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Porsche II oder VW?

27.11.2009 12:02 Uhr
Porsche II oder VW?

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Porsche II oder VW?

Nach dem Porsche-Urteil aus 2003 hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun erneut über die Höhe von Stundenverrechnungssätzen bei Unfallreparaturen entschieden – und die vorgegebene Linie weiterverfolgt.

Eine der umstrittensten Fragen im Verkehrsunfallrecht ist die Höhe der Reparaturkosten bei der fiktiven Abrechnung. Viele werden in den letzten Jahren leidvoll gespürt haben, dass die Höhe der gutachterlich festgestellten Reparaturkosten von den Versicherern rigoros gekürzt wurden.

Grund der Kürzungen ist, dass die Sachverständigen die Stundenverrechnungssätze von markengebundenen Werkstätten ihren Gutachten zugrunde legen, die Versicherer jedoch auf günstigere freie Werkstätten verweisen. Auch das „Porsche-Urteil“ des BGH (Az. IV ZR 398/02), der am 29. April 2003 entschied, dass der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrundelegen darf, hat die letzten Jahre nicht für Klarheit gesorgt. Letztlich haben beide Seiten – Geschädigter und Schädiger – diese Entscheidung zu den jeweils eigenen Gunsten ausgelegt.

Mit dem BGH-Urteil vom 20. Oktober 2009 (Az. VI ZR 53/09) ist nunmehr erneut ein Fall mit dem Streit über die Höhe der Stundenverrechnungssätze durch den Instanzenzug vom AG Würzburg über das LG Würzburg zum BGH gelangt.

Der Fall

Der Kläger (Geschädigter) hat gegen den Beklagten (Versicherer) den restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend gemacht. Es ging um dessen zum Unfallzeitpunkt neuneinhalb Jahre alten VW Golf mit einer Laufleistung von über 190.000 Kilometern. Die Haftung selbst war unstreitig, es ging einzig und alleine um die Frage, ob sich der Kläger bei der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer ihm vom Schädiger beziehungsweise von dessen Haftpflichtversicherer benannten „freien Karosseriefachwerkstatt“ verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm eingereichten SV-Gutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen VW-Fachwerkstatt erstattet verlangen kann.

Die Entscheidung

Der BGH hat die bereits im „Porsche-Urteil“ vorgegebene Linie weiterverfolgt und an der Rechtsauffassung festgehalten, dass der Geschädigte seiner Schadenberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen darf, die der von ihm eingeschaltete Sachverständige als Wert auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.

Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadenminderungspflicht (§ 254 Abs. 2 BGB) auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, muss der Schädiger darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.

Selbst wenn diese Kriterien vorliegen, kann es dem Geschädigten jedoch nicht zwangsläufig zuzumuten sein, sich auf die Reparaturmöglichkeit in dieser Werkstatt verweisen zu lassen. Vor allem könnten dadurch negative Folgen für Gewährleistungsrechte, Herstellergarantien und/oder Kulanzleistungen bei neuen und neuwertigen Fahrzeugen (bis zum Alter von drei Jahren) entstehen. Ferner kann es bei älteren Fahrzeug unzumutbar für den Geschädigten sein, wenn er darlegt, dass sein Fahrzeug bisher stets in markengebundenen Fachwerkstätten gewartet und repariert wurde.

Da in der Vorinstanz zur Gleichwertigkeit der aufgezeigten Reparaturmöglichkeit keine Feststellungen getroffen wurden, wurde das Urteil des Berufungsgerichts durch den BGH aufgehoben und der Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Konsequenz

Auch wenn dieses Urteil nicht die erhoffte abschließende Klarheit erbracht hat, ist die Tendenz klar:

Der Geschädigte darf grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt seiner fiktiven Abrechnung zugrunde legen.

Der Geschädigte muss sich nicht auf andere Reparaturmöglichkeiten verweisen lassen.

Der Geschädigte hat keine Pflicht, das Fahrzeug in einer freien Fachwerkstatt reparieren zu lassen, wenn das Fahrzeug zuvor immer in markengebundenen Werkstätten repariert wurde.

Inka Pichler

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