Funktionierende Partnerschaften wirken in beide Richtungen – das trifft auch auf die Beziehung des Flottenbetreibers und seines Dienstleisters zu. Wandelt sich der eine, muss der andere mitziehen, sonst läuft es unrund. Eine fruchtbare und dauerhafte Liaison (mehr als acht Jahre mittlerweile) verbindet den Facility-Management-Riesen ISS mit dem Software-Anbieter Carano.
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ISS bietet längst mehr als nur Gebäudeschutz und Reinigung an. So entwickelten die Berliner etwa eine eigene Catering-Linie für hochwertige Bioprodukte. So etwas gab es bis dahin nicht für Großabnehmer in Deutschland, berichtet Benjamin Simon. Zwei Jahre gibt es dies nun im Portfolio von ISS, was wichtige Gründe liefert, wenn Verträge auslaufen, denn man kann beweisen, dass man sich stetig weiterentwickelt – wie eine Software.
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BildergalerieISS und Carano Software: Anforderungen des Kunden
"Wenn dieses leckere Bio-Essen in der Kantine dafür sorgt, dass mehr Mitarbeiter zurück ins Büro kommen, dann interessiert dies eine Menge Firmen, denn alle haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen", ergänzt Simon, der General Manager ISS Energy Services ist. Das hybride Arbeiten – also mal im Büro, mal von zu Hause – wird bleiben. Das glaubt nicht nur Simon, sondern auch Hans-Joachim Guth, der Geschäftsführer von Carano und Gesprächspartner bei einem gemeinsamen Treffen in Berlin. Die Lehre daraus ist für beide die gleiche: Netzwerke knüpfen und Partner einbinden, um gemeinsam zu lernen und besser zu werden.
Und das können auch eigentlich etablierte Prozesse sein. So gab es seitens ISS einen Bedarf an Poolfahrzeugen, aber seitens Carano noch keine Software-Lösung für diese Art von Disposition samt Schlüsselverwaltung. Also entwickelte man dies, wie Guth berichtet. Das gehört zum Profil eines Dienstleisters. Nun agiert Guths Pendant ebenfalls als Dienstleister, nämlich als interner, der die gut 3.000 Fahrzeuge von ISS in Deutschland managt sowie knapp 1.000 Einheiten von externen Kunden.
Die Anforderungen der externen Fuhrparkbetreiber an das Team von Simon nennen sich Service-Level-Agreement. Diese sollen hoch und gleichzeitig die Kosten niedrig gehalten werden, so steht es in den Ausschreibungen. Was dabei hilft, ist klar: Software. „Wenn wir mit der gleichen Manpower mehr leisten wollen, brauchen wir smarte Lösungen und Software-Unterstützung“, urteilt Simon. Guth bemerkt hier einen zentralen Satz: „Das ist die klassische Digitalisierung. Prozesse transparent zu machen und mit den Daten eine schnellere Reaktions- und Bearbeitungszeit zu erreichen.“ Kurzum: Abläufe in Maschinensprache (Daten) umzuwandeln und damit Dinge zu ordnen. Dann kann man dies organisatorisch nutzen, um Optimierungen herstellen zu können. Im gleichen Schritt kann die Software Denk- und Routinearbeit übernehmen, was Ressourcen freisetzt.
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BildergalerieISS und Carano Software: Management neu denken
Das ist längst kein Geheimnis, aber es schafft Abhängigkeiten, sofern man den eigenen Datentrichter nur einem Anbieter öffnet. Deshalb setzt Simon bewusst auf kleine Satelliten für einzelne Problemlösungen, die um die zentrale Verwaltungs-Software kreisen. So landete man im Orbit von Carano. Statt die Generallösung ständig für „Extralocken“ teuer nachzurüsten, etabliert man Spezialisten, die schnell und günstig angebunden werden können. In der Kundenbeziehung zu ISS ist Carano einer dieser externen Spezialisten. Das Berliner Software-Unternehmen entwickelt wiederum selbst mit Fleethouse nun eine Umgebung, an die diese Externen eingebunden werden können.
Der Hub-Gedanke lebt also in Berlin-Steglitz auf. „Wir gehen hier in Vorleistung und investieren in eine Plattformtechnologie, um damit ein Produkt zu schaffen, das es ermöglicht, Fuhrparkmanagement neu zu denken.“ Dieser Satz von Guth hat Gewicht und beinhaltet eine zentrale Konsequenz. Denn statt stationärer Software-Lizenzen wandert alles in die Cloud. Das ändert auch den Umgang mit der Software selbst – so denkt man mittlerweile stärker über digitale Antragsstrecken nach, die im Self-Service des Kunden enden können, aber in jedem Fall einen volldigitalen Prozessweg erfordern. „Das ist das Ziel“, betont Guth, denn weder ISS noch die anderen Carano-Kunden können schon jetzt auf eine derartige Plattform zurückgreifen.
Die Software – oder künftig die Plattform – ist nur Mittel zum Zweck und dieser heißt unter anderem, für Mobilität zu sorgen, wenn die ISS-Mitarbeiter zur Objektüberwachung, zum Gebäudereinigen oder zur Verpflegung im Catering ausrücken. Da einer der ISS-Ankerkunden in Berlin der Energieanbieter Vattenfall ist, braucht es wenig Fantasie, um zu erraten, wie die nötigen Fahrzeuge angetrieben werden sollen: emissionsfrei. Die Anforderung, die eigene Flotte zu elektrifizieren, kennt Guth natürlich auch von anderen Fuhrparkkunden. „Unterschiedlich ist hier die Dynamik, mit der dies geschieht. Und diese ist dort am stärksten, wo – wie im Fall von ISS – der Kunde unseres Kunden der Treiber ist.“
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BildergalerieGreen Fleet per Knopfdruck
Aber was heißt das konkret? Am Anfang steht immer eine Analyse. „Dabei schauen wir auf die Restleasingdauer, das Tankverhalten, den Aktionsradius und weitere Parameter, die wir zu dem Fahrzeug und dem Fahrer haben“, erklärt Simon, „mit dem Ziel, beim nächsten Leasingwechsel jene Fahrzeuge zu elektrifizieren, die passend sind.“ Dass der Fahrer Dinge oft anders wahrnimmt, was sein eigenes Fahrprofil betrifft, können wohl viele Fuhrparkleiter nachvollziehen. „Hier helfen uns die Daten, einige Argumente zu entkräften. Auch wenn die Daten per se nicht immer absolut recht haben, können sie doch dabei helfen, mit neuen Ideen zu starten“, wirbt Simon. Das Startsignal ist auch für Guth das wichtigste Zeichen in diesem Prozess, denn die Besonderheiten der jeweiligen Flotten hängen nicht allein von der Kraftstoffart ab. Genau diese Analyse, hin zur „Green Fleet“, gibt es per Knopfdruck auf Fleethouse. Da sich gerade die Rahmenbedingungen rund um die Elektromobilität ständig ändern (Lieferzeiten, Förderung, Ausbau der Ladeinfrastruktur), ist die Analyse mancherorts eher ein Fingerzeig, aber das hat Guth eingepreist, wenn er sagt: „Wichtig ist, loszulegen.“
Das genauere Kennen der eigenen Kennzahlen sorgt dann dafür, dass man Mobilität, die bislang mit Variablen bepreist wurde (Leasing, Kraftstoff, Reifen, Versicherung etc.), plötzlich durch jene ersetzen kann, die mit Fixkosten agiert (Abo). Auf der entgegengesetzten Seite suggerieren Mobilitätsalternativen, dass der Kostenblock „Mobilität“ als Ganzes – unabhängig davon, wie hoch die fixen und variablen Kosten sind – deutlich schmaler als bisher ausfallen kann. Im Urbanen kommen hier etwa die Lastenräder ins Spiel. Das Spielfeld wird also größer und damit schnell unübersichtlich. Die Lösung heißt auch hier: Digitalisierung.
ISS und Carano Software: Gesunder Menschenverstand
Dass, wer Digitalisierung sagt, zwangsläufig auch Künstliche Intelligenz mit meint, ist für Guth nicht ausgemacht. „Viele Berechnungen und Überlegungen im Kontext des Fuhrparks brauchen allein den gesunden Menschenverstand, um effektiv gelöst zu werden“, entmystifiziert er. Die Angst, dass Digitalisierung gerade Angestellte, die Routinearbeiten erledigen, arbeitslos werden lässt, entkräftet wiederum Simon ein Stück weit. „Die Software bildet Arbeitsprozesse ab und hilft dem Nutzer dabei, dies umzusetzen. Den Mitarbeiter brauche ich dennoch immer. Kündigt nun aber dieser Mitarbeiter, dann brauche ich einen Ersatz, der sich in der Regel erst in diese Themen einarbeiten muss. Ist nun die Software aber smart, dann kommt es hier zu keinen Brüchen und sorgt für Stabilität im System, da das Bedienen auch für einen Neuling leicht ist und parallel mehrere Mitarbeiter am gleichen Problem arbeiten können.“ Man könnte auch sagen: Ganz wie eine funktionierende geschäftliche Partnerschaft funktioniert.