Kaufen statt leasen
Während die meisten Unternehmen das Leasing als beste Beschaffungsform für ihre Firmenwagen ansehen, kommt man bei Liebherr inzwischen zu einem anderen Ergebnis. Seit 2009 werden die Fahrzeuge wieder gekauft. Interne Ressourcen sowie Know-how machen diese Variante zur kostengünstigeren Lösung.
Lange Zeit wurden die rund 1.000 Fahrzeuge im deutschen Fuhrpark von Liebherr geleast (wir berichteten in Ausgabe 7/2008). Auch die Servicebausteine kaufte das strategische Fuhrparkmanagement in Kirchdorf an der Iller bis auf die „Punkte“ Reifen und Kfz-Versicherung beim Leasinggeber zu. Mittlerweile hat sich das Ganze jedoch grundlegend geändert. Seit 2009 ist das Unternehmen dabei, von Leasing auf Kauf umzustellen, sprich alle Leasingrückläufer durch gekaufte Fahrzeuge zu ersetzen.
Ausschlaggebend für diesen Schritt war nicht zuletzt die Wirtschaftkrise im Jahr 2008. Zu dieser Zeit stellte Liebherr die Konditionen und Prozesse nochmals eingehend auf den Prüfstand. „Beginnend mit dem Einbruch, haben wir steigende Kosten sowie immer mehr Schwierigkeiten bei den Rückgaben und den Reparaturfreigaben verzeichnet“, so Thomas Höld. Der Leiter des strategischen Fuhrparkmanagements ergänzt: „Das betraf sowohl unsere freien als auch unsere herstellerabhängigen Leasingpartner.“
Der Flottenmanager nennt ein Beispiel: So habe seinerzeit ein Außendienstler mit seinem Mittelklassekombi, der noch eine Laufzeit von zwölf Monaten hatte und 70.000 Kilometer unter der vereinbarten Maximallaufleistung lag, einen Motorschaden in Italien gehabt. Die Leasinggesellschaft habe daraufhin entschieden, dieses Fahrzeug nicht mehr reparieren zu lassen, und den Vertrag beendet. Hintergrund: Übersteigen die laufenden Kosten in der gedeckten Abrechnung die Serviceraten innerhalb der Laufzeit, kann der Leasinggeber laut Rahmenvertrag vorzeitig kündigen. In diesem Fall habe sich eine Reparatur des Fahrzeuges daher wohl nicht mehr gerechnet.
Die Konsequenzen musste Liebherr tragen. „Dadurch sind die Kosten für den Firmenwagen aus dem Ruder gelaufen. Wir haben drei Wochen gebraucht, um einen dauerhaften Ersatz für den Mitarbeiter zu finden, denn das Fahrzeug war erst im Folgejahr in der Beschaffung eingeplant und die Hersteller kämpften mit Lieferschwierigkeiten“, erläutert Höld. Drei weitere ähnlich gelagerte Fälle seien inzwischen hinzugekommen. Als Konsequenz derartiger Ereignisse entschloss sich der Konzern, die Beschaffung neu auszurichten.
Neue Car Policy durch Kauf
Durch die Neuorientierung bei der Anschaffung hat sich insbesondere die Car Policy als Grundlage des Fuhrparkmanagements gewandelt. So wurden zum Beispiel die Parameter der Gesamtlaufleistung eines Fahrzeugs von 180.000 auf 200.000 Kilometer und die Haltedauer von 36 bis 48 Monate im Leasing auf sechs Jahre für die Kauffahrzeuge angehoben. Zugleich vergrößerten die Verantwortlichen die zur Auswahl stehenden Fabrikate. Zu den bisher zugelassenen Marken Audi und Volkswagen gesellen sich nun BMW und Mercedes in der Ober- sowie Opel in der Mittelklasse. „Trotzdem entscheiden wir immer noch ganz individuell, welches Fahrzeug letztlich gefahren wird“, so Höld.
Konstant geblieben sind dagegen die fahrzeugberechtigten Gruppen. Neben der Geschäftsführung und den Prokuristen sind das die Bereichsleiter und Vielfahrer mit dienstlichen Fahrleistungen ab 30.000 Kilometern pro Jahr. Letzte umfasst vorwiegend die Außendienstmitarbeiter und Servicetechniker, die auch 70 Prozent aller Firmenwagen nutzen. Sie fahren VW Passat 2.0 TDI mit 140 PS und Opel Insignia CDTI mit 160 PS.
Bei den Führungskräften ist vor allem der Audi A6 mit 3,0-Liter-Dieselmotor und 204 PS gefragt. Alle Mitarbeiter haben grundsätzlich die Wahl zwischen den Karosserievarianten Limousine und Kombi, wobei aufgrund der benötigten Zuladungskapazität in Vertrieb und Service hauptsächlich die Kombi-Varianten bestellt werden.
Zudem sind bestimmte Ausstattungsstandards über alle Kategorien festgezurrt, welche die angebotenen Business-Pakete und – falls dort nicht vorhanden – ein Navigationssystem, eine Freisprecheinrichtung, Komfort- oder Sportsitze und eine Einparkhilfe hinten einschließen.
Management und Vermarktung
Parallel zur Umstrukturierung nahm natürlich die Aufgabenfülle im Fuhrparkmanagement zu. Deshalb hat Liebherr das interne Team in Kirchdorf an der Iller von sechs auf insgesamt acht Personen aufgestockt. Drei davon sind für die Abwicklung zuständig, vier arbeiten in der Werkstatt. Sie managen unter Federführung von Thomas Höld den Fuhrpark. Dazu gehören beispielsweise die Tankkarten, für die das strategische Fuhrparkmanagement inzwischen direkte Verträge mit den beiden Anbietern Aral und Shell abgeschlossen hat. „Durch die Volumenbündelung über unsere Gesellschaften haben wir sogar bessere Konditionen im Vergleich zum Leasing erzielt“, betont der Flottenmanager.
Den Bereich Reifen hat das Unternehmen zwar schon seit jeher in Eigenregie organisiert, durch den Kauf ergeben sich aber weitere Vorteile. So bilden die mit Reifendienstleistern verhandelten Preise jetzt für alle Gesellschaften die Referenzrate, wenn sie Pneus einkaufen, und bei Bedarf können diese auf die Dienste in Kirchdorf zurückgreifen. Nach Berechnungen von Höld haben sich Konditionen und Prozesse so unter dem Strich nochmals verbessert.
Gänzlich neu hinzugekommen ist das Remarketing. Es hat im Gegensatz zu den bekannten Bereichen das größte Fragezeichen gesetzt. Die Bedenken erwiesen sich jedoch als unbegründet. Laut Höld liegt das an der Internetplattform AUTOonline, über die alle Fahrzeuge an gewerbliche Käufer vermarktet werden: „Wir haben darüber zwar bisher erst neun Fahrzeuge vermarktet. Die Verkäufe sind aber aus preislicher Sicht stets ein voller Erfolg gewesen.“
Wichtig ist für ihn auch die Schnelligkeit und Transparenz des Verfahrens. Sobald das Fahrzeug in den Verkauf soll, muss sich Liebherr nur noch darum kümmern, dieses bestenfalls sauber vorzuhalten und einen Gutachter zu bestellen. Der fertigt ein Gutachten und stellt es auf der Plattform mit einer Laufzeit von sieben Tagen ein. Dabei legt Liebherr stets einen Mindestpreis fest, zu dem das Angebot online geht. „Am Ende der Gebotsphase lagen die abgegebenen Offerten immer über dem Mindestpreis“, konstatiert Höld.
Dann gibt es grünes Licht für den Verkauf. Das Fuhrparkmanagement generiert eine Rechnung und schickt diese an die „Onlinedrehscheibe“, die als Mittler zwischen beiden Parteien das Geld einfordert. Ist es dort eingegangen, steht der Fahrzeugabholung vor Ort seitens des Händlers nichts mehr im Wege. „Für jedes erfolgreich abgeschlossene Geschäft werden dann feste kalkulierbare Pauschalen fällig“, so Höld. Ansonsten sei die Nutzung wie das Inserat kostenfrei.
Mehr Arbeit für die Werkstatt
Unabhängig davon haben die Mitarbeiter in der eigenen Regiewerkstatt deutlich mehr zu tun. Denn zur klassischen Wartung und Reparatur der Fahrzeuge am Standort, mit Ausnahme von Garantie- und Kulanzarbeiten, kommen jetzt auch weitere Aufgaben und Fahrzeuge anderer Gesellschaften. Die Kfz-Mechaniker übernehmen zum Beispiel die Beschriftung der Transporter und den Ausbau mit der Serviceeinrichtung. Ziel ist es, diesen bis dato bei externen Dienstleistern von der Auslieferung bis zur Bereitstellung drei bis vier Wochen dauernden Prozess durch die interne Abwicklung auf acht Tage zu verkürzen. „In der Regel können wir das mit unserem Team auch halten“, sagt Höld. Mit dem Projekt hat sich die Werkstatt folglich schon etabliert. Das bestätigt die Nachfrage. Selbst die Liebherr-Gesellschaft in Hamburg lässt bereits ihre Fahrzeuge in Kirchdorf ausbauen.
Die Synergieeffekte gehen aber noch weiter, denn von der Umstellung auf Kauf profitieren auch die anderen Ländergesellschaften, indem sie die Konditionen nutzen. Die Einsparungen tragen somit europaweit. Annemarie Schneider
Die Liebherr-Flotte
ca. 3.500 Fahrzeuge in Europa, davon ca. 1.000 in Deutschland
in Deutschland: ca. 35 % Trans-porter, ca. 65 % Pkw
Transporter: Mercedes-Benz Sprinter und Vito, VW T5 und Crafter
Pkw: v. a. VW Passat 2.0 TDI (140 PS), Opel Insignia 2.0 CDTI (160 PS) sowie Audi A6 3.0 TDI (204 PS)
seit 2009: Fahrzeuge im Kauf, Haltedauer: maximal sechs Jahre bzw. 200.000 Kilometer
internes Fuhrparkmanagement
zwei eigene Kfz-Werkstätten
Liebherr im Kurzporträt
Liebherr ist eine Firmengruppe mit rund 120 Gesellschaften weltweit, die vorwiegend Baumaschinen herstellt. Zu den Produkten gehören aber nicht nur Bagger, Raupen, Radlader, Muldenkipper sowie Bau- und Fahrzeugkrane, sondern auch Kühl- und Gefriergeräte, Werkzeugmaschinen sowie Materialfluss- und Verkehrstechnik. 2010 betrug der Umsatz des Unternehmens rund 7,6 Milliarden Euro. Weltweit beschäftigt Liebherr fast 33.000 Mitarbeiter, davon rund 13.800 in Deutschland.
- Ausgabe 11/2011 Seite 68 (255.8 KB, PDF)