Sein erstes Auto war ein Ford 12M und bis er sich seinen Traum von einem Mercedes 190 SL erfüllen konnte, musste Friedhelm Loh noch lange warten. Auch wenn es dem Industriellen nicht an Geld gemangelt hat, so hat ihm schlicht die Zeit gefehlt. Schließlich hat er nicht nur überraschend früh und schnell die Geschäfte des Vaters übernommen. Der gelernte Starkstromelektriker hat den Betrieb zudem zu einem Weltkonzern mit 12.000 Mitarbeitern und Standorten in Indien, Italien, den USA oder China ausgebaut und seine Schaltschränke unter dem Markennamen Rittal in Fabriken überall auf der Welt aufgehängt: „Da musste die Liebe zum Auto erst einmal hintanstehen“, sagt der Firmenchef.
Doch wenn Loh etwas macht, dann macht er es richtig. Und deshalb ist es beim 190 SL nicht geblieben. Im Gegenteil: Den Stuttgarter Roadster hat er zwar schnell wieder abgestoßen, weil sich der Klassiker als katastrophaler Fehlkauf erwies und Loh viel Lehrgeld zahlen musste. Aber das hat weder seiner Liebe zum Auto im Allgemeinen noch seiner Begeisterung für Mercedes im Besonderen geschadet. So, wie er seine Firma zu weltweitem Ansehen geführt hat, hat er in den Jahren darauf auch eine Oldtimer-Sammlung aufgebaut, die ihres gleichen sucht: Anfangs vor allem Klassiker mit dem Stern und später alles, was schön, schnell oder selten ist oder im besten Fall alles zusammen, hat er zusammengetragen und gemeinsam mit dem alten Tankwart aus seinem Heimatdort Dietzhölztal-Ewersbach am Fuß des Westerwaldes in einer alten Halle geparkt, gehegt und gepflegt. „Über die Jahre ist sicher eine vierstellige Zahl an Autos durch meine Hände gegangen“, sagt Loh.
Nationales Automuseum Loh Collection
BildergalerieNationales Automuseum Loh Collection - imposante Sammlung
Und auch wenn er leidenschaftlicher Fahrer ist und für ihn nichts über eine Spritztour auf den einsamen Straßen im Hinterland geht, wurde die Straßenzulassung dabei immer unwichtiger: Rennwagen für die Rundstrecke nehmen deshalb einen beachtlichen Teil seiner Sammlung ein: „Die DTM, die Formel 1 und Langstreckenrennen wie LeMans haben mich immer begeistert“, sagt Loh und hat peu a peu die Autos seiner Helden zusammen gekauft – mit Michael Schumachers erstem Weltmeister-Ferrari auf dem Ehrenplatz.
In der Sammlerszene ist Loh so zwar zu einer festen Größe geworden, der die Autos irgendwann nicht mehr suchen musste, sondern förmlich von den Fahrzeugen „gefunden“ wurde. Doch so, wie das „Rittal“-Imperium nur bei Insidern bekannt ist und Loh mit seinem Platz unter den Top10 der reichsten Deutschen zu den „Hidden Champions“ zählt, war auch seine Sammlung über Jahrzehnte eine Schimäre, die viele nur vom Hörensagen kannten. Denn außer Familie und Freunden und bisweilen mal ein paar Mitarbeitern durfte niemand in die heiligen Hallen. Doch das hat sich in diesem Sommer radikal geändert. Denn weil man mit mittlerweile 76 Jahren auch nicht jünger wird und weil Loh der Sammlung die Zukunft sichern wollte, hat er jetzt die Tore weit aufgeschoben und vor wenigen Wochen das „Nationale Automuseum - Loh Collection“ eröffnet.
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BildergalerieDer Name ist ein wenig sperrig und weist obendrein in die falsche Richtung. Denn anders als die Werksmuseen der Hersteller ist die Sammlung breit gefächert und ausgesprochen international aufgestellt. Und vor allem ist sie mit Serienautos aus weit mehr als 100 Jahren, Sport- und Rennwagen so gut bestückt, dass sie das Mercedes- oder Porsche-Museum in Stuttgart genauso in den Schatten stellt, wie die BMW-Museum in München oder das Zeithaus der VW-Autostadt in Wolfsburg und damit auch den größten Umweg rechtfertigt. Wo sonst sieht man in einem überdimensionalen Setzkasten und einer nachgeahmten Steilkurve Dutzende Supersportwagen vom Porsche 959 über den offenbar unerlässlichen Flügeltürer bis hin zum Lamborghini Miura oder dem Jaguar XK120, dutzende Mercedes-Modelle von der Benz Victoria aus dem 19. Jahrhundert bis zu dem nur einmal gebauten Maybach-Coupé Exelero, Sehenswertes von Porsche oder Ferrari, BMW, Bentley und Aston Martin, dazu zig Vorkriegsautos und jede Menge ausgedienter Rennwagen. Allein in der Sonderausstellung „100 Jahre Le Mans“ sind zur Eröffnung etwa zwei Dutzend Teilnehmer des Langstreckenklassikers zusammengetragen.
Zwar macht Loh mit dem Museum seine imposante Sammlung zum ersten Mal zugänglich. Doch all seine Schätze zeigt der heimliche König der Klassiker nicht. Denn erstens ist einfach nicht genug Platz im Museum für mehr als 250, 300 Autos, so dass vieles im Depot bleiben muss. Zweitens brauchen die Kuratoren ja auch ein bisschen Tauschware, um die Ausstellung frisch und interessant zu halten. Und drittens gibt es da noch einen Raum, der nur persönlichen Gästen vorbehalten bleibt: Die Bugatti-Garage, in der es so aussieht, als habe Ettore persönlich dort gerade erst Feierabend gemacht. Denn Loh ist nicht nur stolzer Besitzer von einem halben Dutzend Bugattis inklusive eines Typ 57 Atalante. Als VW 1998 die französische Luxusmarke vom italienischen Geschäftsmann Romano Artioli übernommen hat und vor lauter Zukunftsplänen partout nicht zurückschauen wollte, haben Mittelsmänner dem Sammler das gesamte Archiv angeboten – und der hat sich natürlich nicht zweimal bitten lassen.
Nationales Automuseum Loh Collection liegt im Hinterland
Deshalb lagern jetzt die Designskizzen und Konstruktionspläne für automobile Legenden wie den Royale oder den Atlantic eben nicht am Stammsitz Molsheim oder in den Tresoren von Wolfsburg, sondern in schlichten Schubladenschränken in Dietzhölztal-Ewersbach. Zusammen mit Bergen von Ersatzteilen, Motoren und anderen Devotionalien wie dem einzigartigen Modell eines Bugatti- Zuges – und sind bei dem Sammler gut aufgehoben. Denn mit sichererem Verschluss kennt sich der König der Schaltschränke schließlich bestens aus.
Natürlich wird es niemanden zufällig zur Loh-Collection verschlagen. Denn Dietzhölztal-Ewersbach liegt im Hinterland von Herborn und Dillenburg, nun ja, ein bisschen abgelegen und bis zu nächsten echten Großstadt sind es mindestens 90 Minuten. Aber mindestens genauso sehr wie er seine Autos liebt, hat er auch seine Heimat im Herzen. „Die Region hat mir so viel gegeben, dass ich jetzt etwas zurückgeben möchte“, sagt der PS-lastige Lokalpatriot und wird so auch noch zum obersten Tourismus-Beauftragen.
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BildergalerieDas Museum würdigt in der Lehrwerkstatt deshalb auch die Geschichte der Region als industrielles Herz der Republik, weil hier zwischen Rothaargebirge und Westerwald und nicht im Ruhrgebiet die ersten Eisenhütten standen, es ist eine Außenstelle der Fakultät Wirtschaft und Recht der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, in der Blockseminare zu Automobiltechnik und –geschichte abgehalten werden. Es beherbergt das einzige Kino weit und breit, selbst wenn es dort wohl nur Leinwandhits der Vergangenheit geben wird, und eine Gourmet-Lokal hat Loh auch geplant. Klar wäre es einfach gewesen, die Sammlung in eine Großstadt zu stellen. Aber in dem Fall will Loh mit Rücksicht auf die Region nicht zu den Leuten kommen. Sondern er will, dass die Leute zu ihm oder besser zu seinen Autos kommen.