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Freie Fahrt für Nachrüstung

01.10.2019 06:00 Uhr
Freie Fahrt für Nachrüstung

Es fehlte für die Nachrüstung von Euro-5-Dieseln mit SCR-Systemen sowohl die Betriebserlaubnis als auch Klarheit über Zuschüsse. Nun kommt Bewegung in die Sache, die auch Kauffuhrparks betreffen kann.

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Die sogenannte Hardwarelösung zur Reduktion des Stickoxidausstoßes bei Dieselfahrzeugen der Schadstoffklasse Euro 5 stieß sowohl bei den Fahrzeugherstellern als auch im Bundesverkehrsministerium lange Zeit auf wenig Gegenliebe. Da der Auslöser für den Dieselskandal in der manipulierten Software der jeweiligen Fahrzeuge lag, sollte es zunächst ein Software-Update richten. Doch diese Maßnahme führte weder zum gewünschten Erfolg noch fand sie beim Autofahrer Anklang. Immer wieder gab es Klagen über verschlechterte Fahrleistungen, deutlichen Mehrverbrauch oder gar Folgeschäden, auf deren Kosten die Betroffenen sitzen blieben. Für die wesentlich effektiveren Hardwarelösungen in Form einer Nachrüstung eines SCR-Systems (Selektive Katalytische Reduktion) fehlten bislang sowohl die notwendige Zulassung vom Kraftfahrtbundesamt als auch die Zusagen der einzelnen Automobilhersteller für eine finanzielle Beteiligung an den Umrüstkosten. Erst Ende 2018 wurde eine technische Richtlinie für die Nachrüstlösungen veröffentlicht. Demnach müssen die Systeme für Fahrzeuge bis 2,8 Tonnen mindestens 100.000 Kilometer beziehungsweise 60 Monate einwandfrei funktionieren, der Stickoxidausstoß muss sich auf höchstens 270 Milligramm pro Kilometer reduzieren.

Im Juli 2019 erteilte das KBA dann die erste Betriebserlaubnis (ABE) für das SCR-System von Dr. Pley Technologies, das bei Bosal Retrofit gefertigt wird, für den Einbau in Dieselmodelle von Volvo und Mercedes-Benz. Für einige Selbstzünder von BMW soll es ebenfalls bald die Hardware-Nachrüstung geben. "Nach der Sommerpause gehen wir noch die Motoren EA189, EA288 und EA897 von VW an", so Pley. Mitte August erhielt die Baumot Group (Twin Tec) die Betriebserlaubnis für ihr SCR-System zum Einbau in über 60 Modellen des VW-Konzerns und deckt nun damit laut Baumot-Chef Marcus Hausser rund 1,3 Millionen betroffene Fahrzeuge des VW- Konzerns ab.

Auslieferung beginnt

Man will zudem die ABE für die Nachrüstung von Fahrzeugen weiterer Hersteller beantragen, um zeitnah für alle relevanten Volumenmodelle eine Nachrüstlösung anbieten zu können. Einer Nachrüstung der betroffenen Fahrzeuge steht somit von technischer Seite her nichts mehr im Wege. Die Auslieferung der ersten Nachrüst-Sets soll jetzt im Herbst anlaufen. Eine Einschätzung des Marktpotenzials ist derzeit noch schwierig. Rund 5,5 Millionen Euro-5-Diesel waren Ende 2018 in Deutschland zugelassen. Im Gegensatz zu Volvo haben sich Volkswagen und Daimler dazu bereit erklärt, eine Nachrüstung mit bis zu 3.000 Euro finanziell zu unterstützen. Dies gilt jedoch nur in bestimmten Regionen. Die Bundesregierung hat 15 "Intensivstädte" festgelegt, in denen die Stickoxid-Belastung besonders hoch ist. Die Förderzusagen beschränken sich derzeit auf diese Städte und das Umland. Damit sind aktuell rund 1,5 Millionen Fahrzeuge förderfähig.

Nach Daimler hat auch Volkswagen auf den jeweiligen Homepages die Förderbedingungen und Förderanträge freigeschaltet. Sowohl Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) als auch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) und der ADAC fordern jedoch weiterreichende Zugeständnisse der Hersteller. Zum einen sollen die Hersteller die kompletten Kosten für die Nachrüstung übernehmen (bis zu 4.500 Euro). Der ZDK fordert außerdem eine flächendeckende Förderung ohne Begrenzung auf bestimmte Regionen, denn dies würde laut ZDK-Präsident Jürgen Karpinski zu einem regionalen Ungleichgewicht im Handel und bei den Verbrauchern führen.

Geringer Mehrverbrauch

Mit der Nachrüstung eines SCR-Systems reduziert sich der Stickoxid-Gehalt im Abgas auf deutlich unter die geforderten 270 Milligramm pro Kilometer. Baumot gibt eine Reduktion auf circa 50 Prozent des Grenzwerts an. Die Werte wurden im realen Fahrbetrieb (RDE-III) gemessen. Laut Gesetzgeber ist ein Kraftstoff-Mehrverbrauch bis sechs Prozent erlaubt. Dr. Pley ermittelte einen Mehrverbrauch bei Volvo-Fahrzeugen von 3,2 Prozent, bei den Mercedes-Benz-Modellen konnte im Rahmen der WLTP-Messung kein gestiegener Verbrauch gemessen werden.

Das SCR-System von Dr. Pley arbeitet in einem Außen-Temperaturbereich von minus 7 bis plus 40 Grad, die Reduktion der Stickoxide beginnt bei einer Abgastemperatur ab 120 Grad Celsius, Baumot gibt für sein BNOx-System 150 Grad Celsius an. Beide Systeme überwachen und steuern die Abgasbehandlung mittels eigener Steuergeräte. Diese regeln unter anderem das Thermomanagement und die dosierte Einspritzung von Adblue. Angst um Motorschäden muss man laut Dr. Pley nicht haben:"Ein Druckverlust von 20 Millibar in unserem System hat keine Auswirkungen auf den Motor."

Beide Hersteller liefern fahrzeugspezifische, vorgefertigte Baugruppen inklusive Steuergerät und Kabelstrang, deren Einbau in geschulten und zertifizierten Fachwerkstätten mit drei bis vier Stunden veranschlagt wird. Der Vertrieb läuft über ausgesuchte Logistikpartner (Baumot) beziehungsweise Vertragshändler (Dr. Pley).

Eigene Regeln für Transporter

Von drohenden Fahrverboten besonders betroffen wären Transporter über 2,8 Tonnen, die vor allem im Lieferdienst, bei Handwerkern und in kommunalen Fuhrparks vorkommen. Um sie kümmern sich die Firmen HJS und Oberland Mangold. HJS hat bereits im August die ABE für Mercedes-Benz (Sprinter) und VW (T5) erhalten, Oberland Mangold befindet sich derzeit in der Homologationsphase. Anders als bei den Pkw gibt es hier keine festen Grenzwerte, sondern die Vorgabe, ausgehend vom Ursprungswert eine Reduktion des NOx-Ausstoßes von bis zu 85 Prozent zu erzielen. Dies wird in einem speziellen Prüfzyklus auf der Straße ermittelt, der auch den Stop-and-go-Betrieb, wie er für Lieferdienste oder bei Kommunalfahrzeugen typisch ist, berücksichtigt. Laut den Herstellern konzentriert man sich derzeit auf den Transporterbereich, weil der Einbau wegen der größeren Platzverhältnisse einfacher ist und, bis auf kleinere Anpassungen bei unterschiedlichen Modellen, mit einem Baukastensystem gearbeitet werden kann.

Fördermittel kommen auch hier vom Bund. Die Anträge waren im ersten Förderaufruf auf der Website der Bundesanstalt für Verwaltungsdienstleistungen (BAV) bis Ende September zu stellen.

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