Beim Neuwagenkauf müssen Autohäuser neben dem Spritverbrauch künftig auch den Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß für jedes angebotene Fahrzeug genau ausweisen. Die Vereinbarung von Autobauern und Bundesregierung vom letzten Montag über eine Farbkennzeichnung wie bei Kühlschränken und Waschmaschinen gerät jedoch bereits unter Beschuss. Es zeichne sich ab, "dass mancher PS-starke Spritschlucker mit hohem CO2-Ausstoß" über das geplante Farblabel besser bewertet werde als kleinere und klimafreundlichere Autos, erklärte der umweltorientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) am Sonntag. "Es geht nicht um Klimaschutz, sondern um Verkaufsinteressen", sagte der verkehrspolitische VCD-Sprecher Gerd Lottsiepen der Nachrichtenagentur dpa. "Das ist ein Skandal." Dabei könnten sich die deutschen Hersteller nicht mal ganz vor der ungeliebten Importkonkurrenz schützen. "80 Prozent aller Pkw des japanischen Autobauers Toyota landen bei den grünen Balken", so der Autoexperte des VCD. Bei Volkswagen seien es nicht einmal die Hälfte. "Man hat sich zu sehr auf die schweren Luxuskarossen konzentriert, zu wenig auf den Massenmarkt geschaut und den Klimaschutz ignoriert." Damit sind heftige Diskussionen über das Konzept im einzelnen zu erwarten - ähnlich wie bei der Festlegung der CO2-Grenzwerte in der EU für die Autoflotten der Hersteller, wobei die geländegängigen Luxusfahrzeuge und sonstigen Großkarossen schonend behandelt wurden. Eine seit Jahren umkämpfte Vereinbarung von Bundesregierung und deutscher Autoindustrie war am vergangenen Montag zustandegekommen - nach dpa-Informationen im letzten Moment, um beim Elektroauto-Gipfel zusätzlich positive Nachrichten zu verkünden. Dem Vernehmen nach mussten auch Daimler und VW noch Gegensätze überwinden. An dem Montag erklärte der federführende Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle(FDP): "Ich habe mich mit Bundesumweltminister Röttgen auf eine ambitionierte Energieverbrauchs-Kennzeichnung verständigt." Sie werde auch von den deutschen Automobilherstellern mitgetragen. Umweltressort fordert Tempo Positiv gesehen wird sie im Umweltministerium, wo aber für die Ausarbeitung der Einzelheiten der Farbskala mehr Tempo angemahnt wird. "Die Eckpunkte müssen jetzt schnell vom Wirtschaftsministerium in eine Verordnung umgesetzt werden. Weitere Verzögerungen würden zu Lasten der Autokäufer und der Hersteller gehen", sagte Röttgens Staatssekretärin Katherina Reiche (CDU) der dpa. "Wenn der Käufer die Klimabilanz eines Fahrzeugs auf einen Blick sehen kann, erhöht das den Druck auf Hersteller, klimafreundlichere Fahrzeuge zu fertigen." Das allerdings wird vom VCD bestritten. Unmittelbar verglichen werden können über die Farbskala nämlich nur jeweils Autogruppen gleicher Gewichtsgrößen. Die aushängenden CO2-Werte berücksichtigen das jeweilige Gewicht der Fahrzeuge, so dass Großklassen bei absolut höherem CO2-Ausstoß zum Teil den gleichen Farbbalken erhalten wie geringer emittierende kleiner Autos. Lottsiepen, der bereits erste interne Berechnungen kennt, hält alles für noch schlimmer: "Je schwerer ein Auto ist, desto mehr darf es ausstoßen." So würden der Mercedes S 400 Hybrid mit 250 Stundenkilometern in der Spitze und mit durchschnittlich 186 g/km CO2 je Kilometer sowie der Audi Q7 3.0 TDI Clean Diesel mit immer noch 219 g/km CO2 und der BMW ActiveHybrid X6 mit 231 Gramm auf der Farbtafel im Autosalon immer noch eine Klima-Klasse besser dastehen als die baugleichen handlichen Autos Peugot 107, Citroen C1 und Toyota Aygo mit jeweils nur 106 g/km CO2. Die EU-Verordnung über CO2-Grenzwerte zielt jedoch nicht auf Einzelfahrzeuge, sondern auf ganze Flotten der Hersteller. Von jetzt durchschnittlich unter 154 Gramm je Kilometer soll der Wert bis 2012 auf 130 g/km gebracht werden - bis 2020 auf 95 g/km. (dpa/Wolfgang Bunse)