Wertegemeinschaft
Teil 15: DRK Hessen und Hessen Service | Der Landesverband und die Einkaufsgesellschaft bilden zentrale Anlaufstellen für den Einkauf der verschiedenen Einsatzbereiche und sozialen Dienste.
— Im DRK-Landesverband Hessen sprechen die Zahlen für sich: Mehr als 20 Millionen Kilometer sowie rund 500.000 Notfälle und Krankentransporte haben die Einsatzkräfte im vergangenen Jahr absolviert. Die gemeinnützige Organisation ist somit ein elementarer Stützpfeiler im Gefüge der sozialen Dienste im Bundesland.
Um diese Menge bewältigen zu können, stehen allein im Rettungsdienst und Krankentransport aktuell rund 460 Fahrzeuge bereit. Sie verteilen sich auf 308 Rettungsdienst- und Mehrzwecktransportwagen, 48 Notarzteinsatzwagen, 23 Krankentransporter, vier Fahrzeuge zur Intensivverlegung und rund 80 Reservefahrzeuge. Dabei stellt Mercedes-Benz mit dem Sprinter als Kastenwagen oder mit Kofferaufbau die Mehrzahl.
Günter Ohlig, Teamleiter Rettungsdienst bei DRK-Landesverband Hessen, begründet: „Das liegt unter anderem daran, dass Mercedes-Benz mit der Niederlassung Main-Taunus einen zentralen Ansprechpartner mit dem entsprechenden technischen Know-how geschaffen hat.“
Know-how als Kriterium | Mit Mercedes-Benz hat der Landesverband auch einen Rahmenvertrag über die Fahrgestelle vereinbart. „Wir haben uns auf die Fahrgestelle beschränkt, weil der Bedarf an Auf- und Ausbauten in den jeweiligen Dienststellen stark voneinander variiert“, sagt Ohlig. Je nach Bedarf der Kreisverbände, die zwischen 30 und 350 Mitarbeiter beschäftigen, werden deshalb in Absprache mit den Mercedes-Benz-Fachkräften und den regionalen Entscheidern die Rettungsdienstwagen (RTW) konzipiert und anschließend durch die verschiedenen spezialisierten Anbieter wie zum Beispiel Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeuge, Strobel System oder Hospimobil Ambulance Manufaktur auf- und umgebaut. Von dort werden die Fahrzeuge dann in zwei bis fünf Monaten nach der Bestellung ausgeliefert.
Nicht jeder greift aber auf diese Option zurück. Da der Einkauf prinzipiell dezentral angesiedelt ist und in der Verantwortung der regionalen Dienststellenleiter liegt, geht der eine oder andere eigene Wege und schließt Rahmenverträge mit anderen Herstellern ab. Beispiel: DRK-Kreisverband Mittelhessen. Er betreibt rund zehn Prozent aller Einsatzfahrzeuge in Hessen und setzt derzeit auf Renault.
Gleichwohl nutzen die meisten Kreisverbände die Möglichkeiten, die ihnen der Landesverband eröffnet. So laufen rund 60 Prozent der jährlich benötigten Ersatzfahrzeuge über die Zentrale in Hessen. Das entspricht etwa 30 von insgesamt rund 50 Einheiten für den Rettungsdienst und Mehrzweckeinsatz pro Jahr.
Die Krankentransportwagen sind vorwiegend VW T5 und Mercedes-Benz Sprinter als Kurz- und Langversion mit unterschiedlichen Motorisierungen. Die Notarztfahrzeuge sind vor allem VW T5 und Mercedes-Benz Vito. „Diese Modelle haben sich aufgrund des Platzes in der Praxis einfach bewährt“, erklärt Teamleiter Ohlig.
Verfahren der Beschaffung | Die richtige Antwort auf die Frage zu finden, welches Modell mit welcher Motorisierung und in welcher Ausstattung bestückt wird, ist ein Teil der Herausforderungen.
Wesentliche Aufgaben im Team Rettungsdienst sind zum Beispiel auch die Verhandlungen mit den Kostenträgern darüber, was ein Fahrzeug kosten darf, und mit den Herstellern, welche Konditionen sie einräumen. „Wir müssen diese Gespräche regelmäßig führen, da sich der Stand der Technik sowie die Anforderungen permanent verändern, die Abschreibungsbeträge aber für uns knapp berechnet sind“, sagt Ohlig. Er und sein Team stehen daher ständig mit den jeweiligen Ansprechpartnern in Verbindung.
Um den Balanceakt zwischen Standards und individuellen Ansprüchen hinzubekommen, wurde vor Jahren ein sogenanntes „Hessen-Modell“ definiert, das auf der DIN ISO 1789 basiert: Danach können die Fahrzeuge nicht nur für den Rettungsdienst, sondern außerdem auch für den Krankentransport genutzt werden. Grund dafür sind wirtschaftliche Überlegungen. „Da die Fahrzeuge gerade im ländlichen Bereich hohe Standzeiten haben, weil wir den Anspruch erfüllen, innerhalb von zehn Minuten im Notfall auch an jeder Straße vor Ort zu sein, müssen wir für eine bessere Auslastung sorgen“, erläutert Ohlig. Mit dem Hessen-Modell erreicht der DRK-Landesverband dieses Ziel. Ohlig schätzt, dass in den entsprechenden Gebieten heute rund 60 Prozent der Fahrten den Notfällen und 40 Prozent für Krankentransporte dienen.
Wenn die Verbände ihre Fahrzeuge ordern, greifen sie auf alle möglichen Beschaffungsformen zurück. Was gewählt wird, entscheidet die Liquidität, die wiederum von der Einsatzzahl abhängig ist. Nach Beobachtungen von Ohlig sind Kauf und Finanzierungen bevorzugt. Leasing finde sich selten.
Richtlinien für den Kauf | Der DRK-Landesverband hat klare Richtlinien, wenn er die Fahrzeuge kauft. Handelt es sich um reguläre Kastenfahrzeuge, fahren die Einsatzkräfte sie fünf Jahre plus ein Jahr als Reservefahrzeug. Sind es Fahrzeuge mit Kofferaufbauten, sind es sechs Jahre plus ein Jahr als Ersatzfahrzeug. Danach gehen sie entweder an gewerbliche Wiederverkäufer oder die Kofferaufbauten werden aufbereitet und auf ein neues Fahrgestell gesetzt.
| Annemarie Schneider
Interview | Holger Andrée, Geschäftsführer der DRK Hessen-Service
„Wir stehen im Dienst unserer Kunden“
– In Hessen firmiert die Einkaufsgesellschaft für soziale Dienste wie ambulante Pflege als eigene Gesellschaft. Warum und wie setzen Sie sich vom Landesverband ab?
Der DRK-Landesverband Hessen ist unser Gesellschafter, wir sind aber letztlich für alle DRK-Verbände als Beschaffungspartner tätig. Für sie sind wir Ansprechpartner, wenn es um den Einkauf von großen Mengen an Fahrzeugen geht. Unser Aktionsradius umfasst somit das Bundesgebiet und wir haben rund 16.000 Kunden in unserer Datenbank.
Gegenüber dem Landesverband grenzen wir uns klar ab: Wir übernehmen keine Beschaffung für die Rettungsdienst- und Krankentransportwagen.
– Mit wem haben Sie Rahmenverträge und wie läuft die Beschaffung?
Wir haben Rahmenverträge mit insgesamt zwölf Automobilherstellern, wobei Opel unser erster und größter Partner, gemessen am Fahrzeugvolumen, ist. Das ist nicht nur der räumlichen Nähe, sondern vor allem unserem Start im Jahr 1998 geschuldet. Damals hat Opel als Erster einen Rahmenvertrag mit uns geschlossen. Zuerst hatten wir nur Opel Corsa und Agila in der Palette. Dann kam Smart hinzu. Alle anderen sind sukzessive gefolgt.
Darüber hinaus haben wir auch Rahmenverträge mit Dienstleistern wie Carglass oder Tankkartenanbietern, auf die unsere Kunden zurückgreifen können.
– Wie bleiben Sie bei Ihren Kunden am Ball?
Wir halten unsere Kunden sowohl über unsere Homepage drk-hsg.de im geschlossenen Bereich auf dem Laufenden als auch über regelmäßige Informationen und in wöchentlichen Mailings über aktuelle Angebote wie neue Modelle oder wenn es mehr Prozentpunkte bei Fahrzeugen gibt. Akquise betreiben wir nicht. Unsere Kunden sind oft seit mehr als 15 Jahren bei uns, weil wir uns in den Dienst ihrer Sache stellen und meist auch die günstigsten Angebote haben.
– Wie läuft das Beschaffungsverfahren und sind Sie auch offen für weitere Mitglieder?
Grundsätzlich gibt es verschiedene Beschaffungswege. Die meisten nutzen die für sie kostenfreien Abruf- respektive Berechtigungsscheine, mit denen sie beim Händler ihre Fahrzeuge bestellen. Wir bieten aber auch das Direktgeschäft, bei dem die Dienste bei uns bestellen und wir die Fahrzeuge dann übers Werk direkt beim Händler ausliefern lassen. Dafür erheben wir eine Bearbeitungsgebühr von 130 Euro pro Fahrzeug, um kostendeckend wirtschaften zu können. Wir sind auch generell offen für weitere neue Mitglieder. Wer teilnehmen darf, bestimmen jedoch die Rahmenverträge. Deshalb müssen wir die Aufnahme jedes Kunden individuell prüfen.
| Interview: Annemarie Schneider
DRK Hessen und Hessen Service | In Kürze
Der DRK-Landesverband Hessen e. V. übernimmt mit rund 6.500 hauptamtlich Beschäftigten in 39 Kreisverbänden, 462 Ortsverbänden und rund 390 Bereitschaften soziale Dienste im Bundesland. Die Dienstleistungen reichen vom klassischen Rettungsdienst über Kinder-, Jugend- und Familienhilfe bis hin zur Altenpflege, Kranken- und Behindertenpflege sowie zur Blutversorgung. Der Landesverband bündelt im Rettungsdienst unter anderem auch Angebote für den Einkauf im Rettungs- und Krankentransport. Die Zentrale befindet sich in Wiesbaden. Dort sitzt ebenso die DRK Hessen-Service GmbH als eigenständige, bundesweit tätige Beschaffungsgesellschaft für die sozialen Dienste wie ambulante Pflege. Sie zählt rund 16.000 Kunden in ihrem Bestand und arbeitet mit zwölf Mitarbeitern, die sich unter anderem um den Kfz-Einkauf kümmern.
DRK-Hessen | Auf einen Blick
Einkauf/Verhandlung von Rahmenverträgen mit Herstellern: Team Rettungsdienste
Rahmenverträge über Fahrgestelle für RTW: Mercedes-Benz Sprinter, KTW: v. a. MB Sprinter und VW T5, NEW: v. a. VW T5 und MB Vito
Vereinbarung der individuellen Auf- und Umbauten durch den jeweiligen Verantwortlichen
Aufbauer: z. B. Wietmarscher Ambulanz- und Sonderfahrzeuge, Strobel System, Hospimobil Ambulance Manufaktur für RTW, Ambulanzmobile für KTW
Einkauf generell dezentral in den Kreis- und Ortsverbänden
Beschaffung über DRK Hessen: ca. 60 Prozent aller Kfz im Rettungs- und Krankentransport
insg. ca. 460 Einsatzfahrzeuge in Hessen, davon 308 Rettungs- und Mehrzweck-Kfz, 48 Notarzteinsatz- und 23 Krankentransportwagen, vier Kfz zur Intensivverlegung und ca. 80 Reservefahrzeuge
Fahrzeuge i. d. R. finanziert, aber auch Kauf bzw. Leasing nach Bedarf
Haltedauer: Regelkastenwagen: fünf Jahre und ein Jahr als Reserve-Kfz, Kofferfahrzeuge: sechs Jahre und ein Jahr als Reserve-Kfz
Remarketing vor Ort durch Entscheider an gewerbliche Händler
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sog.
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DRK Hessen-Service | Auf einen Blick
Beschaffungsgesellschaft für soziale Dienste wie Altenhilfe und ambulante Pflege
GmbH mit zwölf Mitarbeitern
Rahmenvertrag mit zwölf Herstellern (Opel als erster und größter Partner)
bundesweit ca. 16.000 Kunden
Bezug der Fahrzeuge i. d. R. via Abruf- bzw. Berechtigungsschein; für Kunden kostenfrei
Bearbeitungsgebühr 130 Euro pro Fahrzeug bei Direktbestellung via Hessen-Service
im besten Jahr: Bezug von ca. 2.800 Kfz über die Einkaufsgesellschaft
Verteilung: ca. 80 Prozent Kleinwagen wie Opel Corsa, Agila und Smart; 20 Prozent Transporter wie Opel Movano und Vivaro
Rahmenverträge auch mit Dienstleistern wie Carglass und Tankkartenanbietern
bevorzugte Beschaffungsform der Kunden: i. d. R. Kauf
- Ausgabe 4/2014 Seite 50 (3.8 MB, PDF)