testsituationen in einen Sparmodus. In dem Zusammenhang musste VW bereits 6,7 Milliarden Euro zurückstellen.

VW soll weitere Dokumente vorlegen

In den USA, wo der Abgas-Skandal seinen Ausgang nahm, wandte sich nach einem Bericht des Deutschlandfunks das Energie- und Handelskomitee des US-Repräsentantenhauses mit der Bitte um weitere Informationen an VW-Landeschef Michael Horn. Bis zum 16. November solle dieser weitere Dokumente vorlegen. Die Umweltbehörde EPA wirft VW, Audi und Porsche vor, auch bei größeren Dieselmotoren getäuscht zu haben. Die Unternehmen wiesen die Anschuldigungen zurück.

Porsche stoppte jedoch den Verkauf des Geländewagens Cayenne mit Dieselmotor in den USA. Mit Blick auf die CO2-Werte hatte die Holding der Stuttgarter VW-Luxustochter schon am Dienstagabend angedeutet, dass auch im Ergebnis der Porsche SE ein "belastender Effekt" eintreten könnte. Derzeit gehe man aber für 2015 weiter von einem Gewinn nach Steuern zwischen 0,8 und 1,8 Milliarden Euro aus - auch "unter dem Vorbehalt weiterer Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Dieselthematik".

VW hatte erklärt, im Rahmen der laufenden Überprüfungen aller Prozesse und Abläufe bei Dieselmotoren sei aufgefallen, dass bei der CO2-Zertifizierung einiger Fahrzeugmodelle zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt wurden. Betroffen seien überwiegend Fahrzeuge mit Dieselmotoren. Es gehe um den Polo, Golf und Passat, sagte ein Sprecher. Bei Audi seien A1- und A3-Modelle betroffen. Bei Skoda gehe es um den Octavia, bei Seat um den Leon und Ibiza. Auch bei einem Benzinmotor mit Zylinderabschaltung gebe es Auffälligkeiten. Es handele sich aber um eine geringe Stückzahl. Bei den Dieselmotoren seien 1,4-, 1,6- und 2,0-Liter-Varianten betroffen.

CO2 ist zwar unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Treibhausgas und wesentlich für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Die CO2-Grenzwerte sind in der EU in den vergangenen Jahren nach schwierigen Verhandlungen verschärft worden.

Folgen für Kfz-Steuer?

Die neue Dimension könnte auch finanziell gravierende Folgen haben. So hängt in Deutschland die Höhe der Kfz-Steuer für jüngere Pkw mit Erstzulassungsdatum ab 1. Juli 2009 auch am CO2-Ausstoß. Damit steht das Risiko im Raum, dass durch die Abgas-Manipulationen Kfz-Steuern für Autos aus dem VW-Konzern zu niedrig festgesetzt worden sind. Nach Ansicht von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) darf der Fall jedoch keine Steuer-Nachzahlungen für die Kunden nach sich ziehen.

Dobrindt sagte am Mittwoch außerdem, VW müsse nun unter Aufsicht des Kraftfahrtbundesamts neue Prüfwerte für seine Fahrzeuge erstellen. Zudem seien Untersuchungen der laufenden Serien aller aktuellen VW-Autos angeordnet worden. Erst dann könnten auch mögliche Auswirkungen auf das Erreichen von Klimazielen eingeschätzt werden. "Ich gehe davon aus, dass man eine Lösung findet, die den VW-Kunden nicht belastet", sagte Dobrindt in Berlin. Er sehe VW in der Pflicht, "dafür zu sorgen, dass bei diesen Fragen weder Mehrkosten noch Arbeitsaufwand auf die Kunden zukommen". 

"Angesichts der Dimension des Skandals und dem damit verbundenen Schaden für die gesamte deutsche Automobilbranche reicht es nicht mehr aus, Aufklärung als Show zu simulieren", sagte der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der Deutschen Presse-Agentur. Dobrindt müsse klare politische Regeln und Kontrollen durchsetzen. Die Chefin des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn, erklärte: "Offenbar hat VW bei der Ermittlung des Spritverbrauches illegale Techniken angewendet, um ihn nach unten zu korrigieren." Die ganze Wahrheit müsse jetzt auf den Tisch. Nötig seien zudem endlich schlagkräftige staatliche Stellen, die auch die Angaben der Hersteller nachprüfen dürfen und können. Bisher sei das nicht der Fall.

KBA will Gründe für falsche Spritverbrauchswerte

Strittig ist auch die Rolle des Kraftfahrt-Bundesamts. Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) sagte der "Rheinischen Post": "Es ist jetzt die Stunde des Kraftfahrt-Bundesamtes, das dringend für Aufklärung bezüglich der Abgaswerte im Realverkehr und bei Tests sorgen muss." Das KBA werde sich der Prüfung dieses Sachverhalts annehmen und mit der gleichen Qualität prüfen wie die Vorwürfe zu Stickoxiden, sagte ein KBA-Sprecher am Mittwoch auf Anfrage. "So etwas darf natürlich nicht sein. Geltendes Recht ist anzuwenden und es gilt für alle in gleicher Weise." Wie lange die Prüfung dauern wird, könnte er nicht sagen. Nun fänden Gespräche dazu mit VW statt.

Auf die Frage, warum dem KBA die höheren Werte nicht schon früher aufgefallen sind, antwortete der Sprecher: "Das ist jetzt zu klären. Da befinden sich die Kollegen in einer Phase des Erkenntnisgewinns." Die Messungen des CO2-Ausstoßes würden von externen technischen Diensten durchgeführt. Dazu gehören unter anderem TÜV, Dekra und ADAC. Von welchem Dienstleister die Gutachten zu den betroffenen Modellen erstellt wurden, konnte der Sprecher nicht sagen. (dpa)

-- Anzeige --
-- Anzeige --

HASHTAG


#Abgas-Skandal

-- Anzeige --

Mehr zum Thema


#VW

-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.