Die IAA startet mit Blaulicht. In der Stadt wie auf dem Messegelände stoppt der Protest jene Mobilität, welche seit zwei Jahren den Namen der automobilen Leitmesse nicht nur ergänzt, sondern prägt. Entspannter ist die Anreise zu den Messehallen im Osten der Isar-Metropole, die zum zweiten Mal Frankfurt als die IAA-Stadt beerbt hat, mit der U-Bahn. Dabei passiert man unter anderem die Haltestelle Trudering, wo ein Wandbild an die wohl bayerischste aller Sportarten erinnert: das Fingerhakeln.
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So kann man auch die IAA Mobility verstehen. Auf der Straße wird ausgefochten, wer (wie viel Verkehr) und wie (Auto, Fahrrad, Roller etc.) hier rollen soll oder künftig darf. Das betrifft auch die Frage nach dem "mit was für einem Auto"? Die Antwort darauf wird anders als in den vergangenen Dekaden nicht mehr automatisch mit den Marken des Messegastgeberverbandes (VDA) definiert, sondern kann durchaus auch Mandarin klingen.
IAA 2023 in Bildern
BildergalerieIAA Mobility 2023: Xpeng als Paradebeispiel
Xpeng ist hierfür ein gutes Beispiel. Vor neun Jahren passte die Gründer-Crew noch auf ein Foto, das Vice Chairman Brian Gu im Rahmen der Pressekonferenz zeigte. Die Bildunterschrift lautete: The early days in Guangzhou. Neun Jahre später ist man Gast in München und zwar mit wettbewerbsfähigen E-SUV und -Limousinen. Die Stückzahlen sind noch marginal, die Pläne indes imposant. Nach Norwegen – wo man zuerst den Schritt nach Europa wagte, denn das ist der ausgereifteste E-Markt, vermutlich sogar der Welt – kommt jetzt Deutschland als Flagge dazu. Der zugehörige Managing Director ist ein Bekannter in der Branche. Markus Schrick heißt er und er erlebte an diesem Montag zur Pressekonferenz seinen zweiten Arbeitstag. Früher war Schrick bei Toyota, Hyundai, Tropos und jetzt bei einem Start-up, das sich ganz anders anfühlt.
Video: Die Highlights der IAA Mobility
Denn spätestens seitdem VW mit Xpeng kooperiert und gemeinsam zwei Fahrzeuge für den chinesischen Markt entwickeln will, fragt man sich, was ist geschehen, dass ein nicht mal zehnjähriges Unternehmen plötzlich zum wichtigen Helfer für den Giganten VW auf dem wichtigsten Automarkt der Welt geworden ist? Die Antwort lautet Geschwindigkeit. Noch sind – wie erwähnt – die Mengen an Fahrzeugen, die beispielsweise Xpeng aus den chinesischen Werken nach Deutschland schickt, klein und ein Händler- und Servicenetz wird langsam etabliert (15 bis 20 Partner sollen es bis zum Jahresende werden).
Deshalb startet man mit einem teuren E-SUV, das sich auf der kurzen Probefahrt (mit dem Highend-Modell für 72.000 Euro brutto) durchaus bewährt hat. Aber Luft nach unten – für kleinere und vor allem günstigere Modelle – ist bei der Vielzahl an neuen Auto-Marken aus China eine ganze Menge vorhanden.
So etwa bei BYD, dem großen E-Player aus dem Reich der Mitte, auf dessen imposanten Stand auf der Messe (in der Innenstadt war er eher kleiner) schwimmen sich auf der Videowand nicht nur Delfine frei (in Anlehnung an das Modell Dolphin), sondern hier posiert eine ganze Palette von E-Modellen, die per Knopfdruck fahrbereit wäre.
IAA Mobility 2023: Brave Gegenwart, mutige Studien
Angst vor den neuen Playern hat zumindest eine Marke nicht, die auf der Messe Understatement betreibt, aber (im Gegensatz zu vielen etablierten Automarken) Präsenz zeigt. Die Ausstellungsfläche erinnert zwar eher an ein Nobelliege am Pazifik, denn die Parzelle ist weiß und luftig gehalten, aber wer seine Fans hat, dem reicht ein leuchtendes “T” als Fixstern aus – und alle pilgern hin.
Newcomer auf der IAA
BildergalerieGeradezu mutig wirkt dagegen BMWs “Neue Klasse”, die gleich polarisiert, aber auch direkt zum Erfolg verdammt ist, wenn sie in zwei Jahren Wirklichkeit sein soll. Brav wirkt hingegen der fahrbereite ID.7 bei VW, der die Geschwindigkeit namens Elektromobilität zwar massentauglich einbremst, so dass auch die deutschen Kunden gerne einsteigen, aber die Dynamik, die weltweit rund ums E-Auto entstanden ist, fühlt sich insgesamt wuchtiger an. Das Blaulicht am Messe-Morgen galt also nicht nur dem Geschehen vor den Messe-Hallen, sondern auch jenem an manchen Ständen der Etablierten.