Die E-Autolobby wehrt sich gegen einen Vorwurf aus der Strombranche: Elektroautos seien keine Gefahr für das Stromnetz, argumentieren der Bundesverband Elektromobilität (BEM) und der Bundesverband Windenergie. Engpässe für die Stromversorgung seien nicht zu erwarten, sagte BEM-Präsident Kurt Sigl der Deutschen Presse-Agentur. Denn nach Einschätzung des Verbands ist nicht zu erwarten, dass Millionen E-Autobesitzer ihre Fahrzeuge gleichzeitig aufladen werden und damit das deutsche Stromnetz überlasten.
Sigl begründete das damit, dass die Akkus stetig leistungsfähiger werden – und viele Autos den Großteil ihrer Lebensdauer gar nicht gefahren werden: "Das durchschnittliche Auto in Deutschland fährt laut Kraftfahrtbundesamt 14.000 Kilometer im Jahr, das sind knapp 40 Kilometer beziehungsweise eine Stunde Fahrzeit am Tag", sagte Sigl. "Im Schnitt steht ein Auto also 23 Stunden am Tag, das lässt viel Zeit zum Nachladen."
Anlass der Diskussion: Insbesondere in der süddeutschen Strombranche herrscht Sorge, dass die zunehmende Verbreitung elektrischer Wärmepumpen und Autos künftig höhere Lastspitzen für das Stromnetz mit sich bringen wird. Ein weiterer Faktor ist, dass die Stromproduktion in Bayern und Baden-Württemberg nach der für Ende 2022 geplanten Abschaltung des letzten Atomkraftwerks voraussichtlich weit unter dem Bedarf liegen wird.
Doch der Elektromobilitätsverband hält die Befürchtungen für unbegründet. "Wir haben elf Millionen Zweit- und Drittfahrzeuge in Deutschland", sagte Sigl. "Eigentlich sollte es Stehzeug und nicht Fahrzeug heißen." Die Prognose des ehemaligen Audi-Managers: "Viele Menschen werden mit ihrem Elektroauto nur jeden dritten Tag an die Steckdose gehen."
Das Beispiel Haarfön
Unterstützung kommt vom Bundesverband Windenergie: Ein E-Auto brauche für 100 Kilometer im Schnitt 17 Kilowattstunden – aufs ganze Jahr gerechnet wären das für die Durchschnittsfahrleistung von 14.000 Kilometern dann 2.400 Kilowattstunden. Das ließe sich leicht mit einer Photovoltaik-Anlage von 18 Quadratmetern Fläche erzeugen, sagte Raimund Kamm, der bayerische Landesvorsitzende des Windenergieverbands. "Das hat Platz auf einem Garagendach."
Kamm nennt ein weiteres Beispiel: Haarföne. "Wir haben 40 Millionen Haushalte in Deutschland. Und in jedem Haushalt gibt es wahrscheinlich einen Fön mit einer Leistung von 1.500 Watt. Wenn alle40 Millionen Föne gleichzeitig liefen, wäre das auch eine große Belastung für das Stromnetz. Aber es werden eben nicht alle 40 Millionen Föne gleichzeitig angeschaltet."
Ein modernes Windrad erzeuge sogar in bayerischen "Leichtwindgebieten" ausreichend Strom für knapp 4.000 Elektroautos, sagte Kamm. Eine Million Elektroautos würden den Stromverbrauch in Deutschland lediglich um ein halbes Prozent erhöhen. "Deutschland exportiert aber jedes Jahr einen hohen Stromüberschuss." (dpa)