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Fleetcompetence: Es droht WLTP 2.0

11.02.2019 14:00 Uhr
Fleetcompetence: Es droht WLTP 2.0
Tobias Kern (l.), Thilo von Ulmenstein (M.) und Matthias Engel beraten europaweit Fuhrparks in Sachen Car Policy und Mobilitätsstrategien und setzen diese Ideen dann mit um.
© Foto: Rocco Swantusch/Autoflotte

Thilo von Ulmenstein, Managing Partner Fleetcompetence Europe, Tobias Kern, Managing Partner Fleetcompetence International, und Matthias Engel, Global Sales Director Fleetcompetence Group, über die drängendsten Fragen der Fuhrparkleiter.

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Flottenmanagement ist nur etwas für globale Fuhrparks, stimmen sie dieser Aussage zu?

Tobias Kern: Der Markt entwickelt sich in zwei Richtungen. Die Großflotten haben schon vor Jahren angefangen, sich zu internationalisieren oder, besser gesagt, zu globalisieren. Wir stellen nun aber fest, dass verstärkt die mittleren Flotten die Vorteile einer internationalen Fuhrparkmanagement-Strategie erkennen. Da der Fuhrpark auch hier zu den wesentlichen Treibern von Kosten zählt, beginnen diese meist zwischen 1.000 und 2.000 Einheiten großen Flotten ein professionelles beziehungsweise zentrales Category Management zu entwickeln. Dies ist mit dem Ziel verbunden, einen einheitlichen internationalen Ansatz samt harmonisierter Lieferantenstrategien zu generieren, um so trotz mittlerer Volumina in den Märkten, wo 50 bis 300 Einheiten auf den Straßen sind, fürs Gesamtunternehmen Skaleneffekte zu erreichen. So sehen wir gerade in den mittleren Flotten international ein wachsendes Kundensegment.

Ein Fuhrpark kostet natürlich dem Unternehmen etwas, allerdings betrifft die Flotte auch viele unterschiedliche Interessen in der Firma. Wer hier sparen will, sorgt für Konfliktstoff.

T. Kern: Obwohl das Thema "Firmenwagen" immer noch häufig sehr emotional gehandhabt wird, stellen wir aktuell fest, dass die Entscheidungen auf internationaler Ebene zunehmend nüchterner getroffen werden. In mehreren Projekten der vergangenen beiden Jahre, die wir begleiten durften, wurden auf Basis von Kostensenkungsmöglichkeiten restriktive internationale Car Policies umgesetzt, in Bezug auf Marken- und Modellwahl. Hierbei ist zu beachten, dass diese Entscheidungen von der Unternehmensführung häufig im Zusammenspiel mit dem Betriebsrat getroffen werden. Dies gelingt nur bei ausgewogenen Konzepten, die die Finanz-interessen des Unternehmens und die Interessen der Mitarbeiter gleichermaßen im Auge haben.

Matthias Engel: Das Interesse an externer Hilfe wie wir sie bieten, rührt nicht nur aus den finanziellen Überlegungen, sondern leitet sich oft aus den eigenen begrenzten Ressourcen im Unternehmen ab, die nicht mehr so üppig vorhanden sind. Ich kann mich noch an Zeiten erinnern, da umfassten Fuhrparkabteilungen zehn, fünfzehn Mitarbeiter. Heute ist es oft eine Person.

Das hat den Vorteil, dass man einen Ansprechpartner hat. Laufen die Prozesse dann insgesamt reibungslos?

M. Engel: Ich durfte sehr eng ein Projekt eines Category Managers begleiten, der mehr oder weniger kalt in das Thema reingeworfen worden ist und auf nahezu zehn europäischen Märkten ein einheitliches Fuhrparkmanagement implementieren sollte. Am längsten haben wir dabei das Thema Datenschutz beackert.

T. Kern: Die Herausforderung ist hierbei, eine pragmatische Lösung zu finden. Für alle Beteiligten ist das Thema Datenschutz neu und so lange eine breite Basis von rechtskräftigen Urteilen dazu fehlen, bleibt eine gewisse Grauzone. Deshalb hilft es, dass sowohl der Fuhrparkbetreiber als auch dessen Lieferanten einen Lernprozess mit einem pragmatischen Ansatz beginnen. Dieser Findungsprozess wird die Branche auch in diesem Jahr beschäftigen.

Zu den internationalen Problemen wird im Moment die WLTP-Thematik zählen.

Thilo von Ulmenstein: Auf jeden Fall, denn das ist ein europäisches Thema. Ein schönes Beispiel aus der Schweiz, wo ein Finanzvorstand auf sein neues Fahrzeug wartete. An dem Tag, als wir mit ihm im Meeting saßen, teilte ihm morgens die Leasinggesellschaft mit, dass diese leider nicht ausliefern könne, da der Hersteller Probleme hätte. Wir nennen dies die erste WLTP-Welle. Das neue Fahrzeug ist nicht da, was vor allem emotional schlecht ist. Jetzt kommt allerdings die zweite, noch wichtigere Welle.

Hier geht es dann weniger um die reinen Emotionen?

T. von Ulmenstein: Hier geht es in erster Linie ums Geld. Denn die WLTP-Richtlinie mit den neuen CO2-Werten hat nicht nur in Deutschland direkten Einfluss auf die Kfz-Steuer. In fast allen Märkten gibt es eine CO2-Relevanz. Wenn ich aufgrund meiner bisherigen Herstellerrichtlinien in der Car Policy auf zwei bis drei Autohersteller gesetzt habe, deren Modelle nun besonders hohe Ausschläge bei den CO2-Werten aufweisen, können sich die Leasingraten schnell monatlich um 20, 30 oder 40 Euro verteuern. Und das ist selbst bei 1.000 Fahrzeugen in der internationalen Flotte auf drei Jahre hochgerechnet ein ordentlicher Betrag. Deshalb sehen wir verstärkt wieder Ausschreibungen, um die Auswirkungen des neuen Messverfahrens in TCO zu übersetzen und dies als Grundlage für Verhandlungen mit den Herstellern heranzuziehen. Dies dient dazu, einer möglichen Kostensteigerung entgegenzuwirken.

Sie sprachen beim Datenschutz über Pragmatismus, hilft dieser hier auch?

T. Kern: Eine gewisse Flexibilität kann natürlich wichtig sein, wenn mir die Car Policy erlaubt, dem Dienstwagenfahrer das Auto kürzer oder länger als die standardmäßigen drei Jahre zur Verfügung zu stellen. Wenn das Auto selbst die Euro-6d-Temp-Norm erfüllt, ist es von Fahrverboten im Moment nicht direkt bedroht.

Noch einfacher wäre natürlich der Umstieg auf CO2-neutrale Antriebe. Gibt es hier Projekte, die Sie begleiten?

M. Engel: Die Impulse hin zur grünen Flotte kommen überraschender Weise aus verschiedenen Überlegungen heraus. In einigen Ausschreibungen, an denen unsere Kunden teilnahmen, wurden auch die grünen Initiativen des Unternehmens bewertet. Und plötzlich war der Fuhrparkleiter gefragt: Was machen wir denn eigentlich in dem Bereich? Wie viele Elektrofahrzeuge haben wir in der Flotte?

T. Kern: Zudem kommt es auf den Einsatz an: In Serviceflotten mit hoher Laufzeit wird es zunächst schwer, einen nachhaltigen Ansatz zu finden. Ist der Einsatz auf einen städtischen Bereich beschränkt, verhält es sich anders. Wichtig ist, die Fahrprofile gut zu kennen. Ist dies der Fall, wird man überrascht sein, wie viel im Bereich Elektro getan werden kann, und der Business Case Schritt für Schritt positiver wird.

M. Engel: Finanziell helfen die in mehr und mehr europäischen Märkten verfügbaren Subventionen für E-Fahrzeuge, um in vielen Fällen einen Business Case zu erhalten. Vor zwei Jahren war diese Lücke viel größer, deshalb ist es heute eher eine Einstellungssache, die viele davon abhält, selbst das Feld der Elektrifizierung zu betreten.

Einen großen Schub soll die nun geltende Steuererleichterung speziell für die E-Modelle bringen. Glauben Sie das auch?

T. Kern: Interessanterweise kommen bei einigen unserer Kunden die Anfragen dazu vermehrt "top down" aus den Unternehmen. Mitarbeiter aus dem mittleren oder oberen Management rechnen plötzlich nach, wie ihr Budget mit der 1-Prozent- Versteuerung aussieht und wie mit der 0,5-prozentigen Abgabe für ein E-Fahrzeug. Da es auch bald mehr Fahrzeugalternativen geben wird, wird hier ein gewisser Sog-Effekt erzeugt.

Bleiben wir noch bei der Finanzierung: Der Fahrzeugkauf als alternative Finanzierungsform im Vergleich zum Leasing erscheint aufgrund der niedrigen Zinsen in Verbindung mit der Umstellung der Bilanzierung nach IFRS16 plötzlich sehr attraktiv. Haben dies im vergangenen Jahr die Fuhrparks auch schon so gehandhabt?

T. von Ulmenstein: Vielleicht wächst der Leasinganteil im Moment nicht mehr so stark wie früher, aber wir können nicht feststellen, dass das Pendel bei der Finanzierung in die andere Richtung umschlägt. Gerade in Zeiten, in denen wir einen starken Technologieumbruch erleben, geben die Fuhrparks das Restwertrisiko gern an einen Leasinggeber ab.

Leasing bleibt ein Thema, WLTP auch. Was wird also die Fuhrparkmanager in diesem Jahr am meisten fordern, wenn sie auf ihre Flotte blicken?

T. Kern: Das A und O ist die Budgetplanung anhand der neuen CO2-Werte gemäß WLTP der Fahrzeuge. Zudem sollte man zumindest mit einem halbem Ohr die Steuererleichterung für Stromer und die ersten integrierten Lösungsansätze für E-Mobilität verfolgen, um schnell konkret werden zu können, sobald auch intern die Nachfrage kommt.

M. Engel: Und diese Nachfrage könnte zum Beispiel auch aus dem Personalbereich kommen, denn für die Rekrutierung von Mitarbeitern ist eine lebendige Car Policy wichtig.

Herr von Ulmenstein, Herr Kern und Herr Engel, herzlichen Dank für das Gespräch.

Interview: Rocco Swantusch

Fleetcompetence

Die Fleetcompetence Group unterstützt Firmen bei der Entwicklung und Umsetzung einer wirtschaftlichen und nachhaltigen Mobilität. Dies beginnt mit der Strategiedefinition, geht über die Entwicklung von Lieferantenkonzepten, die Durchführung von Ausschreibungen, Begleitung von Vertragsverhandlungen bis zur erfolgreichen Implementierung. Mit hochqualifizierten Beratungspartnern und moderner Technik werden diese Ziele international verfolgt. Zudem werden Flottenmanager und Dienstleister ausgebildet - unter anderem mit einem speziellen Hochschul-zertifizierten Lehrgang im schweizerischen St. Gallen sowie in diesem Jahr neu auch in Frankfurt.

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