Zu viele Treibhausgase, zu viel Luftverschmutzung: Die Regierungskoalition sucht nach Auswegen aus den Umweltproblemen beim Autoverkehr. Am Mittag kamen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Fachminister, Koalitionsspitzen und Vertreter einer Expertenkommission im Kanzleramt zusammen. Die Köpfe der "Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität" sollten dort über den Stand ihrer Arbeit berichten. Am Nachmittag wollten Union und SPD im Bundestag Gesetze so ändern, dass Fahrverbote für Diesel in Städten möglichst gar nicht erst kommen, und Ausnahmen und Kontrollen solcher Verbote regeln.
Vor dem Kanzleramt demonstrierten Greenpeace-Aktivisten für ein Umdenken in der Verkehrspolitik: Sie stellten direkt vor der Zufahrt einen Pkw so auf, dass es aussah, als stecke er mit der Motorhaube im Boden. "Bitte wenden!" stand auf dem Fahrzeug, die Demonstranten forderten den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor - und zwangen unter anderem Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), zu Fuß zu Merkels Amtssitz zu gehen.
Im Fokus der "Nationalen Plattform" steht dabei vor allem die Arbeitsgruppe zum Einsparen von Treibhausgasen, denn der CO2-Ausstoß im Verkehr ist seit 1990 nicht zurückgegangen. Schlagzeilen hatten Gedankenspiele zu einem generellen Tempolimit auf Autobahnen und höheren Steuern gemacht, dem hat Verkehrsminister Andreas Scheuer (CDU) bereits eine Absage erteilt. Am 29. März soll die Kommission, in der unter anderem Vertreter von Autobranche und Arbeitnehmern ADAC und Umweltschützer sitzen, einen Zwischenbericht vorlegen. Ergebnisse des Treffens im Kanzleramt sollten vorerst nicht bekannt gegeben werden.
Das ist geplant
Klar ist dagegen, was die Koalition am Nachmittag zu Luftverschmutzung und Diesel-Fahrverboten beschließen wollte. Geplante Änderungen im Bundesimmissionsschutz- und Straßenverkehrsgesetz sehen unter anderem folgendes vor:
- Fahrverbote sollen "in der Regel" unverhältnismäßig sein, wenn die Belastung mit gesundheitsschädlichem Stickstoffdioxid (NO2) im Jahresmittel 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreitet. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm und ändert sich damit nicht - bei relativ geringer Überschreitung soll er aber mit anderen Mitteln erreicht werden, nicht über das Aussperren älterer Diesel.
- Wo es Fahrverbote gibt, sollen die noch ziemlich neuen Euro-6-Diesel ebenso ausgenommen sein wie nachgerüstete Busse, schwere Kommunalfahrzeugen etwa von Müllabfuhr und Feuerwehr und von privaten Entsorgungsfirmen, sowie für nachgerüstete Handwerker- und Lieferfahrzeuge - und für ältere Diesel, die nach einer Verbesserung der Abgasreinigung weniger als 270 Milligramm NO2 pro Kilometer ausstoßen.
- Kontrolliert werden sollen die Fahrverbote nur stichprobenartig und mit mobilen Kontrollgeräten. Heimliche Aufnahmen und Videos sind nicht erlaubt, die Daten müssen spätestens nach zwei Wochen wieder gelöscht werden.
Schon an diesem Freitag sollen sich auch die Länder im Bundesrat mit den Beschlüssen befassen. Die Zeit drängt, denn in Hamburg und Stuttgart gibt es bereits Fahrverbote für ältere Diesel. Weitere könnten bald folgen. Neuere Daten der Landesumweltbehörden zeigen, dass in vielen Städten der Grenzwert noch immer deutlich überschritten ist.
Verkehrsminister Scheuer glaubt dennoch, dass sich Fahrverbote abwenden lassen: "Ich gehe davon aus, dass es keine weiteren Diesel-Fahrverbote mehr geben wird, wenn die betroffenen Kommunen ihre Luftreinhaltungspläne auf den neuesten Stand bringen und unsere Förderangebote nutzen", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Donnerstag). (dpa)