Der Erwartungsdruck war enorm: Nach der Ankündigung eines milliardenschweren Sparprogramms zurrte der Aufsichtsrat von Europas größtem Autokonzern Volkswagen am vergangenen Freitag die Investitionen für die kommenden fünf Jahre fest. Es geht um Weichenstellungen in einem Konzern, der unverändert den Weg an die Weltspitze sucht – aber dringend die Ertragskrise seiner Kernmarke stoppen muss. Die steht zwar mit Modellen wie Golf oder Passat für rund die Hälfte des Umsatzes, verdient wird daran aber kaum etwas. Bis 2017 sollen daher fünf Milliarden Euro gespart werden, um wie geplant den bisherigen Weltmarktführer Toyota vom Thron zu verdrängen.
Doch wer den Rotstift bei Investitionen erwartet hatte, wurde enttäuscht. Im Gegenteil: Zwischen 2015 und 2019 will Volkswagen 85,6 Milliarden Euro in neue Modelle, seine Werke sowie umweltfreundliche Technologien investieren. Mit 41,3 Milliarden Euro (64 Prozent) wendet der Konzern den Hauptteil der Sachinvestitionen im Autobereich für die Modernisierung und Erweiterung der Produktpalette aller Marken auf. Schwerpunkt ist die Ausweitung der SUV-Palette.
"Kein Wort zum Sparprogramm – das wird geradezu tot geschwiegen", wundert sich Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer vom Center for Automotive Research (CAR) an der Uni Duisburg-Essen. "Man wird wohl mit der bisherigen Strategie weiter arbeiten", meinte er skeptisch.
Wenig Wachstum
VW-Chef Martin Winterkorn begründete die weiter hohen Investitionen unter anderem mit dem Innovationsdruck und den "steigenden Anforderungen aus der CO2-Gesetzgebung an die Automobilindustrie". Auch muss sich der erfolgsverwöhnte Autobauer nach mittlerweile sieben fetten Jahren mit Winterkorn an der Spitze gegen die sich abzeichnenden düsteren Wolken am Konjunkturhimmel wappnen.
Probleme in Zukunftsmärkten, Risiken durch globale Krisen, Verunsicherung durch einen grundlegenden Wandel im Verbraucherverhalten, kapitalintensive Zukunftstechnologien sowie ein harter Preiskampf bremsen das Wachstum der vergangenen Jahre aus. Selbst der weltgrößte Automarkt China – wo der Konzern gut ein Drittel seiner Pkw und leichten Nutzfahrzeuge absetzt – lahmt beim Umsatzzuwachs.
Ertrags-Probleme
Den VW-Konzern plagt zudem das Problem einer zu schwachen Rendite. Die Kernmarke verdient zu wenig Geld. Ertragsperlen wie Audi und Porsche fangen das zwar zum Teil auf, doch stimmt die Balance nicht. Im Dezember sollen nun weitere Weichenstellungen folgen. Winterkorn will bei einer Management-Strategietagung neue Ziele festklopfen. Das erst für 2018 erklärte Wachstumsziel von zehn Millionen verkaufter Fahrzeuge im Jahr wird der Konzern nämlich schon dieses Jahr erreichen. Das offiziell "Effizienzprogramm" genannte Sparprogramm setzt vor allem auch auf sinkende Material- und Produktionskosten, einen günstigeren Modellmix, weniger Vielfalt bei der Ausstattung und Synergieeffekte.
Die Belegschaft in der Produktion steht dank der starken Stellung des Betriebsrats nicht zur Disposition – auch wenn VW-Personalvorstand Horst Neumann kürzlich in einem Gastbeitrag schrieb: "In der deutschen Autoindustrie liegen die Arbeitskosten bei mehr als 40 Euro pro Stunde, in Osteuropa sind es 11, in China noch unter 10 Euro." (dpa)