Gute Kommunikation ist vergleichbar mit dem virtuosen Zusammenspiel der Einzelteile eines Autos. Nicht immer funktioniert im Auto alles reibungslos. Manchmal wird es von anderen beschädigt, und manchmal hat unsere Pflege und Mühe nicht ausgereicht, um die Technik unbeschadet zu lassen.
Aber anders als ein Auto haben wir Menschen eben keine Steuerungseinheit, die sich auslesen lässt, damit wir wissen, was wir reparieren müssen. So kommt es manchmal zu Verwirrungen. Wenn Sie beispielsweise morgens an Ihren Arbeitsplatz kommen und ein Kollege raunzt Sie an, dann kann Sie das wütend machen oder verunsichern.
Oder ein Kunde beschwert sich bei Ihnen, erwischt Sie auf dem falschen Fuß und Sie ärgern sich. Oder Sie gehen mit ein wenig Angst oder flauem Magen in ein Mitarbeitergespräch.
Die meisten Menschen reagieren in unangenehmen Situationen entweder mit Angriff, Flucht oder Starre. Das ist so, als ob wir mit einem Autopiloten unterwegs sind, allerdings ohne KI, sondern von unserem Reptilienhirn gesteuert. Das Reaktionsmuster war damals lebensnotwendig und führt dazu, dass wir nicht mehr nachdenken, sondern handeln. Das ist völlig normal - dennoch kommt es in unserer kultivierten Welt nicht so gut an, wenn wir jemandem eine Ohrfeige geben, wenn wir uns beleidigt oder nicht wertgeschätzt fühlen.
Autopilot aus, Bewusstsein an
Unsere Reaktionen müssen sich daher verändern. Ob Ärger im Team, Kundenbeschwerden oder Mitarbeitergespräche, gute Kommunikation hängt vor allem davon ab, wie Sie lernen, Ihren Autopiloten auszuschalten und Ihr Bewusstsein zu nutzen, um in bestimmten Situationen etwas anders zu machen als bisher.
Ich kann Ihnen natürlich nicht verordnen, anders zu denken oder zu fühlen. Ich kann Ihnen hier nur ein paar Techniken zur Verfügung stellen, wie Sie diese Situationen nutzen können, um die Kommunikation mit anderen zu verbessern und so auch die Stimmung am Arbeitsplatz und die Zufriedenheit der Kunden zu vergrößern.
Sie fragen sich jetzt vielleicht, warum Sie Ihre Kommunikation ändern sollen, wo doch der andere Sie angeraunzt oder beleidigt hat. Ganz einfach, weil der andere offensichtlich gerade seinen Autopiloten aktiviert hat und noch nicht sein Bewusstsein und seine Beobachtungen in der Situation nutzen kann, um sein Denken und Handeln anzupassen. Jetzt können Sie hier Verantwortung für Ihren Teil der Kommunikation übernehmen, wenn Sie mögen.
Die vier Seiten einer Nachricht
Diese bewussten Beobachtungen in einer Situation sind enorm wichtig. Dadurch bekommen wir einen guten Abstand zu dem, was da gerade passiert. Dieser Abstand ist nötig. Diese paar Sekunden, in denen Sie sich bewusst der Beobachtung der Dynamik der Situation zuwenden, entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Anhand des Modells von Schulz von Thun führe ich Sie kurz durch diesen Prozess.
Am Anfang steht eine Äußerung (hier eine Nachricht) eines anderen. Diese kann mit Worten gesprochen werden (auch geraunzt) oder auch schweigend getätigt werden durch die Körperhaltung oder mittels Bewegung.
1. Wie ist der Sachverhalt zu verstehen?
Ein Anraunzen gibt wenig her, was die Sachebene der Nachricht angeht. Eine Beschwerde hat meist mehr Sachverhalt in sich. Diesen Inhalt hört man manchmal nicht, wenn die automatischen Reaktionen - Angriff, Flucht oder Starre - das Gehirn vernebeln.
2. Was soll ich aufgrund seiner Mitteilung nun tun?
Beim Anraunzen kann ein Appell zunächst nicht so leicht gehört werden. Es könnte sein, dass der Kollege einfach nur in Ruhe gelassen werden möchte und das nicht gut mitteilen kann. Bei der Beschwerde ist das anders. Da gibt es meist eine klare Erwartung auf Abhilfe.
3. Wie redet er eigentlich mit mir? Und wen glaubt er vor sich zu haben?
Über die Beziehungsseite wissen wir beim Kollegen nicht so viel. Wenn Sie Ihren Kollegen mögen und gut kennen, dann werden Sie das Anraunzen besser deuten können. Vielleicht wissen Sie ja, dass er morgens nicht gerne früh aufsteht oder Ähnliches. Wenn Sie den Kollegen nicht kennen, dann zeigt sich in diesem Fall eher, dass die Beziehungsebene nicht gut ist, sonst wären Sie nicht verunsichert oder verärgert.
4. Was ist das für einer? Was ist mit ihm?
Die Selbstkundgabe ist in diesem Fall das zentrale Element. Offensichtlich hat der anraunzende Kollege gerade mit sich eine ungute Zeit. Er kann irgend etwas nicht gut aushalten oder ärgert sich über etwas, was er erlebt hat. Und weil er seine Steuerungsinstanz nicht angeschaltet hat, ist er nicht in der Lage, sein Verhalten sozialverträglich anzupassen. Beim Kunden ist das nicht so einfach zu entziffern. Meist haben die Kunden einfach die Befürchtung, dass sie übers Ohr gehauen wurden, oder sie sind wütend, dass das Auto nicht so funktioniert wie gewünscht. Kunden zeigen oft nicht, dass sie verletzlich oder unsicher sind, weil sie befürchten, dass sie ihr Ziel so nicht erreichen. Das ist dann Ihre Chance!
Einzelteile für das "Tuning" Ihrer Kommunikation
Das wichtigste Einzelteil, das Sie hier in Ihre Kommunikation mit aufnehmen sollten, ist "gutes Zuhören". Das ist die Meisterdisziplin und damit das A und O einer jeden guten Verständigung. Dazu passt ein Zitat, das Konrad Lorenz zugeschrieben wird:
"Gedacht ist nicht gesagt, gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden und verstanden ist nicht einverstanden."
Hier ein kleines Beispiel, um dies zu illustrieren: Ihr Kunde hat bemerkt, dass die Lüftung in seinem Auto nicht regelgerecht funktioniert. Er ruft Sie an oder kommt direkt zu Ihnen und sagt eventuell so etwas wie: "Mein Auto ist kaputt, das ist ja eine Mega-Sauerei, ich kann überhaupt nichts sehen, wenn ich fahre." Was er sich sonst noch denkt, was er sonst noch beobachtet hat, das wissen Sie nicht, weil er es Ihnen ja nicht gesagt hat. Das, was er Ihnen gesagt hat, reicht allerdings noch nicht aus, damit Sie ein gutes Bild von der Situation haben. Sie müssen also nun weiterfragen. Dazu braucht es zwei Ebenen:
- Sie kontrollieren zunächst Ihren eigenen Autopiloten, für den Fall, dass Sie wütend sind oder sich durch den Kunden angegriffen fühlen. Der Kunde braucht Sie jetzt klaren Geistes.
- Sie zeigen dem Kunden deutlich, dass Sie ihn ernst nehmen mit seinem Anliegen, auch wenn Sie jetzt noch nicht ganz durchblicken, was eigentlich los ist.
In meiner Arbeit habe ich die Erfahrung gemacht, dass die anderen sehr gut darauf reagieren, wenn ich so etwas sage wie: "Wow, ich merke, dass Sie ganz schön aufgebracht/wütend sind. Geben Sie mir eine Chance, besser zu verstehen, was an Ihrem Auto nicht funktioniert. Beschreiben Sie doch bitte, was genau Sie beobachtet haben, dann kann ich besser helfen!" Sie werden sofort bemerken, wie der andere ruhiger wird und sich klarer erklären kann.
Wie immer im Leben hilft auch hier das Training weiter
Die Fähigkeit, Ihren Autopiloten zu kontrollieren, können Sie erlernen, wenn Sie es möchten. Die Art und Weise, wie Sie mit den vier Grundgefühlen (Wut, Angst, Freude, Trauer) umzugehen lernen, bestimmt, wie kompetent Sie mit Ihren Mitmenschen agieren können.
- Ausgabe 07/2022 S.44 (117.3 KB, PDF)