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Volkswagen Leasing: "Mitten im Prinzipienwandel"

20.06.2018 14:30 Uhr
Knut Krösche
Knut Krösche will das Geschäft mit konzernfremden Marken deutlich aktiver angehen.
© Foto: VW

Volkswagen-Leasing-Geschäftsführer Knut Krösche über die Neustrukturierung des Unternehmens, die Öffnung hin zum Multibrand-Anbieter und neue Mobilitätsservices.

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_ Herr Krösche, ist die Neustrukturierung der Volkswagen Financial Services mittlerweile vollständig abgeschlossen?

Knut Krösche: Einige wenige Märkte stehen noch vor Finalisierungsarbeiten, aber grundsätzlich haben wir das Projekt pünktlich zum 1. September 2017 abgeschlossen. Es ging ja darum, das Bankgeschäft der Volkswagen Bank GmbH innerhalb des europäischen Wirtschaftsraums von dem Nichtbankgeschäft und dem Bankgeschäft in Übersee zu trennen. Damit haben wir unter anderem den Kontrollprozess durch die verantwortlichen Aufsichtsbehörden vereinfacht und für die Volkswagen Finanzdienstleistungen Spielraum für kapitaleffizientes Wachstum geschaffen. Für die Volkswagen Leasing und alle anderen Nicht-Bank-Aktivitäten bedeutet das in gewisser Weise mehr Freiheiten. Die Volkswagen Bank GmbH ist jetzt eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Volkswagen AG und nicht mehr der Volkswagen Financial Services AG.

_ Welche Auswirkungen hat die Neustrukturierung für die Kunden der Volkswagen Leasing?

K. Krösche: Keine. Der Kunde hat von der Reorganisation in der täglichen Zusammenarbeit nichts mitbekommen. Was sich für den Bereich Vertrieb und damit für mich geändert hat: Ich bin nicht mehr nur für das Großkundenleasing verantwortlich, sondern auch für den Vertrieb an Firmen- und Einzelkunden. Wir sind damit praktisch externer Vertriebsdienstleister für die Volkswagen Bank. Das unterstreicht auch, weshalb sich insbesondere für die Großkunden nichts geändert hat, denn die haben wir ja auch schon vor der Restrukturierung in der Volkswagen Leasing betreut.

_ Wie man hört, werden Sie aber die Aufteilung Ihrer Vertriebsregionen ändern ...

K. Krösche: Ja, im Rahmen unseres Kundenberatungskonzepts KBK werden wir wie im Einzelkundenbereich künftig auch in der Großkundenbetreuung drei statt zwei Vertriebsregionen haben. Bislang gab es bei uns den Nordwesten und den Südosten, in Zukunft sind es die Regionen West, Süd und Nordost. Im Zuge dessen werden wir auch die Zahl unserer Key-Account-Manager von jetzt 34 auf dann 40 erhöhen. Außerdem werden wir einen weiteren KBK-Baustein einführen, und zwar in Form eines Implementierungsmanagements, das den Kunden "sauber" ans Netz der Volkswagen Leasing anschließt. Sie können sich das vorstellen wie ein Roadbook, das alle individuellen Kundenanforderungen und unsere darauf abgestimmten Leistungen festhält. So weiß der Kunde, was er zu erwarten hat, und wir wissen, was wir zu liefern haben.

_ Und Sie können Ihren Kunden dann auch feste Ansprechpartner zuordnen.

K. Krösche: Feste Ansprechpartnerteams, ja. Die Ansprechpartner waren unseren Kunden bislang nicht fest zugeordnet, und das möchten wir - auch auf Kundenfeedback hin - ändern. Kontaktiert der Kunde uns, landet seine Anfrage in einem festen Team, das diesen Kunden auch kennt, weil es im Rahmen des Implementierungsmanagements vorher auch gebrieft wurde. Wir kennen dieses Konzept bereits aus unserem Individualkundenbereich, in dem wir rund 120 wirklich große Kunden betreut haben. Und wir sind uns sicher, dass wir die Betreuungsqualität so auch für kleinere Kunden deutlich verbessern können. Derzeit befinden wir uns in der Pilotphase und die ersten Ergebnisse stimmen uns optimistisch, dass wir dieses Ziel erreichen. Bisher befindet sich unser neues Kundenbetreuungskonzept in der Pilotphase. Aufgrund der positiven Feedbacks werden wir damit 2019 in die Fläche gehen.

_ Bleibt es grundsätzlich denn dabei, dass Sie sich bei Volkswagen Leasing ausschließlich auf das Geschäft mit den eigenen Konzernmarken konzentrieren?

K. Krösche: Da befinden wir uns derzeit in einem Prinzipienwandel. Klar ist: Wir werden den Captive-Gedanken nicht aufgeben.

Aber was wir bislang nur nebenbei gemacht haben, nämlich das Geschäft mit konzernfremden Marken, werden wir in Zukunft professionell in unsere Prozesse integrieren und deutlich aktiver angehen. Diese Mehrmarkenfähigkeit ist auch eine wichtige Anforderung unserer Kunden. Denn nur weil ein Fuhrpark nur fünf oder sechs Autos aus unserem Markenportfolio kauft, kann er insgesamt ja trotzdem mehrere hundert oder tausend Autos besitzen. Wir dürfen also nicht nur auf unseren eigenen Bestand schauen, sondern auf den des Kunden. Dann stellt sich uns die Frage: Sollen wir diese Kunden wegschicken? Unsere Antwort: Auf keinen Fall!

_ Welchen Zeitplan haben Sie sich für diese Transformation vorgenommen?

K. Krösche: Wir müssen noch einige Voraussetzungen schaffen, zum Beispiel Abrechnungsschnittstellen mit Werkstätten konzernfremder Marken. 2019 wollen wir die Top-10-Flottenmarken angeschlossen haben. Bis spätestens 2025 halte ich einen Fremdmarkenanteil von mindestens zehn Prozent aber für realistisch.

_ Welche Bedingungen muss der Kunde dafür erfüllen? Muss mindestens ein Fahrzeug aus Ihrem Konzernportfolio stammen?

K. Krösche: In der Anfangszeit ist das praktisch sicherlich der Fall. Denn wir werden natürlich zunächst vor allem unseren bestehenden Kunden das All-Brand-Angebot machen. Aber mittelfristig möchte ich mich auf solche Beschränkungen nicht festlegen. Allerdings werden wir auch keine expliziten Kampagnen nur mit Fahrzeugen von Fremdmarken führen. Denn eines ist und bleibt klar: Wir sind die Captive-Leasinggesellschaft des Volkswagen-Konzerns. Nur müssen wir uns eben dem Markt öffnen, denn auf unserer Größe und unserem Erfolg allein können wir uns nicht ausruhen.

_ Spüren Sie die drohenden Diesel-Einfahrverbote beim Nachfrageverhalten der Großkunden?

K. Krösche: Die Diskussion um Einfahrverbote für Diesel in Innenstädte wird oft sehr unsachlich geführt. Privatkunden verunsichert das sehr - mit den entsprechenden Konsequenzen für die Nachfrage. Aber unsere Kunden sind Profi-Einkäufer, und die kaufen nach wie vor Diesel. Gerade für die Langstrecke macht der Diesel ja auch weiterhin Sinn, und ich meine, wir werden noch für sehr viele weitere Jahre Diesel unter der Motorhaube sehen. Selbst die Klimakommission der Bundesregierung sagte ja im Januar, dass wir die Ziele der CO2-Reduktion ohne Diesel gar nicht schaffen werden. Und wer sein Fahrzeug ausschließlich in ländlichen Regionen bewegt, für den sind Einfahrverbote sowieso kein Thema. Für den würde sich neben einem Benziner unter bestimmten Umständen sogar ein Elektroauto lohnen.

_ Die Diesel-Rückläufer werden aber fast ausschließlich von den verunsicherten Privatkunden gekauft. Was bedeutet das für die Restwerte dieser Autos?

K. Krösche: Die Diskussion um Einfahrverbote hat die Restwertsituation sicherlich nicht verbessert. Grundsätzlich sehen wir aber keine signifikanten Rückgänge der Restwerte von Diesel-Fahrzeugen. Externe und unabhängige Institute wie DAT bestätigen dies. Aber die Verkündung des Urteils ist nun auch schon einige Wochen her. Wir stellen fest, dass unsere Kunden ruhiger werden. Auch weil sie sehen, dass sie mit ihren Dieseln immer noch in die Städte fahren dürfen.

_ Das Leipziger Urteil hat also auch bei Ihnen nicht zu einem Nachfrageschub nach Autos mit alternativen Antrieben geführt?

K. Krösche: Nicht zu mehr konkreter Nachfrage, aber zu mehr Interesse. Gerade in Sachen E-Mobilität fehlt es ja noch wesentlich an Infrastruktur, bei Firmenkunden auch direkt auf dem Betriebsgelände. Deshalb kann ich mich bei diesem Thema auch nur wiederholen: Wir brauchen, bis die E-Mobilität in der Breite praxistauglich ist, Übergangstechnologien wie Hybride oder Erdgasfahrzeuge und natürlich weiterhin den Diesel. Denn eines ist ja auch klar: Wenn wir in der Breite elektrisch fahren, fahren wir nicht unbedingt emissionsfrei.

Dafür müssen wir in die Gesamtbilanz auch die Stromproduktion mit einbeziehen. Nur dann haben wir einen ganzheitlich ökologischen Ansatz. Erdgas ist übrigens ein guter Schritt auf diesem Weg. Mit bivalenten CNG-Fahrzeugen erreichen Sie CO2-Einsparungen von 35 bis 40 Prozent - je nach Biomethan-Anteil.

_ Was allerdings wirklich jeden betrifft, ist die Digitalisierung. Einer Ihrer Beiträge ist seit letztem Jahr Travipay, eine App, über die Autofahrer ihre Parkgebühren bezahlen können.

K. Krösche: Wir entwickeln das Angebot immer weiter. Aktuell haben wir rund 130 Kommunen an das System angebunden. Damit sind wir im Wettbewerbsumfeld die Nummer eins, was die kommunale Abdeckung angeht. Leider ist es aber so, dass einige - auch größere - Gemeinden auf autarke Lösungen setzen. Damit verspielen sie unserer Meinung nach aber die Vorteile digitaler Dienste, denn die funktionieren nur, wenn nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht.

_ Sie hatten vor einiger Zeit als inhaltliche Erweiterung des Angebots die Parkplatzvorbuchung genannt. Wie weit sind Sie damit?

K. Krösche: Damit befinden wir uns derzeit in der Erprobungsphase. Am Ende wird der auf Big Data basierende Algorithmus erkennen, wo und mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Parkplatz frei ist - auch in Parkhäusern. Und der Kunde kann dann entsprechend reservieren, was ihm Zeit und Kosten spart.

_ Wie weit sind Sie mit Ihrem Produkt zur intermodalen Mobilität?

K. Krösche: Über die integrierte Mobilität haben wir erstmals vor eineinhalb Jahren nachgedacht. Denn wir sind der Überzeugung, dass wir heutzutage mehr können müssen als Flottenmanagement. Wir wollen zwar kein Reiseanbieter werden, aber wir wollen die wesentlichen Elemente der betrieblichen Mobilität und ihre Abwicklung zusammenführen. Zum Beispiel indem Dienstreisende via Telefonat oder SMS nur Start und Ziel eingeben und Reise- und Übernachtungsmöglichkeiten direkt aufs Handy erhalten. Solche Lösungen ersparen auch die Reisekostenabrechnung und damit Zeit und bares Geld. Das Ganze ist aktuell noch ein Pilotprojekt. Regulär wollen wir das Angebot 2019 starten.

_ Das heißt Sie denken langfristig an die Vernetzung verschiedener Verkehrsmittel?

K. Krösche: Auf jeden Fall. Vom Auto über Bahn und Flugzeug bis hin zu Carsharing, Autovermietung oder Fahrrädern. Gerade beim Thema Rad ist aber die Herausforderung, dass wir mit vielen verschiedenen Anbietern Vereinbarungen schließen müssen, vor allem um die Abrechnungsmodalitäten professionell darstellen zu können.

_ Wie kommt Ihr Telematikangebot an?

K. Krösche: Wir sind zufrieden. Wir hatten uns zum Ziel gesetzt, bis Mitte dieses Jahres 50.000 Einheiten zu vermarkten. Und das Interessentenvolumen liegt bei 48.000. Überzeugungsarbeit leisten müssen wir aber vor allem bei den Themen Datenschutz und Mitbestimmung. Wir werden deshalb in Zukunft vor allem die Basisumfänge unseres Angebots in den Kommunikationsfokus stellen, um keine Ängste vor zu tiefer Datenanalyse zu schüren. Zum Beispiel technische Maintenance-Daten anstelle Analysen des persönlichen individuellen Fahrverhaltens. Wenn der Kunde dann sagt, er möchte mehr Daten, ist das natürlich überhaupt kein Problem. Aber wir machen das ausschließlich von den Ansprüchen des Kunden abhängig.

_ Herr Krösche, herzlichen Dank für das Gespräch.

Interview: Christian Frederik Merten

Im Detail

Volkswagen Leasing in Zahlen

_ Die Volkswagen Leasing konnte ihre Marktposition 2017 weiter ausbauen. Das Leasing-Neugeschäft wuchs um 4,2 Prozent. Leasing-Vertragszugänge: 615.000, davon 417.000 Full-Service- und 198.000 reine Finanz-Leasing-Verträge. Hinzu kamen 383.000 reine Serviceverträge.

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