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Leichte Motorräder für Unternehmen: Das etwas andere Dienstfahrzeug

01.04.2022 06:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
BMW G 310R
Gelungene Kooperation zwischen BMW und dem indischen Hersteller TVS: Die kompakte G 310R ist bereits seit Herbst 2016 zu haben.
© Foto: BMW

Seit November 2020 dürfen Fahrschulen in der A2-Ausbildung Motorräder unter 395 cm³ einsetzen. Was die leichten Maschinen sowohl für Einsteiger wie auch als Mobilhalter für Firmen attraktiv macht.

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Neulingen hinter dem Lenker will, nein, darf man nicht zu viel zumuten oder sie gar übermütig werden lassen, wenn sie am Gasgriff drehen. Die PS-Grenze für den A2 ist daher seit Jahren abgesteckt: 48 PS ist heute untere Mittelklasse, reicht freilich locker für Autobahntempi jenseits der 130 km/h. Die reale Hubraummittelklasse der Hersteller jedoch geht bereits seit über einem Jahrzehnt erst bei 600 cm³ los, zwischen 60 und 90 PS leisten diese Motoren dann im ungedrosselten Zustand. Für Einsteigerkunden werden sie leistungsreduziert dadurch behäbiger und freilich nicht leichter. Bis vor wenigen Jahren waren die Versuche der Motorradindustrie, die Kluft zwischen den 125-cm³-Leichtkrafträdern und den Halbliter- und 600-cm³-Maschinen zu schließen, eher halbherzig und schnell wieder vom Tisch: Als Paradebeispiele dürfen etwa Kawasaki Ninja 250 und die Z 300 gelten, beides Mauerblümchen und letztendlich Standuhren. Auch die leichte Reiseenduro Versys 300 wurde schon 2019 aus dem Programm genommen, denn trotz Presse-Zuspruch dümpelten hierzulande deren jährliche Verkäufe seit Modelleinführung auf unter 200 Exemplaren herum, Tendenz fallend. Honda hatte mit der CB 300 R ähnliche Probleme. Sie flog 2021 aus dem Verkaufsprogramm, just als EU-weit für die A2-Ausbildung die Hubraumgrenze dann auf unter 400 cm³ gesenkt wurde.

BMW, international eher großvolumig mit der GS als Topseller seit Jahren obenauf, war gewappnet. Bereits vor sieben Jahren präsentierten die Bayern seit der Einstellung der R 27 ein einzylindriges Bike unter 400 cm³ als "badge-engineering"-Produkt made in India und damit kostengünstig: TVS in Bangalore fertigt nicht nur den Roadster G 310R, sondern auch dessen aktuell auf Offroad getrimmten Bruder. Nicht nur pfiffig, sondern perfekt durchdacht scheint dessen wassergekühlter Antrieb - dank des um 180 Grad verdrehten Zylinderkopfes geriet dann das 35-PS-Bike ultrakompakt, was den Schwerpunkt und die zentralisierte Masse angeht. Agil wird die G 310 - egal ob R- oder GS-Version - dank langer Hinterradschwinge, sicher dank Fahrwerkskomponenten wie Radial-Vierkolbenbremse vorn, der Kayaba-Upside-Down-Gabel und dem Zentralfederbein, passend zur Gewichtsklasse. Beliebter und günstiger als die GS-Version ist freilich der Roadster, auch aufgrund der Sitzhöhe. Für Nachtfahrten eignen sich beide Versionen der aktuellen 2022-Generation, da sie jetzt mit LED-Scheinwerfern ausgerüstet sind.

Mattighofer Minimalismus

Die Kooperation mit Bajaj, einem alteingesessenen Big Player Indiens in Sachen Motorradproduktion, hatte auch KTM 2010 mit der Duke 125 zu einem Volltreffer verholfen. Die fahrwerksmäßig stark an die Achtellitermaschine angelehnte 390 Duke war ab 2013 ebenfalls ein Verkaufsschlager: 8.000 Exemplare davon verkauften sich im ersten Produktionsjahr. War einer der Gründe des Erfolgs sicherlich die fehlende Konkurrenz, so sind bei der seit 2017 upgedateten 390 Duke die Agilität und das enorme Drehmoment des 44-PS-Vierventilers mitverantwortlich. Mit ihrem an die "große" Duke angelehnten Design setzt sich die Exil-Österreicherin in Szene. Kinderkrankheiten wie fehlerhafte Tachos oder Elektrikprobleme sind inzwischen ausgemerzt. Mit WP-APEX-Telegabel und praxisgerechter Technik wie größerem Tank, besserer Sitzpolsterung und verschraubtem Rahmenheck soll sich die Mattighofer Mittelklasse noch komfortabler fahren und servicefreundlicher werden, ohne die Sportlichkeit herunterzuschrauben: Mit 149 Kilogramm Leergewicht kann auch die aktuelle Version das Verhältnis Leistung/Gewicht: 0,2 kW/kg gerade noch so einhalten. Weiteres Plus an der Duke: ihre nicht nur auffällige, sondern auch stabile Aluschwinge sowie der radial montierte Bremssattel vorn. Wer im Dunkeln unterwegs ist, freut sich über beleuchtete Schalter. Seit 2022 hat KTM neben der supersportlichen RC 390 eine weitere Variante im Angebot. Als vollwertige Reiseenduro soll die 390 Adventure gelten - wer Traktionskontrolle und Kurven-ABS benötigt, muss 850 mm Sitzhöhe akzeptieren.

Twins aus Hamamatsu

Eine kostengünstige Fertigung stand auch bei Yamahas Vertretern dieser A2-Klasse im Vordergrund. Daher werden die optisch grimmig dreinblickende MT-03 wie auch ihr verkleidetes Pendant in Indonesien hergestellt. Mit knapp 30 Nm liegt das Drehmoment des 321-cm³-Zweizylindermotors zwischen dem der BMW und der Kraftentfaltung der 390 Duke (37 Nm). Doch in der Praxis beschreibt das Kürzel MT - Maximum Torque - nicht eben die Unwahrheit, wenn auch die entsprechenden Drehzahlen bei beiden Yamaha-Modellen mit 9.000 Touren weit über denen der Konkurrenz liegen. Der Haltbarkeit tut das aber keinen Abbruch - schließlich arbeitet der laufruhige Zweitzylindermotor mit Ausgleichswelle und 180 Grad Hubzapfenversatz. Manche Papierwerte machen bei den Yamahas stutzig - die beinahe 170 Kilogramm Leergewicht sind weder der schick verschalten YZF-R3 noch der entkleideten MT-Schwester anzumerken. Mit 1.380 mm ist der Radstand ähnlich kurz wie am weißblauen Roadster, auch die Sitzhöhe des Duos aus Jakarta weicht kaum vom Maß der G 310R ab. Ab 2020 erhielten beide eine Upside-Down-Gabel als Vorderradführung.

Sind die Kleinen für eine sichere und reibungslose Ausbildung notwendig - als Notnagel, Ergänzung oder sogar mehr? "Eine Bereicherung, für Fahrschüler wie für uns eine Win-win-Situation", erklärt Martin Fellmer. Der 1. Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Westfalen e. V. bildet seit 1992 auf dem Motorrad aus, entschloss sich 2020, für A2 was "Kleineres" in seinen Fahrzeugpool aufzunehmen. Damit wird diese Zweirad-Klasse auch für die Mobilität der jüngeren Mitarbeiter ein Thema. Wenngleich eines sicher ist: Die Hubraumgrenze nach unten auf 250 cm³ einzugrenzen, hätte man sich getrost sparen können.

Aktuelles Beispiel ist Zontes, die Marke der chinesischen Guangdong Tayp Motorcycles Technology Co. Ltd. Während die ersten in Europa angebotenen Maschinen 310 cm³ besaßen, überarbeiteten und verdoppelten die chinesischen Ingenieure für 2022 das gesamte Portfolio - selbstverständlich, um der Konkurrenz trotz Renommeedefizit und schmaler Vertriebsstruktur in Europa Paroli zu bieten.

Chinesen in den Startlöchern

Sechs neue 350-cm³-Maschinen standen dann auf der Mailänder Fachmesse EICMA. Als zweifellos attraktivstes Modell des neuen Portfolios darf die 350 GK gelten, ein auf Café-Racer-Optik getrimmtes Naked Bike. Statt 35 PS leistet der jetzt optimierte, wassergekühlte Einzylinder 39 PS. Wer mehr Windschutz möchte oder Enduro-Features mag, kann die neue 350 T1 probefahren - ab April, so verspricht Frank Schroeder, der bei uns auch die italienische Marke Beta vertreibt, sollen alle Modelle verfügbar sein.

Klar: Auch Kosten entscheiden

Bleibt diese neue A2-Klasse eine Randgruppe oder hat sie das Zeug, einen breiteren Kundenkreis anzusprechen? Das hängt freilich von vielen Faktoren ab - den Gesamtkosten (TCO), der Akzeptanz, in erster Linie aber vom Service. KTM war hier der Vorreiter, der BMW und weiteren Herstellern den Weg geebnet hat. Freilich wäre aber auch aus Kostengründen ohne die Fernost-Fertigung keines dieser Fahrzeuge entstanden. Solange die Neuzulassung der Verbrenner in Europa noch erlaubt ist, ist es gut vorstellbar, dass sich Einsteiger mit A2-Schein eher für leichter beherrschbare Fahrzeuge dieser Kategorie entscheiden als für Drosselvarianten vorhandener Dickschiffe.

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