Zum 1. Januar 2021 zählte das Kraftfahrt-Bundesamt 314.094 zugelassene Elektrofahrzeuge (BEV) in Deutschland. Aktuell ist der Absatz von BEV und Plug-in-Hybriden (PHEV) so stark wie noch nie. Wurden vor zehn Jahren gerade einmal 2.400 reiner Stromer zugelassen, sprechen wir mittlerweile schon über mehr als das 100-fache. Inklusive Oktober wurden 2021 weitere 267.653 BEV zugelassen.
So viele Elektroautos fehlen noch
Sind all diese Fahrzeuge im Markt geblieben, gibt es laut einer aktuellen Studie von Dataforce knapp über 600.000 BEV im Bestand. Somit fehlen noch 14,4 Millionen Fahrzeuge, die in den nächsten acht Jahren und zwei Monaten laut neuem Koalitionsvertrag zusätzlich zugelassen werden müssen.
Pro Jahr entspricht das einem durchschnittlichen Volumen von 1,77 Millionen Elektroautos beziehungsweise 50 bis 60 Prozent der Neuzulassungen. Ist es also machbar, die BEV-Zulassungen so stark ansteigen zu lassen? Allerdings sollen die bisher mitgezählten PHEV in dieser Rechnung nicht mehr enthalten sein.
Dataforce-Prognose liegt deutlich unter dem Zielwert
Im Rahmen der Neuzulassungsprognose hat der Branchenbeobachter Dataforce die wichtigsten Märkte Europas analysiert und ermittelt, wie viele Neuzulassungen in den nächsten fünf Jahren auf die einzelnen Antriebsarten und Marktsegmente (Private, Flottenmarkt, Vermieter, Händler und Hersteller) entfallen werden. Schaut man sich unter den aktuellen Rahmenbedingungen diese Prognose an, ist das Ziel eher unrealistisch, selbst wenn sich die Förderung stärker von PHEV zu BEV verlagert.
Momentan kalkuliert Dataforce bis 2030 nur mit knapp neun Millionen neu zugelassenen BEV. Doch um einen Bestand von 15 Millionen zu erreichen, werden sogar noch mehr Neuzulassungen benötigt, weil im Laufe der Zeit immer einige Fahrzeuge exportiert oder verschrottet werden.
Wie andere Länder den Elektroanteil steigern
Um dieses Ziel doch noch zu erreichen, muss der Anteil der BEV aus Sicht der Experten schnell steigen, und die Verkäufe anderer Antriebsarten sinken. Das lässt sich nur mit zusätzlichen Anreizen und Änderungen der Rahmenbedingungen schaffen. Hier nutzen die Nachbarländer einige Optionen, die es in Deutschland so bisher nicht gibt.
Norwegen hat in Europa den mit Abstand höchsten BEV-Anteil. Hierfür werden aber auch bis zu 20.000 Euro Förderung pro Fahrzeug aufgewendet. Unter anderem sind Stromer komplett von der Mehrwertsteuer befreit. In Frankreich, den Niederlanden und in UK gibt es dagegen unterschiedlich ausgestaltete Bonus-Malus Systeme. Zu der Förderung für BEV kommen also zusätzliche Steuern für größere Autos mit hohem CO2-Ausstoß. Insgesamt steigt so der finanzielle Anreiz, ohne dass die Fördersummen ein zu großes Loch in den Haushalt reißen.
Diese Anreize gibt es
Auch ein klar kommuniziertes Verkaufsende hat nach Einschätzung von Dataforce eine deutliche Signalwirkung. Während deutsche Autokäufer noch immer zweifeln, ob sich Elektroautos durchsetzen werden, sind sich die Briten dessen schon sicher. "Dadurch beschäftigen sich die Käufer intensiver mit dem Thema und prüfen, schon jetzt, ob ein BEV für sie in Frage kommt", heißt es in der Analyse.
Bei allen finanziellen Anreizen und Verboten darf auch die Ladeinfrastruktur nicht außer Acht gelassen werden. Im Verhältnis zum gesamten Fahrzeugbestand gibt es in den Niederlanden aktuell 8,3 Mal so viele öffentliche Ladepunkte wie in Deutschland. Das Vereinigte Königreich fördert Schnelladestationen über einen 50-prozentigen Investitionszuschuss. Zudem muss ab nächstem Jahr jedes neu geplante Wohnhaus oder Bürogebäude seine Parkplätze mit einer Wallbox ausstatten (wir berichteten).
Fazit
Die Ziele des Koalitionsvertrags hält Dataforce für sehr ambitioniert. Doch wenn sich Deutschland von seinen Nachbarn ein paar Dinge abschaut, lasse sich der Hochlauf der Elektromobilität weiter beschleunigen.