Von Holger Holzer
Die neue Bundesregierung hat ihre Pläne für die kommenden Monate und Jahre veröffentlicht. Auch auf Autofahrer und Nutzer anderer Mobilitätsformen kommen Änderungen zu. Eine Übersicht zu den wichtigsten Punkten im Koalitionsvertrag und aus anderen Ankündigungen.
Kein Enddatum für den Verbrenner:
Benziner und Diesel dürfen zunächst weiterlaufen. Ein Ausstiegsdatum für den Verkauf von Verbrennungsmotoren sieht die Koalition nicht vor. Somit bleibt zunächst das von der EU vorgeschlagene Ende im Jahr 2035 einziger Anhaltspunkt.
Kein Tempolimit:
Kostet wenig, bringt aber auch nicht viel: Im Streit um ein generelles Tempolimit auf Autobahnen hat sich die Fraktion der Gegner durchgesetzt. Das hochemotionale und vor allem symbolische Thema ist zunächst vom Tisch. Ob dauerhaft, bleibt abzuwarten.
Diesel-Privileg:
Forderungen zur Streichung der Diesel-Subventionen bei der Kraftstoff-Besteuerung gibt es seit langem. Die neue Regierung will sie nun durchsetzen und beruft sich auf die noch nicht in Kraft getretene EU-Energiesteuerrichtlinie, die unter anderem eine Angleichung der Steuersätze vorsieht. Im Extremfall könnte Diesel dadurch um knapp 20 Cent pro Liter teurer werden. Im Ausgleich soll geprüft werden, ob die höhere Kfz-Steuer für Diesel-Pkw gesenkt werden kann.
Die Zukunft von E-Fuels:
Die mit Hilfe regenerativer Energie produzierbaren synthetischen Kraftstoffe gelten vor allem bei E-Auto-Skeptikern als taugliche Alternative zur Elektrifizierung des Verkehrs. Auch in der neuen Bundesregierung hat der bislang noch nicht marktreife Öko-Sprit Fürsprecher, der Koalitionsvertrag bleibt in dieser Hinsicht jedoch schwammig. Zwar heißt es, dass auch nach 2035 nachweislich ausschließlich mit E-Fuels betriebene Fahrzeuge neu zugelassen werden können. Allerdings sollen ihre CO2-Vorteile nicht im bestehenden System der CO2-Flottengrenzwerte anrechenbar sein, was für Kraftstoff- und Auto-Produzenten die Entwicklung entsprechender Produkte wohl unattraktiv machen würde.
Die Zukunft von Wasserstoff:
Wasserstoff gilt ähnlich wie die technisch verwandten E-Fuels als Alternative zur (Batterie-)Elektrifizierung der Mobilität. Die neue Regierung will die Produktion von grünem Wasserstoff fördern, aber nicht unbedingt für den Einsatz im Auto. Das mit Hilfe von regenerativ erzeugtem Strom produzierte Gas sollte vorrangig in den Wirtschaftssektoren genutzt werden, in denen eine direkte Elektrifizierung nicht möglich ist. Etwa in der Stahlproduktion oder der Stromerzeugung. Im Verkehr dürfte Wasserstoff somit höchstens eine untergeordnete Rolle spielen, zum Beispiel beim Gütertransport per Lkw, Schiff oder Flugzeug.
Neues Millionenziel bei E-Autos:
Knapp eine Million E-Autos dürften Ende des Jahres auf deutschen Straßen unterwegs sein. Fast drei Viertel davon haben erst 2021 ihre Zulassung erhalten. In den kommenden neun Jahren müssten rund 14 Millionen weitere dazu kommen, denn die Ampelkoalition will bis 2030 mindestens 15 Millionen E-Mobile auf der Straße haben. Plug-in-Hybride werden dabei anders als bei vorherigen Ankündigungen nicht mehr mitgezählt.
Ausbau der Ladeinfrastruktur:
Um die ehrgeizigen Flottenziele zu erreichen, soll die Ladeinfrastruktur für E-Mobile zügig ausgebaut werden. Und zwar im Voraus. Die neue Regierung hält am Ziel von einer Million öffentlichen Säulen bis 2030 fest, verschiebt den Schwerpunkt des Ausbaus aber in Richtung Schnellladesäulen. Bislang gilt vor allem die Bürokratie als Hemmschuh für einen schnelles Knüpfen des Netzes; diese soll abgebaut und Genehmigungsprozesse vereinfacht werden.
Fahrstrom soll grüner werden:
Mit der Umstellung auf E-Autos und Wasserstoffwirtschaft allein ist es nicht getan. Der nötige Strom muss auch sauber sein. Daher soll das Erneuerbare-Energien-Ziel auf 80 Prozent des erhöhten Bruttostrombedarfs von 680 bis 750 TWh im Jahr 2030 festgelegt werden.
E-Auto-Prämie bleibt:
Der E-Auto-Bonus soll auch über das Jahresende hinaus wie gewohnt weiterlaufen. Bis zum 31. Dezember 2022 ändert sich demnach an Förderbedingungen und -summen nichts. Ab 2023 könnte der maximale Zuschuss jedoch von 9.000 Euro netto auf 6.000 Euro sinken. Zudem soll die Förderung dann nur noch für Fahrzeuge ausgegeben werden, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben. Die Einschränkungen dürfte vor allem die ökologisch umstrittenen Plug-in-Hybride meinen. Sie müssen künftig einen bestimmten elektrischen Fahranteil sowie eine elektrische Mindestreichweite bieten. Ab dem 1. August 2023 soll diese bei 80 Kilometern liegen. Über das Ende des Jahres 2025 hinaus ist die Innovationsprämie aus Sicht der Koalition nicht mehr erforderlich.
Förder-Einschränkung für elektrifizierte Dienstwagen:
Plug-in-Hybride sind in der Kritik, weil sie ihre potenziellen Effizienzvorteile gegenüber reinen Verbrennern nun ausspielen können, wenn sie regelmäßig geladen werden. Künftig sollen daher nur noch Dienstwagen steuerlich gefördert werden, wenn sie zu mehr als 50 Prozent ihrer Strecken elektrisch fahren. Wie das überprüft werden soll, ist noch unklar. Ein möglicher Hebel wäre ein Heranziehen der Daten aus der seit Anfang 2021 für neue Pkw obligatorischen Verbrauchs-Monitoring-Schnittstelle.
Mehr Förderung für kleine und mittlere Unternehmen:
Bislang profitieren vor allem die großen Autohersteller und die Energieunternehmen von der staatlichen E-Auto-Förderung. Künftig sollen auch kleine und mittlere Unternehmen mehr Geld beantragen können. "Gezielte Clusterförderung" heißt das im Koalitionsvertrag. Dort ist zudem hinterlegt, dass Projekte wie die Europäische Batterieförderung (IPCEI) und der Ausbau einer eigenen Zellproduktion weiterentwickelt werden. Auch für die Forschung am Batterie-Recycling sollen höhere Mittel zur Verfügung gestellt werden.
Alternativen zum Auto:
Jenseits vom Auto will die neue Regierung stärker auf die Schiene setzen. Der Eisenbahnverkehr soll ausgebaut werden, für den Personenverkehr per Bahn ist eine Verdoppelung der Verkehrsleistung angepeilt. Zudem ist die Digitalisierung und Flexibilisierung der Mobilität geplant: Digitale Mobilitätsdienste, innovative Mobilitätslösungen und Carsharing sollen in eine langfristige Strategie für autonomes und vernetztes Fahren im ÖPNV eingebunden werden. Darüber hinaus soll Geld für den Ausbau des klimaneutralen Busverkehrs und den Bau der dazu nötigen Infrastruktur ausgegeben werden.