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Volkswagen: "Schrittmacher für das Auto-Leasing"

20.05.2016 14:00 Uhr
Gerhard Künne
Gerhard Künne, Geschäftsführer Volkswagen Leasing: Abwicklung von Parkgebühren und Pauschalen für Rückgabeschäden in Planung.
© Foto: VW

Volkswagen-Leasingchef Gerhard Künne über die Entwicklung des Serviceangebots und das 50-jährige Bestehen des Unternehmens.

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_ Herr Künne, im März hat Volkswagen Financial Services die Geschäftszahlen für 2015 vorgestellt. Wie hat sich der Geschäftsbereich Volkswagen Leasing entwickelt?

Gerhard Künne: Wir konnten den Wachstumstrend der letzten drei Jahre weiter festigen. Im Leasingneugeschäft konnten wir uns insgesamt um sieben Prozent auf 550.000 Vertragszugänge steigern, davon etwa 520.000 in Deutschland. Den Vertragsbestand konnten wir von rund 1,1 auf jetzt etwa 1,2 Millionen Kontrakte steigern, von denen rund eine Million auf Deutschland entfallen.

_ Befürchten Sie negative Auswirkungen des Diesel-Skandals auf Ihr Geschäft?

G. Künne: Erst einmal spüren wir keine direkten Auswirkungen. Wir stellen fest, dass die Kunden zu uns halten, über direkte Gespräche konnten wir vielfach für Beruhigung sorgen. Einbrüche im Geschäft beobachten wir daher nicht. Zweifellos ist das Thema aber im gesamten Konzern präsent. Auch an uns geht es nicht spurlos vorbei. Mit Blick auf indirekte Auswirkungen müssen wir die weitere Entwicklung abwarten, vor allem auch bis Klarheit auf dem US-Markt herrscht. Aber ich denke, durch die ersten Rückrufe im Rahmen eines geordneten Prozesses konnten wir für ein Stück Normalität sorgen.

_ Wie viele der neuen Verträge waren Full-Service-Leasing-Verträge?

G. Künne: Von den insgesamt 550.000 neuen Leasingverträgen sind 298.000 mit Serviceverträgen kombiniert. Das sind über 54 Prozent. Das Geschäft mit Serviceverträgen konnten wir im Vergleich zu 2014 um elf Prozent steigern. Auch die Abschlüsse reiner Serviceverträge ohne Leasingverträge konnten wir um elf Prozent auf jetzt 190.000 Stück erhöhen. Dabei entscheiden sich übrigens auch immer mehr kleinere Fuhrparks für Servicekomponenten.

_ Was bedeutet das für das Serviceangebot? Passen Sie Ihre Angebote dann auch an diese Zielgruppen an?

G. Künne: Natürlich. Große Flotten sind ja meistens überregional und mit höheren Fahrleistungen unterwegs. Da muss das Leistungsspektrum also überregional oder zum Teil auch europaweit ausgerichtet sein. Kleinere Fuhrparks arbeiten dagegen eher lokal. Das Angebot ist daher auf den Einsatzzweck der Fahrzeuge und auf die lokalen Preisgegebenheiten zugeschnitten.

_ Das heißt, Sie kalkulieren regional verschieden?

G. Künne: Regional unterschiedlich nicht. Aber wir müssen uns im Wettbewerb natürlich dem regionalen Preisniveau stellen. Dazu haben unsere Händler und Werkstätten die geeigneten Instrumente an der Hand.

_ Welche Zusatzleistungen zum Leasingvertrag sind bei Volkswagen Leasing am gefragtesten?

G. Künne: Mit Bestandsquoten von rund zwei Dritteln entfällt der größte Anteil sicherlich auf das Thema Wartung und Verschleiß. Bei der Wartung geht es ja nicht nur um den Werterhalt, sondern auch um die Erfüllung der Halterpflichten. Dem kommen wir mit der Integration der UVV-Prüfung in unsere Wartungs- und Verschleißpakete entgegen. Mit einer Anschlussquote von 30 Prozent folgt an zweiter Stelle das Thema Reifen, ähnlich hoch sind die Quoten bei Bausteinen rund um das Kraftstoffmanagement.

_ Welche weiteren Services könnten Sie sich für die Zukunft vorstellen?

G. Künne: Generell werden wir unser Dienstleistungsangebot künftig konsequent ausbauen, vor allem auch vor dem Hintergrund der bereits erwähnten immer höheren Wettbewerbsintensität. Ein Thema mit hoher Relevanz ist für uns das Parken. Deshalb haben wir im letzten Jahr auch die Firma Sunhill gekauft, die schon heute mit vielen Städten Parkgebühren für ihre Kunden abrechnet. Für Fuhrparks bedeutet die Integration der Parkgebühren in die papierlose Gesamtabrechnung große Prozessvorteile und auch weniger Bußgelder, und da arbeiten wir an einem entsprechenden Konzept. Außerdem denken wir mit Blick auf die Fahrzeugrückgabe über pauschalisierte Abrechnungen nach. Spätestens im nächsten Jahr werden wir ein Rückgabepaket anbieten können, in dem man über monatliche Pauschalen Rückgabeschäden bis zu einer bestimmten Höhe komplett abgedeckt hat. Da haben wir auch ein Bonussystem im Auge: Wer Pauschalen gezahlt hat, aber keine oder weniger Schäden verursacht hat, soll auch etwas zurückbekommen.

_ Unter der neuen Marke Volkswagen Financial Services Rent-a-Car möchten Sie Ihr Langzeitmietangebot forcieren. Was können die Kunden genau erwarten?

G. Künne: Mit der neuen Marke möchten wir unsere Vermietaktivitäten generell stärken. Volkswagen Financial Services Rent-a-Car verfügt derzeit über 53 Vermietstationen, Ende nächsten Jahres sollen es bis zu 350 sein. Natürlich spielt auch Langzeitmiete eine wichtige Rolle in unserer Vermietstrategie. Wir haben im Durchschnitt 7.000 Langzeitmietfahrzeuge aus dem Portfolio des Volkswagen-Konzerns im Einsatz, das garantiert unseren Kunden eine hohe Flexibilität und uns eine ausreichende Auslastung. Die mögliche Mietdauer liegt zwischen vier Wochen und einem Jahr, wie üblich kann der Kunde konkrete Modelle anmieten.

_ Welche Bedeutung besitzen kleinere Flotten derzeit als Kundengruppe für Sie?

G. Künne: Auch wer nur fünf oder sechs Fahrzeuge im Fuhrpark hat, wünscht sich zunehmend Kostentransparenz und möchte ein professionelles regelmäßiges Reporting, um seine Kosten zu kontrollieren. Deshalb sehen wir für uns durchaus einen Trend hin zu kleineren Fuhrparks. Aktuell dominieren bei uns aber noch größere Flotten mit mehr als 150 Fahrzeugen den Bestand, sie machen 60 Prozent unserer Verträge aus.

_ Welche Rolle spielen Fahrzeuge mit alternativen Antrieben in Ihrem Leasing- Bestand?

G. Künne: Die Nachfrage ist eher verhalten, ein Run auf Autos mit alternativen Antrieben hat auch im Flottensegment bis jetzt nicht eingesetzt. Flottenmanager sind sehr stark auf die Kosteneffizienz, auf Einsparungen und auf den Gesamtkostenrahmen ausgerichtet. Fahrzeuge mit alternativen Antrieben amortisieren die höheren Kosten aber nicht kurzfristig. Voraussetzung für ein Umdenken hin zu alternativen Antrieben ist deshalb eine längerfristige Kalkulation. Ich gehe allerdings davon aus, dass sich innerhalb der nächsten drei Jahre wesentliche Fortschritte in der Batterietechnik ergeben werden und damit die Reichweite von Elektroautos steigen wird. Wenn wir dann noch eine verbesserte Ladeinfrastruktur haben und eine sinnvolle staatliche Förderung für Elektroautos kommt, wird es auch im Flottensegment zu einer spürbar höheren Durchdringung mit Elektrofahrzeugen kommen.

_ Mit der Charge&Fuel-Card sind Sie seit Dezember 2014 auf das Tanken von Strom vorbereitet. Wie war die Resonanz darauf im ersten vollen Jahr, wie haben sich die dahinterstehenden Angebote entwickelt?

G. Künne: Aktuell befinden sich rund 1.000 Charge&Fuel-Karten im Umlauf. Das bedeutet, wir haben jedes dritte von uns ausgelieferte Elektroauto mit der Karte ausgestattet. Damit sind wir heute zufrieden. Zu Beginn konnten die Fahrer ihr Auto an rund 2.000 Ladepunkten aufladen, aktuell sind es bereits mehr als 3.000 Ladepunkte. Die Ladesäulen sind alle onlinefähig, damit der Kunde vor der Anfahrt weiß, um welche Art von Säule es sich handelt, ob die Säule intakt ist und ob sie frei ist. Das schränkt die Zahl der möglichen Säulen natürlich von vornherein ein. Aber uns geht es nicht um eine maximal große Zahl an Ladepunkten, genauso wichtig ist für uns der Komfort für den Fahrer. Deshalb haben wir mit unseren verschiedenen Kooperationspartnern auch einen deutschlandweit einheitlichen Strompreis für unsere Kunden ausgehandelt. Damit der Kunde keine böse Überraschung nach dem Laden erlebt.

_ Wie viele Ladepunkte peilen Sie langfristig an?

G. Künne: Unter den genannten Voraussetzungen werden es in Deutschland langfristig 4.000 bis 4.500 Ladepunkte sein. Die sind dann wie unser bestehendes Netz rund um die Uhr frei zugänglich.

_ Welche weiteren Services planen Sie im Umfeld der Charge&Fuel-Card?

G. Künne: Noch bis mindestens zum 30. Juni können Charge&Fuel-Card-Kunden an unseren Säulen kostenlos Strom tanken. Ziel der Aktion ist es, die Kunden dazu zu motivieren, auch extern zu laden. Ab dem nächsten Jahr werden wir zudem eine Konzeptberatung zum Thema Ladeinfrastruktur und zur transparenten Abrechnung der Ladevorgänge anbieten.

_ Volkswagen Leasing feiert in diesem Jahr 50-jähriges Bestehen. Wie kam es zur Gründung des Unternehmens?

G. Künne: Initiiert wurde der Start der Volkswagen Leasing in den 60er-Jahren vom späteren Volkswagen-Vorstandsvorsitzenden Carl H. Hahn, die erste amtliche Erwähnung erfolgte am 18. Oktober 1966. Damals war das Thema Leasing eigentlich nur in den USA populär und musste hierzulande noch erklärt werden. Der erste Leasingerlass des Bundesministeriums für Finanzen definierte dann 1971 den Leasingbegriff und machte Vorgaben zur Klassifizierung von Leasingverträgen. Auf diesen Leasingerlass berufen wir uns übrigens noch heute. Ich nehme es für Volkswagen Leasing durchaus in Anspruch, mit seiner Gründung ein Schrittmacher für das gesamte Automobil-Leasing in Deutschland gewesen zu sein.

_ Wie hat sich das Thema Leasing in der letzten halben Dekade aus Ihrer Sicht entwickelt?

G. Künne: Zu Beginn haben die meisten Kunden geleast, um ihre Liquidität zu schonen, um einen Kreditantrag zu vermeiden, eben mit Blick auf ihre Bilanzstruktur. Mittlerweile gilt das Leasing als eine ganz normale Investitionsfinanzierung. Mit einem Direktinvestitionsvolumen in Höhe von 54 Milliarden Euro besitzt das Leasing für die deutsche Wirtschaft heute eine immense Bedeutung. Und der Kern ist dabei das Automobilleasing. Allerdings standen zu Beginn im Gegensatz zu heute der Privatkunde und der gewerbliche Einzelkunde im Fokus des Leasing. Zehn, 15 Jahre nach Gründung der Volkswagen Leasing ist das Thema aber zunehmend in die Fuhrparks vorgestoßen. Richtig etabliert hat es sich dort, als Ende der 70er-Jahre erste Zusatzservices aufkamen.

_ Wie hat sich die Kundenakzeptanz im Laufe der Jahre entwickelt?

G. Künne: Früher waren die Einstellungen der Menschen zum Thema Leasing von einem Gedanken beherrscht: Das Auto gehört mir ja gar nicht. Das ist heute nicht mehr so. Heute genießt das Leasing als eine Art der Finanzierung eine breite Akzeptanz bei gewerblichen wie privaten Kunden. Es ist kein Makel mehr, wenn man sein neues Auto nicht bar bezahlt. Und Nachlässe werden beim Leasing genauso oder sogar stärker berücksichtigt als beim Barkauf.

_ Wie wird sich das Thema Leasing in den nächsten - sagen wir - 20 Jahren entwickeln?

G. Künne: Ich denke, das Stichwort heißt hier Telematik. Es ist die Vernetzung der Fahrzeuge, die ganz neue, auch nutzerorientierte Möglichkeiten eröffnet. Sie können systematisch Wegstrecken erfassen und Berechnungsmodelle hinterlegen. Letztlich wird der Kunde nur noch das zahlen, was er auch wirklich nutzt. Es wird flexible Raten geben, die nicht mehr mit pauschalen Kalkulationen arbeiten, sondern mit Echtdaten. Die werden im Vergleich zu heute nicht unbedingt billiger sein. Aber sie bilden eben die reale Nutzung ab, und das kann wirtschaftlich sein für den Kunden. Schließlich werden wir auch viele Dienstleistungskomponenten stärker miteinander vernetzen und so die Prozesseffizienz steigern können.

_ Herr Künne, herzlichen Dank für das Gespräch.

Interview: Christian Frederik Merten

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