Aufgrund eines Rückstaus plötzlich mitten in einer Kreuzung zu stehen und dem Querverkehr den Weg zu versperren ist keine schöne Situation. Wer sich in dieser Lage befindet und die Kreuzung dann doch räumen will, muss sehr umsichtig agieren, wie das Oberlandesgericht Hamm in einem Urteil bekräftigt hat.
In dem Fall kam die Autofahrerin aufgrund eines Rückstaus im Linksabbiegerverkehr mitten auf der Kreuzung zum Stehen. Nachdem sie mindestens 40 Sekunden dort gestanden hatte, entschloss sie sich, die Kreuzung zu räumen und stieß mit einem anderen Wagen zusammen, dessen Ampel bereits seit längerem Grün zeigte.
Nach dem Urteil der Richter hat die Autofahrerin in erheblicher Weise gegen das im Straßenverkehr geltende Rücksichtnahmegebot (§1, Absatz 2, StVO) verstoßen. Grundsätzlich habe sie die Kreuzung als ein dem Querverkehr gegenüber bevorrechtigter "Nachzügler" räumen dürfen. Sie habe aber nicht blindlings darauf vertrauen dürfen, vom Querverkehr vorgelassen zu werden, heißt es in einer Gerichtsmitteilung.
Je länger ein "Nachzügler" sich im Kreuzungsbereich aufhält, desto eher hat er mit anfahrendem Querverkehr zu rechnen. Er darf nach längerem Warten nur dann weiterfahren, wenn er sich vergewissert hat, dass eine Kollision mit dem Gegen- oder Querverkehr ausgeschlossen ist. Die Autofahrerin war aber unerwartet und zügig losgefahren, ohne auf das andere Auto zu achten. Mit dieser Fahrweise habe sie den Unfall im erheblichen Umfang verschuldet, entschied das OLG. (7 U 22/16). (sp-x)