Dieser Artikel ist Teil des Autoflotte-Themenspezial "Pflegedienste 2022" - mit freundlicher Unterstützung von Raiffeisen IMPULS Leasing.
Wie organisiert man aktuell und modern Vertrieb und Verkauf eines noch relativ unbekannten Elektromobils? Nicht nur per Web. Am sinnvollsten mit Probefahrten und auf Messen und Ausstellungen, denn neue Konzepte müssen erlebt werden. Und oft passen diese zu etablierten Unternehmen wie Pflegediensten. Wer die Luft des e.Go schnuppern möchte, kann das etwa in Düsseldorf auf der Kö und in Hamburg am Jungfernstieg tun. Dort hat der Aachener Automobilhersteller e.Go Brand Stores eröffnet, um potentiellen Käufern die Fahrzeuge live präsentieren zu können. Life nennt e.Go sein erstes Modell.
Die Philosophie hinter dem 3,35 Meter kurzen Stadtauto ist Nachhaltigkeit. Die Aachener bauen auf Langlebigkeit, kurze Produktionswege und geringen Entwicklungsaufwand. Letzterer hielt sich in Grenzen, denn Tiefziehverfahren und aufwendige Lackierstraßen sucht man auf dem Produktionsgelände des niedlichen Flitzers vergeblich. Der Gründer Günther Schuh ist inzwischen raus, die Insolvenz bereits Geschichte, die Pläne des niederländischen Investors sind groß und international. In Planung ist ein 1:1-Zwilling der Aachener Produktionsstätte in Bulgarien, außerdem ein erstes Werk in Mexiko. Auch weitere Brand Stores soll es geben - nach Deutschland sind Mailand und Athen im Fokus, sogar Dubai ist im Gespräch.
Neue Vorstellungsrunde
Die PR-Kampagne hat den Titel "the time is now". Sie soll die Notwendigkeit neuer aktueller Mobilitätsziele vermitteln und diese vor allem auch beschleunigen. Erschwinglichkeit und Benutzerfreundlichkeit sind gerade im städtischen Umfeld ein möglicher Schlüssel, um Elektromobilität zu pushen und zu verbreiten - auch für Pflegedienste, die mit dem e.Go Life gleich eine auffällige Werbefläche erhalten.
Logisch, dass auf den Flachdächern der Produktionshallen in Aachen flächendeckend Photovoltaik eingesetzt wird, um auch den Strom zur Herstellung des Kleinstwagens stets ökologisch und kostengünstig zu halten. Seit der e.Go Life im letzten Sommer in Produktion ging, ist einiges passiert: Nich nur neue Modelle wurden entwickelt. Für die 21,4-kWh-Batterien soll in diesem Jahr optional eine schnellere Lademöglichkeit umgesetzt werden, um per Typ-2-Stecker mit 11 kW Ladeleistung an der "Zapfsäule" anzudocken.
Was beim Fahren auffiel
Unsere Testrunde vermittelte einen interessanten Eindruck: Die Instrumentierung des e.Go Life, von dem bis Ende 2021 bereits 1.000 Stück gefertigt worden sind, sieht auf den ersten Blick "basic" aus. Sie ist aber beachtlich komplett: Die Kulleraugen leuchten per LED, neben der Klimaanlage gibt es ein Infotainmentsystem mit Apple Carplay, Android Auto, beispielsweise zum Navigieren. Funktionell ist auch der Parkassistent vorne und hinten.
Die Sitze mit integrierten Kopfstützen sind wie die Front- und Heckscheibe beheizbar. Daneben gibt es eine Anfahrhilfe an Steigungen, zur Aktivierung von Scheibenwischer und Lichtanlage wurden Sensoren installiert. Der BMZ-Elektromotor startet per "Zündschlüssel", drei Fahrmodi stehen zur Verfügung, nachdem die konventionelle Handbremse gelöst ist: Sport, Normal und Eco. Manches funktioniert etwas eigentümlich: Zum Starten und Losfahren sind gleich zwei Schlüsselstellungen nötig, zudem sitzt der Rückwärtsgang gesichert hinter "N" am Wahlhebel. Im Display, aber auch direkt am Hebel werden Fahr- und Bewegungsmodi angezeigt. Im Sportmodus erreicht der 57-kW-Motor sein Stadttempo nach 4,3 Sekunden, Topspeed ist 122 km/h. Aber die ist eher zweitrangig, bewegt sich der Zwerg doch primär im City-Einsatz. Da schmerzt etwas der für die Größe vergleichsweise happige Wendekreis von 9,9 Metern.
Das Platzangebot für den Fahrer ist ausreichend, Hinterbänkler über 1,80 m sollten aber keine Luft über sich erwarten. 640 Liter gibt der Hersteller an, wenn beide Rücksitze umgeklappt sind - was leider auch bedeutet, dass bei Vollbesetzung gerade mal das Ladekabel hinter die Heckklappe passt. Die öffnet sich formschlüssig per Remote-Schlüsselsteuerung um die ausgesparten, kreisrunden Heckleuchten herum. Eine Verriegelung der Ladeanschlussklappe wurde nicht vorgesehen. Rost ist beim e.GO sicher kein Problem - der eigens konstruierte Spaceframe aus Leichtmetall ist langlebig. Haube, Heck, Türen und Restkarosserie sind ganz aus Polymer gefertigt und damit unempfindlich, kratzfest sowie leicht, der Kunststoff durchgefärbt und somit matt.
Einzigartig im Elektro-Pkw-Bau ist der konstruktiv einfache Batteriewechsel, falls die Reichweite von 100 bis 125 Kilometer nicht genug ist. In deutlich unter einer Stunde, so erklärt Matthias Kreimeier, der seit 2015 im Vertrieb des Unternehmens tätig ist, ist der rund 200 kg schwere Akku getauscht. Die ersten beiden "Swap-Stationen" im Werk Aachen und in Zülpich sind in Betrieb. Die nächsten Stationen kommen in Düsseldorf und Hamburg, weitere sind in Planung. Der Life, kostet nach Abzug der Umweltprämie von 9.000 (netto) Euro noch rund 13.300 Euro. Leasing ist möglich. Eine App hilft zur Überwachung des Fahrzeug- und Batteriestatus in Echtzeit sowie zur Routenplanung.
- Ausgabe 03/2022 S.34 (241.0 KB, PDF)