Die Bundesregierung will mit Kaufprämien, Steueranreizen und Ladestationen im ganzen Land den Elektroautos zum Durchbruch verhelfen. Verbraucher können künftig beim Kauf eines reinen E-Autos einen "Umweltbonus" von 4.000 Euro einstreichen. Bei einem Plug-Hybrid-Fahrzeug (Batterie und Verbrennungsmotor) gibt es eine Prämie von 3.000 Euro. Die Kosten des Förderprogramms von 1,2 Milliarden Euro teilen sich Bund und Autoindustrie je zur Hälfte.
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) sprach am Mittwoch von einem wichtigen industriepolitischen Signal. Fortschritte bei der Elektromobilität seien entscheidend für die Zukunft des Automobilstandortes Deutschland: "Die steigende Nachfrage wird wichtige und notwendige Investitionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Elektromobilität auslösen." Der Bund rechnet mit mindestens 300.000 E-Autos, die dank der Förderung gekauft werden.
Anträge für die Prämien können in Kürze online beim zuständigen Bundesamt Bafa gestellt werden. Zuvor müssen teilweise noch die EU-Kommission und der Haushaltsausschuss des Bundestages grünes Licht geben. Die Kaufprämie gilt solange, bis der Fördertopf leer ist - spätestens am 30. Juni 2019 wäre Schluss. Neben deutschen Herstellern werden auch zahlreiche ausländische Autobauer für ihre Elektro-Modelle den Zuschuss anbieten.
Beantragen können die Prämie Privatpersonen, Firmen, Stiftungen, Körperschaften und Vereine. Das E-Fahrzeug darf aber erst nach dem 18. Mai gekauft worden sein, der Listenpreis des Basismodells darf nicht teurer als 60.000 Euro sein. Käufer müssen das neue E-Auto mindestens neun Monate behalten, das gilt auch für Leasing.
Schon einmal hatte der Staat mit Kaufprämien der Autoindustrie unter die Arme gegriffen. Auf dem Höhepunkt der Finanzkrise gab es ab 2009 beim Neuwagenkauf 2.500 Euro vom Bund - mit der sogenannten "Abwrackprämie" wollte die Politik Arbeitsplätze bei den Autobauern schützen.
Zehn Jahre Steuerbefreiung
Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will Käufer von Elektroautos nun auch für zehn Jahre statt bisher für fünf Jahre von der Kfz-Steuer befreien. Außerdem finanziert der Staat mit 300 Millionen Euro den Aufbau von 15.000 neuen Strom-Ladestellen. Sie sollen etwa auch an Supermärkten oder Sportplätzen entstehen.
SPD-Fraktionsvize Sören Bartol hofft, dass damit auch Vorbehalte der Verbraucher ausgeräumt werden können: "Bisher haben viele Autofahrer die Befürchtung, mit leerer Batterie liegen zu bleiben und kaufen daher kein Elektrofahrzeug", sagte Bartol der dpa. "Unser Ziel ist es, dass man von Flensburg bis München lückenlos laden kann." Auch will der Bund beim Kauf von Dienstwagen als Vorbild vorangehen - mindestens jedes fünfte Fahrzeug soll künftig ein E-Mobil sein. Damit würde auch ein Gebrauchtwagenmarkt entstehen.
Die Grünen unterstützen die Kaufprämien, weil mehr Elektroautos gut für das Klima seien. Fraktionsvize Oliver Krischer bemängelt aber, dass alle Steuerzahler für den Bundesanteil von 600 Millionen Euro aufkommen müssen. "Richtig wäre es, wenn die Fahrer von übermotorisierten Spritschluckern die Prämie finanzieren", sagte Krischer. Umweltschützer kritisieren die milliardenschwere Förderung für die Autobranche, die gerade wegen diverser Abgas-Affären im Fokus steht. BUND-Chef Hubert Weiger meinte: "Wenn die Autoindustrie ruft, rückt die Bundesregierung viele Millionen Euro zur Subventionierung von Fahrzeugen mit zum Teil fragwürdiger Umweltbilanz heraus." Das sei vor dem Hintergrund des Abgasskandals inakzeptabel. Sinnvoller wäre es, Carsharing und Elektro-Stadtbusse mehr zu fördern.
"Nennenswerter Beitrag"
Die Regierung hält dagegen: Durch den "Umweltbonus" könne ein "nennenswerter Beitrag zur Reduzierung der Schadstoffbelastung der Luft bei gleichzeitiger Stärkung der Nachfrage nach umweltschonenden Elektrofahrzeugen um mindestens 300.000 Fahrzeuge geleistet werden", heißt es in der Förderrichtlinie. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich Union und SPD 2013 zu dem Ziel bekannt, dass 2020 eine Million E-Autos unterwegs sein sollen. Davon ist Schwarz-Rot meilenweit entfernt. Zu Jahresbeginn 2016 waren erst 25.500 E-Autos und 130.000 Hybride zugelassen - bei 45 Millionen Pkw insgesamt.
FDP-Chef Christian Lindner hält die staatlichen Kaufanreize für Elektroautos für einen Fehlgriff der schwarz-roten Koalition. "Die Kaufprämie für E-Autos kostet viel und bringt wenig", sagte Lindner der Deutschen Presse-Agentur. Die Förderung diene nur der Gesichtswahrung von Union und SPD, die mit ihrer "E-Planwirtschaft" Schiffbruch erlitten hätten. "Der Verlierer steht heute schon fest: Es ist wieder einmal der Steuerzahler", meinte Lindner. An diesem Mittwoch will das Kabinett ein Maßnahmenpaket beschließen, um den Absatz von Elektrofahrzeugen anzukurbeln.
Lindner zeigte sich verwundert, dass die Wirtschaftspolitiker von CDU und CSU bei den Prämien, die ein Rückfall in alte Subventionszeiten seien, mitmachten: "Das ist die völlige Marginalisierung des marktwirtschaftlichen Flügels der Union." In der Bundestagsfraktion von CDU und CSU gab es große Bedenken gegen die staatlichen Kaufanreize - einen Aufstand gegen Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, die für die E-Prämien ist, wagte die Fraktion jedoch nicht. (dpa)