_ Häufig weisen die Reparaturbetriebe diese Kosten auf der Rechnung gesondert aus. Doch was dann geschieht, werden die meisten Unfallgeschädigten bereits erlebt haben: Der Kfz-Versicherer des Verursachers kürzt den Regulierungsbetrag um diese Position - oft anhand eines sogenannten "Prüfberichtes" - und verweist darauf, dass es sich um "Gemeinkosten" handelt.
Das Standardschreiben lautet häufig wie folgt: "Probefahrten gehören zur Ausgangskontrolle einer Werkstatt. Diese werden durch den Werkstattmeister (dispositives Personal) durchgeführt und dienen zur abschließenden Beurteilung der durchgeführten Reparaturen und deren Qualität. Als Bestandteil der kalkulierten Gemeinkosten (Service-Leistungen) können diese nicht zusätzlich in Ansatz gebracht werden."
Auch wenn es durchaus sinnvoll sein kann, Reparaturrechnungen als Geschädigter im Hinblick auf die einzelnen in Rechnungen gestellten Positionen zu hinterfragen, so obliegt es doch dem Reparaturbetrieb, entsprechende Kostenstellen zu kalkulieren und gesondert auszuweisen, anstatt sie auf Allgemeinkosten intransparent aufzuschlagen.
Urteile für die Erstattungsfähigkeit
Aus diesem Grund hatten sich im Laufe des vergangenen Jahres auch immer wieder Gerichte mit diesem Thema zu beschäftigen. Diese vier aktuellen Urteile legen nachvollziehbar dar, warum diese Position zu den erstattungsfähigen Schadensersatzkosten gehört und durch den Versicherer zu erstatten ist.
- AG Heinsberg, Urteil vom 28.03.2013, Az. 36 C 81/12: Das Gericht sprach dem Geschädigten die Arbeitskosten für die Durchführung einer abschließenden Probefahrt zu. Abzustellen ist hier auf die Erforderlichkeit der Kosten. In dem zugrundeliegenden Fall hat ein Sachverständiger bestätigt, dass die Probefahrt nach einem Austausch der Reifen und der Fahrzeugtür erforderlich war, um zu kontrollieren, ob das Fahrzeug spurtreu lief und die Tür ordnungsgemäß eingebaut war.
- AG Erkelenz, Urteil vom 07.06.2013, Az. 14 C 120/13: Das Gericht sprach hier die Kosten der Erforderlichkeit bereits aus beweisrechtlichen Gründen wie folgt zu:
"Soweit die Beklagte vorträgt, die - als solche nicht bestrittenen - nach Abschluss der Reparaturarbeiten durchgeführte Probefahrt sei bereits in den regelmäßigen Arbeitskosten enthalten, ist dies ohne jede Substanz und erfolgt ersichtlich ins Blaue hinein, so dass auch insofern - ohne weitere Beweiserhebung - von einer Erforderlichkeit i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB auszugehen war."
- AG Walsrode, Urteil vom 17.03.2014, Az. 7 C 606/13(11): Ebenso sprach das Amtsgericht Walsrode die Kosten der Probefahrt zu, denn diese gehören zu den erforderlichen Kosten, die bei einer fachgerechten Reparatur aufgewendet werden müssen, um den Schaden zu beseitigen.
- AG Freising, Urteil vom 07.08.2014, Az. 1 C 221/14: Aktuell hat auch das AG Freising entschieden, dass Probefahrten in Reparaturbetrieben einen zeitlichen Aufwand auslösen und erstattungsfähig sind. Dies immer dann, wenn eine Probefahrt nach erfolgter Reparatur durchzuführen ist.
Praxishinweis
Nicht jede Reparatur zieht eine Probefahrt nach sich. Sofern eine solche jedoch zur Überprüfung der Reparatur erforderlich ist, darf der Sachverständige oder die Werkstatt diese gesondert ausweisen.
Die Kosten sind dann - ob bei fiktiver Abrechnung nach Gutachten oder bei konkreter Abrechnung nach Vorlage der Reparaturkostenrechnung - durch den Schädiger beziehungsweise den dahinterstehenden Versicherer zu erstatten.
Letztlich obliegt es dem Reparaturbetrieb zu entscheiden, welche Kosten er in die Gemeinkosten kalkuliert und welche er gesondert ausweist. Eine versteckte Kalkulation in den Gemeinkosten hätte die (unbefriedigende) Konsequenz, dass bei allen Reparaturen die Kunden anteilige Probefahrten zahlen müssten.
Inka Pichler-Gieser Rechtsanwältin und Fachanwältin für Verkehrsrecht, Partnerin der Kanzlei Kasten & Pichler in Wiesbaden
- Ausgabe 02/2015 Seite 46 (134.9 KB, PDF)