Die deutsche Autoindustrie braucht den Plug-in-Hybrid. Ohne die Halb-Elektroautos dürfte es nahezu unmöglich werden, die künftigen CO2-Grenzwerte der EU einzuhalten. Problem dabei: Bisher gibt es die Spritspartechnik vor allem in hochpreisigen Autos mit eingeschränktem Kundenkreis - und entsprechend geringer Wirkung auf die konzerneigene CO2-Bilanz. Nun bringen die Hersteller verstärkt bürgerliche Modelle, die mit vergleichsweise günstigen Preisen Kunden überzeugen sollen.
BMW etwa hat gerade einen ersten Ausblick auf die Plug-in-Hybridversion des 3er gegeben. Setzten die Münchner bei ihren konventionellen Hybridmodellen den Elektromotor bislang vor allem zur Steigerung der Fahrleistungen ein und kombinierten ihn mit bärenstarken Sechs- und Achtzylindermotoren, erhält der geplante 330e wohl einen Vierzylindermotor. Zum Schleicher wird die Mittelklasselimousine dadurch nicht, werfen der Benziner und der Elektromotor gemeinsam doch immer noch rund 245 PS in den Ring. Trotzdem bleibt der Plug-in-Dreier wohl vergleichsweise günstig, wenn er Anfang 2016 auf den Markt kommt. Mit rund 34.000 Euro (netto) würde er sich zwischen den vergleichbar starken Modellen mit reinem Benzin- und Dieselmotor einordnen. Zum Vergleich: Das konventionelle Hybridmodell des BMW 3er leistet 340 PS und kostet 45.000 Euro, der Plug-in-Sportwagen i8 gar mindestens 106.000 Euro.
Bevorzugte Steckermodelle
Großes Potenzial zur Senkung des Flottenverbrauchs in Europa haben beide Modelle nicht. Der 3er-Hybrid sollte eher Kunden in den USA locken, der i8 das Öko-Image der Marke aufpolieren. Und die neuartige Technik einführen – Teile des Antriebsstrangs werden die Münchner auch für den Plug-in-Hybrid-3er sowie weitere Modelle nutzen. Denn die Hybridautos mit Steckdosenanschluss haben zumindest aus Unternehmenssicht einen gigantischen Vorteil: einen fantastisch niedrigen Normverbrauchswert. Im NEFZ-Testzyklus werden sie nämlich zurzeit sozusagen bevorzugt behandelt, da die verbrauchte elektrische Energie aus der Batterie nicht im Endwert berücksichtigt wird. Der 330e dürfte so auf einen Normverbrauch von rund zwei Litern kommen, die CO2-Emissionen bei 50 Gramm liegen. Der sparsamste konventionelle Dreier stößt mehr als doppelt so viel Klimagas aus.
Auch andere Hersteller haben vor dem Hintergrund immer schärferer Flottenverbrauchsnormen den Wert des Plug-in-Hybrids längst erkannt, drohen doch bei einem zu hohen Durchschnittsverbrauch der verkauften Modelle künftig Strafzahlungen. Daimler etwa bietet die Mercedes S-Klasse in einer entsprechenden Version an, Porsche den Cayenne, den Panamera und nicht zuletzt den Supersportler 918 Spyder. Alle Modelle kranken aber an ihrem geringen Wert für die Statistik – sie sind einfach zu teuer, um auf große Stückzahlen zu kommen.
Mehr fürs Volk
Doch die bürgerlicheren Modelle sind im Kommen. Noch vor dem Jahreswechsel führt VW den Golf GTE ein, der als elektrische Alternative zu den Sportmodellen GTI und GTD positioniert wird. Mit knapp 31.000 Euro ist auch er kein Schnäppchen, aber so günstig wie es die immer noch teure Akku-Technik erlaubt. Auf gleicher technischer Basis bringt Audi kurze Zeit später den knapp teureren A3 E-Tron, bevor im kommenden Jahr auch der VW Passat und der Audi A4 mit Plug-in-Technik angeboten werden. Ebenfalls für 2015 wird die Steckdosenversion der Mercedes C-Klasse erwartet. Und das ist nur der Anfang. Allein Mercedes möchte bis 2017 alle vier Monate ein neues Plug-in-Hybridmodell auf den Markt bringen.
Ob die Rechnung der Hersteller aufgeht, die vor allem statistisch wertvollen Modelle zu günstigeren Preisen auf den Markt zu bringen, muss sich allerdings noch zeigen. Die niedrigen Spritpreise zumindest sorgen zurzeit nicht gerade für einen Run auf Öko-Mobile. Dazu kommt, dass die Plug-in-Hybride ihre Sparvorteile nur ausspielen können, wenn die Batterie regelmäßig an der Steckdose geladen wird. Ansonsten sind sie nicht effizienter als normale Hybridautos. Und die konnten sich bei den deutschen Kunden bislang ebenso wenig durchsetzen wie reine Elektroautos. Auch die relativ günstigen Plug-in-Hybrid-Varianten von Toyota Prius oder Mitsubishi Outlander sind in Deutschland keine Bestseller. (Holger Holzer/sp-x)