Bundesfinanzminister Christian Lindner hat beklagt, dass die Debatte um die Finanzierung von Entlastungen mit bestimmten Begrifflichkeiten ideologisch aufgeladen wird. Man wähle ein Wort, um Gefühle zu erregen, sagte der FDP-Chef am Sonntag beim Tag der offenen Tür der Bundesregierung, als er von einem Besucher nach seinen Vorstellungen zum Dienstwagenprivileg gefragt wurde. Der Begriff "Dienstwagenprivileg" sei schon Politik, sagte Lindner.
"Dienstwagenprivileg. Reiche. Haben einen Dienstwagen. Ein Privileg, kriegen noch Geld vom Staat. Dienstwagenprivileg." Das Wort sei bereits ein "linkes Framing". "Damit Sie im Bauch schon das Gefühl haben, oh, das kann nicht mit rechten Dingen zugehen." Unter "Framing" versteht man die "Einrahmung" eines Begriffes oder eines Sachverhalts in einen bestimmten Bedeutungskontext. Durch diese Darstellungsweise sollen bei den Menschen bewusst Gefühle und Bewertungen zu diesem Sachverhalt ausgelöst werden.
Wer seinen Firmenwagen auch privat nutzen kann, hat einen sogenannten geldwerten Vorteil, der versteuert werden muss. Wird kein Fahrtenbuch geführt, liegt die Besteuerung bei monatlich pauschal einem Prozent des Bruttolistenpreises des Fahrzeugs. Laut Umweltbundesamt liegt der tatsächliche geldwerte Vorteil für den Nutzer aber häufig deutlich höher. Demnach entgehen dem Staat dadurch Steuern von mindestens drei Milliarden Euro jährlich. Lindner wiederholte am Sonntag seine Argumentation, dass die Pauschalversteuerung keinen Steuervorteil bedeute, und verwies auf Studien und Rechtssprechungen.
"Reform des Dienstwagenprivilegs ist überfällig"
Neben Umweltverbänden fordern vor allem die Grünen eine Reform des steuerlichen Dienstwagenprivilegs. Zuletzt hatte sich Co-Parteichef Omid Nouripour dafür ausgesprochen. Das Dienstwagenprivileg spielte auch in der Diskussion um eine Nachfolgeregelung für das Neun-Euro-Ticket eine Rolle.
"Man muss bei der Finanzierung der Entlastungsmaßnahmen auch über den Abbau klimaschädlicher Subventionen reden. Eine Reform des Dienstwagenprivilegs ist überfällig", sagte Nouripour der Deutschen Presse-Agentur. "Wir müssen solche Förderungen gezielt umweltfreundlich gestalten. Zwei Drittel der privilegierten Dienstwagen sind Autos mit mehr als 200 PS." Es gehe darum, Klimaeffekte in die Dienstwagenbesteuerung einzubauen und um Anreize für emissionsfreie Autos.
"Die Frage ist grundsätzlich, ob die deutsche Automobilindustrie weltmarktfähig bliebe, mit einem Geschäftsmodell, das in erster Linie auf große Verbrenner setzt, die ganz viel CO2 ausstoßen", sagte Nouripour. "Es ist Zeit für ein Umdenken, schnellstmöglich und das tun die Firmen ja auch." Manche Parteien täten so, als seien sie auf der Seite der Autoindustrie. Dabei seien sie allenfalls die Schutzpatrone der Vergangenheit. Es sei bedauerlich, dass das attraktivste Elektroauto derzeit von Tesla gebaut werde und nicht von den deutschen Autobauern. Das müsse sich ändern. "Es gibt in den Unternehmen ein Umdenken. Aber das muss auch politisch begleitet werden."