Die Versicherer schlagen Alarm – in Form ihres Verbands, des GDV (Gesamtverband der Versicherer). "Nach unserer aktuellen Hochrechnung werden die Kfz-Versicherer einen Verlust von rund zwei Milliarden Euro verzeichnen. Die Beitragseinnahmen werden auf rund 33,8 Milliarden Euro steigen, aber die Versicherer müssen für jeden eingenommenen Euro 1,06 Euro für Schäden und Verwaltung ausgeben", rechnet der GDV- Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen vor. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Kfz-Versicherer einen Verlust in Höhe von über drei Milliarden Euro hinnehmen müssen. Generell ist das individuelle Flottengeschäft ein schwieriges für Versicherer, aber so heikel wie im Moment stellte sich die Lage nur selten dar.
Die schlechten Zahlen sind generell gesprochen im Wesentlichen auf die seit Jahren steigenden Reparaturkosten zurückzuführen, mahnt der Verband. "Sowohl Ersatzteile als auch die Arbeit in den Kfz-Werkstätten werden immer teurer: Die Ersatzteilpreise sind im Vergleich zum Vorjahr um über sechs Prozent gestiegen. Die Werkstattkosten lagen schon 2023 mit 188 Euro pro Stunde auf einem Rekordwert", legt Asmussen den Fokus auf den globalsten Punkt der Prämienrechnung, die auch den schadenarmen Fuhrparks die Gespräche erschweren. 2023 kostete ein durchschnittlicher Sachschaden in der Kfz-Haftpflichtversicherung eines Pkw rund 4.000 Euro. Zehn Jahre vorher waren es noch 2.500 Euro, so die Rechnung des GDV.
Ein Verband ist immer die Summe seiner Mitglieder, die natürlich recht unterschiedlich im Flottensegment unterwegs sind. Hier kennt sich Ralph Feldbauer aus. Der Riskguard-Geschäftsführer berät Fuhrparks und Versicherer zu Präventivmaßnahmen.
Herr Feldbauer, wie stehen die Versicherer im Flottengeschäft da?
Ralph Feldbauer: "Markant ist, dass sich die Fottenversicherung in Deutschland bis auf die Corona-Jahre und dessen Stillstandeffekte der Fahrzeuge tatsächlich noch nie wirtschaftlich gerechnet hat. Innerhalb der unterschiedlichen Versicherer ist das differenziert, aber der Markt als Ganzes ist defizitär."
Wieso ist das so?
R. Feldbauer: "Das Flottengeschäft ist aufgrund der Hebelwirkung (viele Fahrzeuge, hoher Beitragsanteil) enorm kompetitiv im Markt. Getrieben wird dies über einen Maklermarkt, der sich in weiten Teilen noch über den Preis zur Flotte definiert – an dem viele Beteiligte partizipieren wollen. Wenn Versicherer sich noch über einen hohen Kostensatz und wenig abgestimmte Prozesse positionieren, sind Kostendeckung oder ein Ertrag in weiter Ferne und der Bedarf an Sanierungsgesprächen mit den Kunden ist zwangsläufig."
Wie sieht ein solches Gespräch aus?
R. Feldbauer: "Zunächst geht es um standardisierte Beitragsanapassungen – erstmals auch unabhängig vom individuellen Schadenverlauf der Einzelflotte. Dies wird kombiniert mit den Risikozuschlägen aufgrund des schlechten Einzelverlaufes. Das bringt dann schnell Druck auf die Versicherungsprämie. Steigende Prämien sind in den Fuhrpark oftmals weder budgetiert noch kalkulatorisch darstellbar, da die Gesamtkosten jenseits der Flottenversicherung für alle steigen. Grundlegend kommt auch Sicht des Riskmanagers noch dazu, dass der Versicherer zu seiner versicherten Flotte zu wenig und oftmals unstrukturierte Daten hat und kaum echte subjektive Risikomerkmale kennt, die er in eine schadensbedarfsgerechte Preisfindung berücksichtigen kann."
Wie stark steigen die Prämien?
R. Feldbauer: "Generell kündigen sich Beitragsanpassungen zwischen 15 bis 20 Prozent unabhängig vom Verlauf in der eigenen Flotte für 2025 an. Bei kritischen Schadensverläufen in der Flotte sind auch Steigerungen von 30 bis zu 50 Prozent denkbar oder sogar die Vertragskündigung seitens des Versicherers."
Wie werden die Prämien ermittelt?
R. Feldbauer: "Die Grundlagen der Prämienfindung – die Vergangenheitsdaten der Flotte in die Zukunft zu prognostizieren – funktioniert nur noch sehr bedingt in der konventionellen Form und Bedarf einer grundlegend neuen Vorgehensweise. Allein deshalb, da sich die Risikodaten einer Flotte extrem schnell wandeln und nicht historisch belegt sein können. Ein Beispiel ist die Durchdringung mit E-Fahrzeugen. Die resultierende Kostenlage im Schadensbereich muss im Individualgeschäft bei der Kalkulation berücksichtigt werden, sonst steht die Prämie gegenüber den Schäden im negativen Verhältnis. So verhält es sich mit einer Vielzahl risikospreizenden Merkmalen, die bei professioneller Vorgehensweise berücksichtigt werden müssen."
Was kann die Flotte hier tun?
R. Feldbauer: "Hier ist es entscheidend, dass das Zusammenspiel von Risk- und Schadenmanagement optimal verzahnt ist. Aus beiden Bereichen kommen wertvolle Risikodaten, die fundiert bewertet werden müssen, um daraus eine für alle Seiten faire Versicherungsprämie entstehen zu lassen. Diese Grundlogik muss der einzelne Flottenmanager in seiner Verantwortung auch einfordern, in dem er von seinen Geschäftspartnern seitens der Flottenversicherung die optimale Unterstützung mit diesen klaren Vorgaben zum Ausdruck bringt. Sonst wiederholt sich das ganze Szenario mit einem Verschlimmerungseffekt in den Auswirkungen."
Was raten Sie konkret den Flotten?
R. Feldbauer: "Sicher ist, wer mit maximaler Transparenz seine Schadensschwerpunkte und Potentiale kennt und zeitgleich aus dem erfahrungsbasierten Riskmanagement mit Präventiv- und Veränderungsvorschlägen begleitet wird. So lässt sich bei weniger eintretenden Frequenzschäden im Fuhrpark ein schadensseitig kostenreduzierender Aufwand herstellen. Die sachlogische Folge ist Kostenstabilität in der Prämie und Planbarkeit im Fuhrparkmanagement. Alles Dinge, die momentan auf der Wunschliste der Fuhrparks stehen."
Herzlichen Dank, Herr Feldbauer, für das Gespräch.