Eine Tankkarte ist eigentlich ein recht anonymer Begleiter auf der Dienstreise. Bei Bedarf - und das ist wohl in den meisten Fällen mindestens wöchentlich der Fall - erscheint die Plastikkarte, übernimmt die Rechnung für Benzin oder Diesel, wahlweise für geladene Kilowatt, die Fahrzeugwäsche oder was auch immer dafür vorab freigegeben wurde. Dann verschwindet sie wieder üblicherweise im Portemonnaie.
So simpel ihr Nutzen, so unterschiedlich ist ihr Wirkkreis, denn hinter jeder Karte stehen in aller Regel verschiedene Mineralölmarken mit ihren lokalen, nationalen und internationalen Netzen. Welche Flotte nun genau bei dieser oder jener Karte landet, ist nicht immer sofort nachvollziehbar. Umso interessanter sind kleine Einblicke in jenes Feld, das jeder Fuhrparkmanager auf seiner To-do-Liste weiß.
Im März 2019 befragte beispielsweise der Flottendienstleister Vimcar seine Fleet-Kunden (hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen mit 5 bis 200 Fahrzeugen) nach deren Präferenzen. Von den mehr als 500 befragten Firmen gaben gut 400 an, dass sie eine Tankkarte nutzen. Von denen wiederum war mehr als jeder fünfte Kunde von DKV Mobility. Es folgten "die Blauen" von Aral und "die Gelben" von Shell mit jeweils gut 15 Prozent. UTA, Total und Esso lagen im Feld zwischen 7,3 und 5,5 Prozent an Nennungen. Die restlichen Anbieter fanden sich jenseits von fünf Prozent oder im Sammelbecken der "Andere" wieder.
Dieses nicht repräsentative Stimungsbild zeigt zumindest, wie heterogen das Feld durchmischt ist. Vielfältig wird es zunehmend auch, wenn man die Art des "Tankens" sieht. Denn Kraftstoff ist im beginnenden E-Zeitalter nicht nur flüssig, sondern immer öfters elektrisch. So wird die Zahl der Ladepunkte, welche man in Eigenregie oder mittels Partner anbietet, zur Referenz. Shell nennt zum Beispiel für seine E-Tochter New Motion rund 40.000 angeschlossene Stationen in der D-A-CH-Region. Seitens Aral werden 60.300 öffentliche Ladepunkte allein in Deutschland genannt. Aber in dem Moment, in dem Sie dies Lesen, ist diese Zahl wie jede andere in dem dynamisch wachsenden Bereich veraltet. Hier hilft statt eines Counters, der stetig nach oben zählt, gleich den eigenen Namen mit Zukunft aufzuladen. So wie es Total Ende Mai getan hat, als man sich zu "TotalEnergies" wandelte.
Zahlen aus der Ferne
Die VW-Großmarke "LogPay" wiederum bringt nicht nur - laut eigener Angabe - mehr als 230.000 internationale Ladepunkte für seine Nutzer und Nutzerinnen mit, sondern will noch im dritten Quartal dieses Jahres das Zahlen an der Zapfsäule namens "Mobile Fueling" über die eigene Charge&Fuel-App ermöglichen. Das Prinzip, sich den Weg in den Shop zu sparen und stattdessen mit dem eigenen Smartphone die Tankrechnung zu begleichen, ist nicht neu, aber es wird zunehmend präsenter. Avia hatte beispielsweise im April dieses Jahres in seiner App die Mobile-Payment-Funktion "payvia" integriert. Mit folgendem Ergebnis:"Wir registrieren im Segment Mobile Payment einen stetigen Anstieg an Nutzern und monatlich wachsende Transaktionszahlen. Dabei zeichnet sich ab, dass die Zahlung via Mobile Payment oftmals zur präferierten Zahlungsvariante wird, sobald die Funktion am Smartphone erstmalig genutzt wurde", erklärt Josef Grünberger, Leiter Marketing & Tankstellen, Deutsche Avia Mineralöl-GmbH.
Ein bisschen erinnert dies an die Diskussion über E-Autos und Ladestellen. Carsten Pohl, Geschäftsführer der Deutschen Tamoil, hat deshalb Folgendes beobachtet: "Man kann es vielleicht ein wenig mit der Einführung des kontaktlosen Bezahlens in Deutschland vergleichen: 2010 ist man flächendeckend gestartet, hier gab es anfänglich das Henne-Ei-Problem zwischen NFC-fähigen (near field communication) Terminals und Karten. Knapp zehn Jahre später ist das kontaktlose Bezahlen in Deutschland aber zum"neuen Normal" geworden. Bei den Möglichkeiten des digitalen Bezahlens an Tankstellen erwarten wir eine schnellere Verbreitung und aktive Nutzung durch den Kunden."
Kunden-Lösungen einbinden
UTA wiederum steht hier noch am Anfang des Weges, wie Carsten Bettermann, CEO von UTA, berichtet: "Wir arbeiten an einer Lösung, mit der unsere Kunden ihre Betankung mit einer digitalen Tankkarte per Smartphone direkt an der Zapfsäule abwickeln können. Das bedeutet nicht nur ein ganz neues Servicelevel, da sämtliche Prozesse noch schneller und komfortabler werden. "
Bei Shell kann der Kunde selbst eigene Lösungen per Schnittstelle integrieren, wie Rainer Klöpfer, Geschäftsführer von Euro Shell Deutschland, verrät: "Wir bieten sowohl unseren Endkunden als auch Geschäftskunden mobiles Bezahlen in Form von Shell Smart Pay an. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter und bieten Großkunden eine Implementierung von Shell Smart Pay in ihren eigenen Apps an. Für diesen Service entwickeln wir Programmierschnittstellen, die eine Integration in andere Systeme ermöglichen."
So wird schrittweise aus einem ehemaligen anonymen Begleiter ein personalisierter Beifahrer, der immer die Rechnung übernimmt.
Eine aktuelle Übersicht der Tankkarten-Anbieter finden Sie im PDF-Download dieses Artikels!
- Ausgabe 08/09/2021 Seite 50 (391.1 KB, PDF)