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Prävention statt Schadenregulierung

28.11.2014 12:02 Uhr

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Prävention statt Schadenregulierung

Riskmanagement | Das Interesse an Schadenvermeidungsstrategien wächst stetig, wie die große Nachfrage des überbuchten Workshops in München zeigte. Die Erkenntnis setzt sich durch, schadenpräventiv aktiv zu werden.

— Die Fuhrparkverantwortlichen, die Ende September zum Riskmanagement-Workshop nach München kamen, zu dem die Autoflotte in Kooperation mit der Allianz eingeladen hatte, hatten eine wichtige Erkenntnis schon gewonnen: dass die Höhe der Versicherungsprämien durch hohes Schadensaufkommen in den Fuhrparks eine beeinflussbare Größe und damit zu verringern ist.

Dass die Flottenversicherer nur ein „Abwicklungskonto“ für den gewerblichen Kunden führten, weil sie – mit Ausnahme von Kumul- und Großschadensereignissen – zur Frequenzschaden-Eigenbetrachtung des Fuhrparks übergegangen seien, machte Referent und Moderator Ralph Feldbauer, Geschäftsführer von Riskguard, gleich zu Beginn des Workshops deutlich. Kalkuliert werde nach dem Eins-zu-eins-Prinzip, bei dem der Schadensaufwand der bezahlten Nettoprämie gegenübergestellt werde. Mit diesem Grundverständnis leitete er dann zur Kernbotschaft des Tages über: Alles im Fuhrpark daranzusetzen, es gar nicht erst so weit kommen zu lassen, dass der Versicherer Schäden regulieren muss – Prävention zu betreiben durch Riskmanagement (RM).

Doch um geeignete Maßnahmen ergreifen und eine individuelle Unternehmensstrategie verfolgen zu können, müssten bisherige Schäden umfassend analysiert werden. „Mindestens einmal im Quartal“ empfiehlt er die grundlegende Analyse der eingetretenen Schäden und Ereignisse. „Dann sind Sie hinsichtlich der Vermeidung und der weiteren Maßnahmenansätze durchaus proaktiv.“

Pflicht und keine Kür | Rechtsanwalt Tom Petrick von der Kanzlei F.E.L.S machte deutlich, dass Riskmanagement aus juristischer Sicht notwendig sei und daher kein freiwillig gewähltes Instrument zur Schaden- und Kostenreduzierung. „Allein es nicht zu installieren ist eine Ordnungswidrigkeit. Das ist vielen nicht bewusst“, sagte er und verwies unter anderem auf § 130 OWiG. Der „verpflichtet den Betriebsinhaber zu Aufsichtsmaßnahmen, die erforderlich sind, um in dem Betrieb oder Unternehmen Zuwiderhandlungen gegen Pflichten zu verhindern, die den Inhaber treffen und deren Verletzung mit Strafe oder Geldbuße bedroht ist.“ Seine Botschaft als Jurist ist also ein „ganz klares Ja“ zu Riskmanagement-Maßnahmen in Unternehmen.

Unterstützung durch Versicherer | Welche Rolle ein Versicherer im Riskmanagement seiner Flottenkunden einnehmen kann und welchen Ansatz sein Unternehmen verfolgt, beleuchtete „Gastgeber“ Reinhard Anger, Abteilungsdirektor Riskmanagement-Flotten bei der Allianz Versicherung. „Wir können nur helfen, die richtigen Maßnahmen zu finden, und die Umsetzung verfolgen“, sagte er.

Als Ansatzpunkte im Riskmanagement sieht er die Technik, womit er die Auswahl der richtigen Fahrzeuge und Ausstattung für den geplanten Einsatzzweck meint, die Organisation selbst mit ihrer eigenen Sicherheitsphilosophie und die Auswahl und Betreuung des Personals. Als eine wichtige Maßnahme, um Schäden zukünftig zu vermeiden, empfiehlt er Unfallanalysegespräche, die ein dafür ausgebildeter Mitarbeiter führen sollte. Dafür bietet sich seiner Ansicht nach der Fuhrparkleiter an, der auf Augenhöhe mit dem Unfallverursacher sprechen sollte. Hier gilt es, die Ursache hinter der Unfallursache herauszufinden, also den Grund für das Fehlverhalten.

Auch Telematik sieht er als geeignetes Mittel im Riskmanagement an, um Risiken frühzeitig zu erkennen und Schäden zu vermeiden, da damit der „Zeitpunkt der Intervention weit nach vorn gelegt werde in der Prävention“.

Live-Demonstration Telematik | Wie mittels Telematik das Fahrverhalten analysiert und anschließend Fehler korrigiert werden können, demonstrierten Ilka Güse, Partnermanagerin bei Masternaut, und ihr Kollege Patric Hindenberger, Leiter Technical Sales und Consulting, anhand der sogenannten Live-Feedback-Leiste, die dem Fahrer unmittelbar sein Fahrverhalten aufzeigt. Die am Armaturenbrett in Fahrersichtweite angebrachte Box kommentiert anhand eines Pegelausschlags, wie nah der Fahrer der optimalen Fahrweise kommt.

Der Clou dabei ist, dass das System über den CAN-Bus alle aktuellen Telemetrie-Daten direkt erfasst. Diese vergleicht der Computer mit dem aufgrund des Streckenprofils ermittelten Optimums einer sicheren und verschleißarmen Fahrt. Der LED-Streifen wechselt vom grünen in den gelben oder roten Bereich, sobald der definierte Schwellenwert für die fünf Fahrelemente (Leerlauf, Bremsen, Beschleunigung, Kurvenfahrt und Drehzahlbereich) übertroffen wird. Die zweite technische Hilfe: der Masternaut Pro (Monitor mit Navigation) gibt über einen kleinen Bildschirm Hinweise zu den Überschreitungen und warnt auch akustisch beispielsweise vor heiklen Kurvenfahrten.

Einige Referenzkunden bestätigten, dass sich mittels des Wächters an Bord die Fahrweise der Dienstwagennutzer dahingehend geändert habe, dass es weniger schnelles Beschleunigen, abruptes Bremsen oder zu rasante Kurvenfahrten gebe. Was das Masternaut-Duo mit den Ergebnissen einer Vergleichsstudie von 1.500 Fahrzeugen mit den Live-Feedback-Tools unterfütterte: Demnach sank die Schadenhäufigkeit bei Fahrzeugen mit der Technik an Bord um 35 Prozent. Auch die durchschnittliche Schadenhöhe nahm um 41 Prozent ab.

„Wichtig bei dem Produkt ist die Datensicherheit“, betonte Güse und verwies auf die Private-Mode-Einstellung. Per Knopfdruck wird die GPS-Ortung eingeschränkt, was beispielsweise für Privatfahrten mit dem Dienstwagen interessant ist. Generell können alle erfassten Daten anonymisiert an den Flottenleiter übertragen werden. Hier treffen dann wieder die beiden Antagonisten Technik und Datenschutz aufeinander.

Für Feldbauer ist klar: „Mit dem Start von eCall wird mehr Bewegung reinkommen, weil sich ganz andere Anwendungsgebiete erschließen lassen. Ab Oktober 2015, wenn eCall Pflicht wird, wäre es nur noch ein kleiner Schritt zu weiteren Gedankenspielen, dass Daten nicht nur nach dem Unfall, sondern auch aus anderen sinnvollen, aber auch rein wirtschaftlich getriebenen Beweggründen aus dem Fahrzeug an Dritte gesendet werden.“

Risiken und Chancen | Eine wesentliche Aufgabe für den Flottenverantwortlichen sieht Feldbauer darin, für solche RM-Maßnahmen immer vorab die Geschäftsführung und – sofern vorhanden – den Betriebsrat sowie mögliche Sozialinstanzen inhaltlich und rechtssicher auf seine Seite zu bringen. „Das kostet den Flottenchef allerdings oft richtig viel Energie, aber ist sehr grundlegend für den Erfolg“, betonte Feldbauer.

Sobald die Firma sensibilisiert sei für das IT-Invest in Telematikdienste, sei es aus seiner Sicht ratsam, mit einzelnen Teilbereichen der Gesamtflotte zu beginnen. „Diesen Tipp kann ich immer nur geben: Gehen Sie zu Anfang lieber kleine Schritte. Im Nutzfahrzeugbereich haben Sie die Telematik seit Jahren bereits rein aus Wertschöpfungsgründen, um ihre Flotte effektiv steuern zu können. Warum nutzen Sie nicht das bereits vorhandene Umfeld, um die Daten mit Blick auf eine schadenpräventive Telematik zu betrachten? Mit der Vielzahl der kleinen Schritte haben Sie erfahrungsgemäß sukzessiv alle Beteiligten besser und schneller im Boot“, sagte Feldbauer.

„Unbestritten sind aber auch die riesigen Aufwendungen, die damit einhergehen“, warnte ein Flottenchef. „Das Thema EDV ist hier nur eines von vielen. Unter anderem muss auch Personal hinterlegt werden.“

Auch ein weiterer Seminarteilnehmer wägte Risiken und Chancen ab, fand aber, dass Letztere überwögen. „Wenn ich sehe, was unser Unternehmen momentan für einen Aufwand betreiben muss, um einen Überblick über die Fahrzeuge zu erhalten, dann sehe ich einen Nutzen in der Geschichte. Und ich denke auch, dass das wieder ein Stück weit mehr in das Bewusstsein der Arbeitnehmer kommen muss, dass das Auto ein Arbeitsplatz ist. Genauso wie mein Arbeitsplatz im Büro, wo ich mich mit Stechuhr aus- und einstempele, wo es Regeln gibt, an die ich mich zu halten habe, wo es einfach besser kontrolliert werden kann als im Fahrzeug. Ich denke schon, dass es mehr Nutzen als Schaden bringt.“

An Daten fehle es schon jetzt nicht in der Flotte, wie ein Fuhrpark-Kollege erzählte: „Wir haben ja die Statistik und bewerten diese auch. Wann waren Unfälle? Wochentag, Monat, Urlaubszeit, Nichturlaubszeit? Wir haben parallel dazu die ganzen Strafzettel dokumentiert. Auf Basis dessen kann ich jetzt schon mit dem Mitarbeiter sprechen und dann vielleicht ein individuelles Sicherheitstraining draufsetzen. Bis hin zur Telematiklösung kommen aber noch eine Menge Zwischenschritte.“ Die Telematik – also weiterhin ein „Nice to have“? Nicht ganz. Vor allem unter dem Präventionsgedanken gesehen, hielt die Mehrzahl der anwesenden Fuhrparkverantwortlichen die technische Lösung für interessant.

Unabhängig davon, welche Daten man nun für seine Riskmanagement-Auswertung zu Rate zieht, einte eine Problematik doch die Riege der Flottenchefs. Wie reagiert der Fahrer, wenn er mit seinem nachgewiesenen Fahrverhalten konfrontiert wird? Dieser Übergang ins Persönliche sei auch für diese RM-Maßnahme ein Knackpunkt, so die einhellige Meinung der Verantwortlichen in München.

| Mireille Pruvost, Rocco Swantusch

Erkenntnis | Vorerst keine Telematik

– Barbara Strasser | „Der Workshop hat uns sehr gut gefallen und war auch sehr interessant, auch wenn wir das Thema Telematik in naher Zukunft erst einmal nicht angehen werden. Aber wir sind gespannt, was die Zukunft bringt und wie sich das Ganze weiterentwickeln wird. Wir konnten einiges an Informationen mitnehmen, die wir versuchen werden umzusetzen.“

Barbara Strasser, kfm. Sachbearbeiterin Verwaltungsteam, Orizon Holding, 200 Fahrzeuge

Fazit | Geballte Ladung an Informationen in kürzester Zeit

– Chantal Heimann | „Meine Erwartungen an den Workshop waren Intensivierung meines Fachwissens, Impulse zur Verbesserung eigener Unternehmensprozesse durch die Fachreferenten und andere Fuhrparkkollegen, Erfahrungsaustausch mit den Kollegen und Profis der Branche. Mein Fazit: Die Referenten waren gut vorbereitet und sind auf Fragen mit praktischen Tipps und Erfahrungswerten eingegangen, die Vorträge waren gut aufeinander abgestimmt. Es war eine geballte Ladung an Informationen in kürzester Zeit. Leider ist der Erfahrungsaustausch aufgrund der zeitlichen Begrenzung der Veranstaltung ein bisschen zu kurz gekommen.“

Chantal Heimann, SC Fuhrparkmanagement, Gegenbauer Holding, 2.400 Fahrzeuge

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