Die Bundesregierung hat sich in die Verhandlungen um eine mögliche Übernahme von Opel durch den französische Autokonzern PSA Peugeot Citroën eingeschaltet. Sie pocht auf den Erhalt der deutschen Standorte und Arbeitsplätze bei dem Autobauer. Das Bundeskanzleramt, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) und Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) führten nun Gespräche mit der französischen Regierung, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werde dabei "über alle Schritte stets im Bilde sein", sagte Seibert. Zunächst seien aber die Fachminister am Zug. Eine offizielle Anfrage der PSA-Spitze für ein Gespräch mit Merkel gebe es bislang nicht. Merkel schließe ein Treffen mit PSA-Chef Carlos Tavares aber nicht aus.
Die Bundesregierung wurde von den Übernahme-Plänen überrascht. Sie ist verärgert, weil sie von den Unternehmen und offensichtlich auch von der französischen Regierung vorab nicht informiert worden war. Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen warnte vor einer Hängepartie. Die Arbeitnehmer bräuchten rasch Klarheit, forderten Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) und Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne) in Wiesbaden.
Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) und PSA Peugeot Citroën loten nach eigenen Angaben verschiedene Möglichkeiten zur Expansion und Kooperation aus. Auch ein Verkauf des GM-Europageschäfts mit Opel und der britischen Schwestermarke Vauxhall sei dabei möglich.
Opel hat rund 38.200 Mitarbeiter in Europa, davon mehr als die Hälfte in Deutschland. Das Traditionsunternehmen wurde 1862 in Rüsselsheim gegründet und 1929 vom US-Konzern General Motors übernommen. Opel hat in Deutschland Werke in Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern.
Mary Barra wirbt für Verkauf an PSA
GM-Chefin Mary Barra warb in einem Brief an die Opel-Mitarbeiter für einen Verkauf an PSA. Eine mögliche Übernahme würde PSA und Opel/Vauxhall - aufgrund der sich ergänzenden Stärken beider Unternehmen - in die Lage versetzen, ihre Positionen auf dem sich rasch verändernden europäischen Markt zu verbessern, schrieb Barra in dem Brief, welcher der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Zuvor hatte die «Allgemeine Zeitung Mainz» darüber berichtet. "Wir würden alles daran setzen, bei der Transaktion sicherzustellen, dass die Interessen aller Beteiligten gewahrt werden", schrieb Barra.
Zusammen mit dem Opel-Aufsichtsratsvorsitzenden Dan Ammann wollte sich Barra am Mittwoch zu Gesprächen am Stammsitz des Autobauers in Rüsselsheim treffen. Es seien anschließend keine Stellungnahmen geplant, sagte ein Opel-Sprecher. Einem Bericht des "Manager-Magazins" zufolge könnte es zudem um eine neue Elektro-Strategie gehen. Opel wollte dies nicht kommentieren.
PSA und Opel arbeiten bereits seit 2012 bei verschiedenen Projekten in Europa zusammen und waren zwischenzeitlich auch auf der Kapitalseite miteinander verbunden. Bei einer Übernahme würde PSA zum größten Autoproduzenten in Europa hinter Volkswagen aufsteigen.
Stehen tausende Jobs auf dem Spiel?
Nach Einschätzung von Ferdinand Dudenhöffer stehen im Falle einer Übernahme von Opel durch PSA Tausende Jobs auf dem Spiel. Vor allem am Stammsitz Rüsselsheim könnten zentrale Einheiten verkleinert oder ganz abgebaut werden, weil ihre Aufgaben im Konzern übernommen werden könnten. Betroffen wären etwa der Einkauf, der Vertrieb, das Marketing sowie Teile des Entwicklungszentrums. Mindestens ein Drittel der rund 15.000 Jobs in Rüsselsheim stünde bei einer Übernahme zur Disposition.
Die Opel-Produktion würde voraussichtlich in den ebenfalls nicht ausgelasteten PSA-Autobau eingegliedert. Das lasse sich aus der bisherigen Mehrmarken-Strategie der PSA mit Peugeot, Citroën und DS ablesen. "Es gibt keine Markenwerke, sondern nur Konzernwerke, in denen alle Markenprodukte gefertigt werden", sagte der Direktor des CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen. Die vorhandenen Kapazitäten seien eher zu groß, so dass die Lage für die Opel-Werke in Eisenach und Kaiserslautern über Nacht schlechter geworden sei.
Die Adam Opel AG hat als GM-Europatochter seit 1999 keinen Gewinn in Detroit abgeliefert und auch 2016 die Rückkehr in die Gewinnzone nicht geschafft. Stattdessen betrug der operative Verlust für 2016 rund 257 Millionen US-Dollar (241 Millionen Euro). Das war immerhin eine deutliche Verbesserung nach 813 Millionen Dollar Verlust im Jahr zuvor.
Experte: Der Marke Opel fehlt eine klare Positionierung
Der Automarke Opel fehlt nach Einschätzung eines Branchenexperten die klare Positionierung im Markt. "Auf die Frage, wofür Opel steht, gibt es schon seit 20 Jahren keine klare Antwort", sagte Jürgen Gietl von der Beratungsgesellschaft Brand Trust am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur. Eine Übernahme durch PSA Peugeot Citroën hätte zunächst negative Folgen, meinte Gietl. "Ein Verkauf an PSA trifft den Stolz der Deutschen auf ihre Autoindustrie ins Mark. Auch die Mitarbeiter würden frustriert." Er halte dennoch eine Neu-Positionierung der Marke Opel auch innerhalb eines neuen Konzerns für möglich. "Es gibt dafür positive Beispiele wie beispielsweise Land Rover und Jaguar oder Volvo, die ja sogar an Eigner außerhalb Europas verkauft worden sind."
Der Marketing-Experte meinte außerdem: "Vertrauen der Kunden entsteht durch Integrität. Dazu gehört nicht nur Ehrlichkeit, sondern auch ein gelebtes Wertesystem. Idealerweise werden positive Werte aus der Vergangenheit auf die Zukunft der Marke übertragen." Das sei in der Vergangenheit nicht ausreichend gelungen. "Ein Problem der Headline 'Umparken im Kopf' ist die Aufforderung an den Kunden, die Vergangenheit möglichst zu vergessen." (dpa)