Sämtliche Verkehrsmittel in Deutschland haben 2017 einer Studie zufolge Kosten von 149 Milliarden Euro für die Allgemeinheit verursacht. "Diese Kosten werden nicht von den Verursachern bezahlt, sondern von uns allen", sagte der Chef des Vereins Allianz pro Schiene, Dirk Flege. Er hatte das Schweizer Beratungsbüro Infras mit der Untersuchung beauftragt und die Ergebnisse am Montag in Berlin vorgestellt. "Zu den externen Kosten zählen alle negativen Auswirkungen der Mobilität, für die nicht die Verkehrsteilnehmer selbst bezahlen", sagte Flege.
Für einen Großteil davon ist laut Studie der Autoverkehr verantwortlich, der mit rund 141 Milliarden Euro knapp 95 Prozent aller Folgekosten verursache. Das liege zum einen am hohen Anteil von Autos am Gesamtverkehr sowie an den vielen Unfällen. Denn für gesundheitliche Schäden oder Arbeits- und Produktionsausfälle kämen Versicherungen nur zum Teil auf, sagte Studienautor Cuno Bieler.
An zweiter Stelle steht den Autoren zufolge der Schienenverkehr, der immerhin noch für 3,8 Prozent der Folgekosten verantwortlich sei und damit für knapp sechs Milliarden Euro. Kostentreiber sind hierbei demnach vor allem Schäden durch Treibhausgas-Emissionen, die bei der Produktion, dem Betrieb und dem Entsorgen von Fahrzeugen entstehen. Sie stehen für rund die Hälfte der Eisenbahn-Folgekosten.
Auffällig ist der niedrige Anteil des Luftverkehrs, der laut Studie gerade mal für knapp einen Prozent der gesamten Folgekosten steht. Allerdings wurden hierbei – aus methodischen Gründen, wie es hieß – nur inländische Flüge berücksichtigt, keine grenzüberschreitenden. Wären hingegen alle Flüge von und nach Deutschland berücksichtigt worden, hätte der Anteil höher gelegen, sagte Bieler.
Das zeigt sich auch mit Blick auf die durchschnittlichen Folgekosten, die jeder Verkehrsträger pro Kilometer verursacht: 12,8 Cent pro Personenkilometer etwa kostet der Luftverkehr demnach die Allgemeinheit, bedingt vor allem durch die Klimaschäden, die das Fliegen verursacht. Beim Autoverkehr sind es knapp elf Cent pro Kilometer. Bei der Schiene wird unter anderem nach Fernverkehr (rund zwei Cent pro Personenkilometer) und dem Nahverkehr (vier Cent) unterschieden.
Für die einzelnen Kostensätze griffen die Studienautoren auf Daten des Umweltbundesamts sowie der Europäischen Kommission zurück. Sie ermittelten die externen Kosten, die unter anderem durch Lärm, Natur- und Landschaftsschäden, Klimafolgen sowie Unfälle entstehen.
"Beherztes Umsteuern" gefordert
Allianz-pro-Schiene-Chef Flege forderte angesichts der Ergebnisse mehr Tempo bei der Verkehrswende. "Ein Weiter so ist viel teurer als ein beherztes Umsteuern", sagte er. Er sprach sich aus für den Abbau "umweltschädlicher Subventionen", für eine CO2-Bepreisung sowie für den massiven Ausbau der Schieneninfrastruktur.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) kritisierte die Studie. "Berechnungen der externen Kosten hängen stark von den gewählten Methoden und den jeweiligen Annahmen ab", teilte er mit. "Vor allem aber gilt es zu bedenken, dass der Verkehr – und dabei insbesondere der Straßenverkehr – spezifische Steuern und Abgaben von jährlich über 50 Milliarden Euro leistet, die auch zur Abdeckung entstehender externer Kosten dienen." Zudem würden "seit langem Anstrengungen unternommen, die externen Kosten des Verkehrs zu verringern".
Flege von der Allianz pro Schiene verwies indes darauf, dass es kaum Untersuchungen gebe, die aufschlüsseln, was der Staat für den Verkehr ausgebe und wie viel er einnehme.
Kritik kam aber auch von der FDP. "Ausschließlich mit den Folgekosten des Verkehrs zu argumentieren, ohne dabei die Bedeutung und den Nutzen von Mobilität zu berücksichtigen, ist einseitig und tendenziös", teilte auch der Obmann der FDP-Fraktion im Verkehrsausschuss, Torsten Herbst, mit. "Deutschland braucht kein Gegeneinander der Verkehrsträger, sondern eine sinnvolle Verknüpfung von Straße und Schiene." (dpa)
Franz Engel