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Richter Gebäudedienste: Lotsen durch die weißen Nächte

16.06.2016 14:30 Uhr
Richter Gebäudedienste: Lotsen durch die weißen Nächte
Alles im Blick: Miriam Wagner und Mario Woltschinsky kümmern sich um die gemischte Flotte des Gebäudedienstleisters aus Kassel
© Foto: Rocco Swantusch/Autoflotte

Was Telematik alles kann, zeigt sich oft erst im Einsatz. Richter Gebäudedienste aus Kassel steuert damit nich nur seine Fahrzeuge, sondern quittiert seine Leistung und kann rechtssichere Auskünfte geben.

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_ Kassel ist für die "documenta" oder seine steilen Autobahnpassagen bekannt - aber nicht für harte Winter, zumal die hessische Großstadt von ihrer Kessellage begünstigt ist. Dennoch rückte die Flotte von Richter Gebäudedienste insgesamt zwanzig Mal im vergangenen Winter aus, um frühmorgens das Weiße vom Asphalt zu schieben, bevor die Kasseler das Haus verlassen. Um in dem Gewirr von Straßen und Hauseingängen den Überblick zu behalten, setzt der Dienstleister das Ortungs- und Dispositionssystem Track-Pilot von PLT Software aus Berlin ein.

"Wir arbeiten im Moment noch mit der alten Version und parallel mit der neuen Variante von PLT. Das ist sozusagen eine Hybridlösung, die aber für uns Vorteile bringt. Im November 2011 haben wir die erste Software von PLT auf unseren eigenen Servern installiert und steuern seitdem damit unsere Flotte über dieses Tool", berichtet der zuständige Systemadministrator Mario Woltschinsky.

Seit dem vergangenen Jahr können die Hessen im Tagesgeschäft parallel auf die Weblösung des Track-Pilot zurückgreiffen, die einen Livebetrieb ermöglicht und in Zukunft das alleinige System werden soll, blickt Woltschinsky voraus: "In den nächsten Wochen soll aber auch die Weblösung eine Tourenplanung ermöglichen, das wird dann unser nächster Schritt. Die Weblösung ist deutlich schneller und die Bedienung ist einfacher. Zudem ist sie für uns ressourcenschonender, da eben keine Software lokal installiert und ständig upgedatet werden muss", fasst der Administrator die Vorteile der Webanwendung zusammen.

Die Daten werden statt auf eigenen Servern in einer Datencloud gesammelt und verwaltet. Updates des feingliedrigen Kartenmaterials passieren jetzt "on the fly" also im Hintergrund, was deutlich an Zeit einspart und gewährleistet, dass immer das aktuelle Datenmaterial aktiv ist. "Beim Thema Datenschutz war uns besonders wichtig, dass die Daten in Deutschland aufbewahrt werden", so Woltschinsky, "das ist auch der Fall, da sie in Berlin gehostet werden."

Operatives Geschäft

Bei der Tourenplanung und der Steuerung der Flotte im Einsatz arbeitet er mit Miriam Wagner, Leiterin Gebäude- und Grundstücksservice, zusammen. Ernst wird es beispielsweise, wenn in Kassel der erste Schnee fällt und die Räumfahrzeuge frühmorgens ausrücken. 650 Objekte müssen in 25 ausgetüftelten Touren in und um Kassel angefahren werden. Neben Transportern mit Varietten-Aufsatz sind typische kleine Kommunalfahrzeuge vom Typ Holder unterwegs.

Fernsteuerung

"Ab drei Uhr beginnen die größeren Schlepper, also die Holder, den Schnee zu räumen. Ihnen schließen sich die kleineren Transporter an, die sich dann um schmale Wege und Eingänge kümmern. Das alles koordiniere ich dann aus der Zentrale heraus", berichtet Miriam Wagner. Dazu reicht es, auf den Bildschirm mit der riesigen digitalen Karte zu blicken. Diese gibt jedes Haus, jede Einfahrt und natürlich jede Straße von Kassel und der Umgebung exakt wieder. Die symbolisierten Transporter und Holder bewegen sich blinkend auf ihren vorgegebenen Routen voran. Abweichungen vom Zeitplan, der wie bei der Postzustellung exakt getaktet ist, merkt Miriam Wagner sofort.

"Wenn ich feststelle, dass ein Fahrer dem Zeitplan etwas hinterherhinkt, dann schicke ich auch mal einen Kollegen entgegen, dass sie zusammen die Straße oder Parkfläche räumen. Schließlich sollen die Straßen und Wege früh für alle begehbar und schneefrei sein. Ich kann damit auch die Fahrer von hier aus lotsen, dass sie beispielsweise zur richtigen Hausnummer finden, was nachts im Schneetreiben nicht immer so einfach ist. Das ist schon sehr bequem und absolut hilfreich", freut sich Wagner.

Update alle zehn Sekunden

Das Live-Monitoring dient nicht nur der Optimierung des Flotteneinsatzes, sondern ist gleichzeitig der Arbeitsnachweis für den Auftraggeber. "Ich sehe sehr einfach, ob unsere Flotte etwas vergessen hat und kann auch bei Kundenanfragen eine exakte Prognose geben, wann wir vor Ort sein werden", freut sich Wagner. Live, exakt und eindeutig zuzuordnen sind die Daten der Arbeitstrupps, die sich im Zehn-Sekunden-Takt aktualisieren.

Das ganze System dient nicht der Mitarbeiterkontrolle, sondern erhöht die Planbarkeit und Reaktionsschnelligkeit der Flotte. "Letztlich hat diese genaue Erfassung auch versicherungstechnische Gründe, da wir lückenlos nachweisen müssen, dass wir unseren Aufgaben nachgekommen sind", betont Woltschinsky. Mit den digitalen Daten kann man sehr leicht auch den Gegenbeweis führen, wie Miriam Wagner erzählt: "Wir hatten einmal den Fall, dass uns ein Schaden gemeldet wurde, der angeblich von einem unserer Fahrzeuge stammte. Da wir die Uhrzeit und den Ort kannten, half ein Blick in die Software und wir konnten nachweisen, dass es keines unserer Fahrzeuge gewesen sein konnte."

Das technische Herz in den Fahrzeugen ist die Ortungsbox von PLT, die im Moment noch mit einem Navi von Garmin gekoppelt ist, auf dem die für das Fahrzeug definierte Tour aufgespielt wurde. Für jeden Kunden wurden auf dem Kartenmaterial sogenannte Fangkreise definiert, die es abzufahren gilt. Da die Winterfahrzeuge räumen und gleichzeitig streuen, halten sie planmäßig nicht an. Deshalb wird eine Zeit definiert, die dem jeweiligen Arbeitstakt entspricht. Innerhalb dieses Intervalls gilt die Arbeit dann als quittiert. Was für die einzelnen der 40 Fahrer sehr unterschiedlich ist, da es mal um die Wege von Privatkunden oder Hausverwaltungen geht und bei anderen um Hofflächen von Speditionen von bis zu 40.000 Quadratmetern. Zehnmal gab es letzten Winter Großeinsatz, der die Flotte dann fünf bis sechs Stunden beschäftigte.

7 Zoll statt Navi

Die Navi-Lösung könnte bald schon Vergangenheit sein. "Wenn wir demnächst komplett auf die Weblösung umgestellt haben, werden wir die Navis durch eine App ersetzen", blickt Woltschinsky in die nahe Zukunft. Via Internet sollen die Live-Kartendaten dann auf 7-Zoll-Tablets übertragen werden, ergänzt durch Bilder von kritischen Stellen bei den Touren, was weiter Fehler vermindern helfen soll. "Mit diesem System sparen wir uns dann das jährliche Updaten des Kartenmaterials und das manuelle Überspielen der Routen auf die Navis. Das übernimmt dann alles die App. Einfacher und sicherer geht es nicht."

Heute schon ein wichtiger Punkt ist der Diebstahlschutz mithilfe der Ortungsdaten der Fahrzeuge. "Wir können über Geo-Fencing verschiedene Bewegungsräume für die Fahrzeuge definieren. Wenn diese das Feld verlassen, schlägt der Alarm an", so der Administrator. Auch im Frühjahr steht die Flotte von Richter Gebäudetechnik nicht still. Die Mehrzahl der Transporter wird ganzjährig für die Gebäudereinigung eingesetzt und dient den Touren der ausgebildeten Fachkräfte. Drei Transporter mit Pritschenaufbau sind für die Grünanlagenpflege unterwegs.

Fabias on Tour

Eine kleine Flotte von Skoda Fabias sorgt für die Mobilität jener Mitarbeiter, die sich um die Unterhaltsreinigung in Treppenhäusern kümmern. "Gerade für die Gebäudereinigung, für die wir zusätzlich sieben Skoda Fabia umgerüstet haben, hilft die Live-Ortung ungemein, um wieder die Arbeiten effektiv steuern und dokumentieren zu können", bekräftigt Wagner. Da alle Fahrzeuge rein für Dienstfahrten genutzt werden, verzichten die Hessen auf eine Privacy-Taste. Per Schalter könnte der Fahrer damit auf seinen Privatfahrten einfach die Ortung deaktivieren.

Generell sind die Fahrer im Umgang mit der Technik geübt. "Die Einweisung auf die Technik gab es im Rahmen der jährlichen Unterweisung, sodass jeder, der sich um drei Uhr ans Lenkrad setzt, weiß, wie er gelotst wird. Noch haben wir aber als Backup ein selbstangefertigtes Handout. Man weiß ja nie", lacht Miriam Wagner.

In Kürze

Richter Gebäudedienste

Das Unternehmen wurde am 1. August 1925 unter dem Namen Glas- und Gebäudereinigung Willi Richter gegründet. 1983 wurde die Firma durch Bernd Schmitt als geschäftsführenden Gesellschafter übernommen. Seit dem Jahr 2000 agiert sein Sohn Christian Schmitt als zweiter Geschäftsführer. Rund um das Kerngeschäft der Gebäudereinigung wurde das Dienstleistungsportfolio erweitert (Grünanlagenpflege, Schädlingsbekämpfung, Waschraumhygiene), sodass die Hessen heute als Full-Service-Anbieter im Bereich Gebäude- und Grundstücksservice aktiv sind. Das in Niesetal bei Kassel ansässige Unternehmen beschäftigt rund 650 Mitarbeiter und setzte im Jahr 2013 rund 9,2 Millionen Euro um. rs

Auf einen Blick

Gemischte Flotte

- Anzahl und Art der Fahrzeuge: 34 Pkw, 22 Transporter, 13 Holder- Art der Finanzierung: Kauf- Laufleistung (Dauer und Jahreskilometer): Geschäftsführung/Verwaltung/Bereichsleitung: zirka 4 Jahre/20.000 km pro Jahr; operative Fahrzeuge: keine Angabe- Tankkarten: je Fahrzeug vorhanden (Aral)- externe Dienstleister (Fuhrparkmanagement, Reifenservice etc.): keine- wesentliche Punkte der Car Policy: keine- Anzahl der Mitarbeiter im Flottenmanagement: ein Mitarbeiter

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