Je größer die Fahrzeuge, desto wichtiger ist Telematik. Das galt und gilt immer noch für jene, die das Fahrzeug als Werkzeug einsetzen, um Transportaufgaben zu erledigen. Für klassische Dienstwagennutzer ist die mitfahrende Technik eher eine als übergriffig eingeschätzte Last, die vielleicht hilft, die Versicherungskosten zu senken, aber sonst keine Vorteile bringt – soweit so manches Vorurteil.
Da die Telematik sich wandelt, sich weiterentwickelt und mittlerweile Teil der Digitalisierung von Prozessen in der Arbeits- und Privatwelt geworden ist, passt diese Erkenntnis nur noch zum Teil. Denn wer, wie Webfleet es macht, Daten erhebt, kann damit auch die Arbeitsabläufe digitaler gestalten und den Mitarbeiter aktiv entlasten. Das ist der Ansatz, den wir mit Wolfgang Schmid, dem Head of Central Region bei Webfleet, besprechen wollen. Aber blicken wir zunächst kurz auf die vergangenen 25 Jahre seit der Firmengründung zurück.
Webfleet: Ein Vierteljahrhundert am Markt
Webfleet stand immer schon für Telematik, auch wenn sich die Anwendungsfälle und damit auch die Einsatzgebiete der datenbasierten Services im Laufe der Jahre im Vergleich zu den Anfängen deutlich erweitert haben. Was für Kontinuität steht, ist der Standort in Leipzig. 1994 gründeten Thomas Schmidt und Thomas Becher die Datafactory AG in der Bachstadt. Aus dem Vorläufer ist in 25 Jahren einer der ersten SaaS-Flottenmanagementlösungen der Welt geworden. „Damals war Telematik oder GPS-Ortung noch der leuchtende Punkt auf einer Karte“, erinnert sich der gebürtige Allgäuer Schmid beim Treffen in Leipzig.
Aus der Fahrzeugortung und der Disposition der Touren ist heute ein viel breiteres Dienstleitungsspektrum geworden, aus dem sich nahezu jede Flotte bedienen kann. Das liegt zum einen daran, dass Hard- und Software längst für die Transport-Logistiker nicht mehr so teuer sind wie am Anfang. Gleichzeitig könnte man heutzutage laut Schmid den Begriff „Telematik“ durch „IoT“, also das „Internet der Dinge“, ersetzen, was Ausdruck der wachsenden Vielfalt der neuen Anwendungsfälle und damit die neuen Zielgruppen ist. „Statt reine Fuhrparklösungen bieten wir ein breites Spektrum auch für Firmen, die sich in erster Linie gar nicht als Flottenbetreiber sehen. Das können beispielsweise Handwerker oder auch Pflegedienste sein, bei denen es keinen expliziten Fuhrparkleiter gibt.“ Denn Telematik hieß und heißt immer noch: Digitalisierung von Betriebsprozessen. Und das ist ein Schlagwort in jedem Unternehmen in Deutschland.
Webfleet im Wandel
BildergalerieWebfleet: Bridgestone steigt ein
Für Webfleet ist die Digitalisierung Teil der DNA. 2005 übernahmen die Niederländer von TomTom die Datafactory, weshalb es heute neben den Standorten in Leipzig, Barcelona und Warschau in Amsterdam die Firmenzentrale gibt. Das Gros der Entwickler sitzt aber hier in der Bachstadt, wo gut 120 Mitarbeiter zuhause sind, und sie sind zum Teil bereits seit Anfang an dabei. So wie Tomasz Grubba, der uns durch die Räume des Klinkerbaus, der früher zum Reclam-Verlag gehörte, führt. Eine Etage tiefer sitzt ein Ableger des Max-Planck-Instituts (für Mathemantik in der Wissenschaft), ganz unten im vierstöckigen Gebäude residiert eine UFA-Tochter, die regelmäßig die unterste Etage des Carrée zum Hauptquartier der Krimi-Serie „SOKO Leipzig“ umfunktioniert. Irgendwo dazwischen – also zwischen den Daten und der Positionsbestimmung (von Transporten) – lagen auch die Anfänge der Telematik in den späten 1990er- und den frühen 2000er-Jahren.
Mit der Übernahme durch TomTom wurde die Datafactory fortan deren B2B-Zweig, was viele Vorteile brachte. So wurde die Software auch für Nicht-Spediteure interessant, wie Schmid erinnert. 2019 vollzieht sich der nächste Wechsel und man wird Teil der Bridgestone-Welt. Das führte unter anderem dazu, dass Webfleet heute als Marke optisch eigenständig ist. „Bridgestone möchte mit Webfleet die „Digitalisierung der Mobilität vorantreiben“, wie Schmid erklärt. Und diese ist aus unterschiedlichen Gründen dringend nötig in deutschen Fuhrparks.
Großkonzerne etwa spüren den Druck zur Dekarbonisierung der Flotte aufgrund der CSRD-Vorgaben (Corporate Sustainability Reporting Directive), die vorschreiben, dass der CO2-Fußabdruck ganzheitlich erfasst werden muss. Wer hier keine digitalen Prozesse hat, verliert schnell den Überblick. Die Reporting-Last liegt vorerst bei den Konzernen, diese wiederum geben einen Teil der Aufgaben an ihre Subunternehmer weiter, so dass der Zirkelkreis der CSRD-Betroffenen weitergezogen wird, als man zunächst nach dem Wortlaut der aktuellen Vorgaben meinen mag. Was sich auch in den Ausschreibungen wiederfindet und damit heute schon zur Geschäftsgrundlage für alle im Transportgeschäft geworden ist.
Webfleet: Jeder Fuhrpark kann davon profitieren
Wer die eigenen Emissionen erfasst, versucht in der Regel auch einen Teil der Transportaufgaben elektrisch abzuwickeln. Egal wie groß der Fuhrpark ist, die Genese hin zur teilweisen E-Flotte ist überall die gleiche. Man benötigt zunächst die internen Daten der aktuellen Fahrzeuge und der Fahrprofile, um das Potenzial an E-Fahrten und -Fahrzeugen feststellen zu können. Nach der – in der Regel – teilweisen Umstellung auf Stromer braucht man wiederum die Fahrzeugdaten, um den Mischfuhrpark effektiv steuern zu können. Und drittens können Unternehmen mit gewissen Fahrzeugdaten künftig selbst Geld verdienen, etwa wenn es um die Gesundheit der Batterien der Stromer geht. Alles Themenfelder, die nur mit akkuraten Daten funktionieren. Aber am Anfang steht hier immer ein Investment.
„Der Einsatz von Webfleet rechnet sich für jeden Fuhrpark“, erklärt Schmid hierzu selbstbewusst. Das vertriebliche Rückgrat dazu bilden die gut 40 Vertriebspartner, die als Reseller die Endgeräte und die Dienstleistung in die Fuhrparks bringen. Die Rechnung dahinter spiegelt die Weiterentwicklung in der Geschäftswelt wider: Ging es anfangs vor allem darum, mithilfe der Software mehr Aufträge zu erfüllen, geht es heute insbesondere um die Entlastung der Mitarbeiter von regulatorischen und administrativen Aufgaben, die die Arbeitszeit ineffektiver machen, so Schmids Beobachtung. Der Fahrermangel verschärft diese Situation seit längerem. Deshalb steht für den Allgäuer fest: „Firmen, die ihre Fahrer nicht digital entlasten, werden Probleme haben, künftig neue Mitarbeiter zu gewinnen.“ Es geht also nicht um Neuaufträge, sondern auch um die teurer werdende Arbeitszeit.
Mercedes Benz (e-)Sprinter und (e-)Vito
BildergalerieHilfe bei der Sicherheit, Versteuerung, Werkstatt
Schmid spricht hier von einem Blumenstrauß an Maßnahmen, mit denen man die Fahrer und die Firmen unterstützen kann, sei es beim pünktlichen Ankommen an die Rampe oder bei der digitalen Lieferscheinverwaltung. Das spart Zeit und schafft Vertrauen auch dem Kunden gegenüber. Hier ist die Bruchkante zur alten Telematik-Welt am stärksten. Die Daten-Skepsis (gläserner Fahrer) ist dem Bewusstsein gewichen, dass man durch das Teilen seiner eigenen Daten Vorteile erlangt, die allen helfen.
Das können neben den erwähnten Dingen auch Services sein wie die permanente Reifendruckkontrolle (Sicherheit), das Fahrtenbuch (Versteuerung) oder der vorhersagbare Werkstattbedarf (predictive maintenance; Fahrzeug- und Prozesskosten). Das entlastet die großen Flotten wie auch den kleinen Betrieb, denn der Arbeitsalltag der Fuhrparkverantwortlichen ist meist voll mit allen möglichen Dingen, die sehr oft nichts mit dem Managen von Fahrzeugen zu tun haben – unabhängig davon wie groß die Fahrzeuge dann tatsächlich sind.
Karl Scheck