Von Sven Jürisch
Im Sommer 2020 sah die Lage für Elektroautofans düster aus. Zwar hatte die Bundesregierung kurzfristig die staatliche Förderung bei Neukaufen eines E-Autos auf satte 9.000 Euro angehoben, doch der Teufel steckte im Detail. Denn die wenig später veröffentlichte Förderrichtlinie enthielt einen Nebensatz, der den Traum der Doppelförderung zunichtemachte.
2019, also noch vor Corona- und Autokrise, lockten großzügige Förderprogramme als Ergänzung zur damals noch überschaubaren BAFA-Förderung von 2.000 Euro. Regionale Projekte, wie etwa "Saubere Luft" in Hamburg, sollten mit günstigen Leasingraten für einen Zuspruch der Kunden und eine Entlastung der Ballungszentren sorgen. Dazu verdoppelten die Hersteller die Umweltprämie. Machte unter dem Strich für ein Elektroauto 4.000 Euro Förderung zuzüglich der regional ausgestalteten Fördermaßnahme. Der Ansturm war groß und schnell entstanden Lieferzeiten von mehreren Monaten bis hin zu einem Jahr für die bis dato als Nischenprodukt geltenden E-Mobile.
Wechselbad der Gefühle
In die Wartezeit wurde sogar aufgestockt. Plötzlich winkten dem Stromerkunden 6.000 Euro Umweltbonus zuzüglich 3.000 Euro Herstellerzuschuss zuzüglich der im abgeschlossenen Leasingvertrag abgebildeten Sonderförderungen der regionalen Fördermittelgeber. Aus dem sparsamen Elektroauto war über Nacht ein Goldesel geworden und so mancher bestellte gleich mehrere Fahrzeuge, in der Hoffnung, mit einer kurzen Leasingdauer und anschließender Neuanmietung die Förderung mehrmals im Jahr abgreifen zu können. Der Politik war das zu viel, sie zog die Notbremse und sprach ein Kumulierungsverbot aus, wonach die Förderung regionaler Fördermittelgeber nicht mehr mit der BAFA-Prämie zu kombinieren sei. Aus und vorbei mit dem Reichtum durch E-Mobilität. Schuld daran war nach Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums das Verbot der Überförderung. Die Kunden waren erbost und es regte sich Protest gegen die "Rolle rückwärts" des Ministeriums. Schließlich sah man sich getäuscht, denn ursprünglich waren die Fahrzeuge ja mit der Möglichkeit der Doppelförderung bestellt worden. Der Fall lag schließlich beim Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der per Ministerentscheid nun die Situation bereinigte.
So setzte das Ministerium die Doppelförderung mit Wirkung zum 16. November 2020 wieder ein. Die Fördermittel des Bundes sind nun wieder auch für die Kunden erreichbar, deren Autos durch eines der Landesprogramme gefördert wurden. Dennoch gibt es Einschränkungen, die im Detail für Probleme sorgen können. So begrenzt die Leasingdauer die Förderung. Unter 24 Monaten Leasingdauer erfolgt eine Staffelung der Umweltprämie (siehe Grafik). Ab 24 Monaten und mehr erfolgt keine Einschränkung der Höhe des Umweltbonus. Ein guter Ansatz, doch im Detail enthält die aktualisierte Förderrichtlinie noch zusätzlichen Sprengstoff.
Schwierige Rahmenbedingungen
Zwar hat es in der Praxis merheitlich zwischen den Beteiligten eine Verwaltungsvereinbarung gegeben, mit der die doppelte Bezuschussung in Ordnung geht. Doch ob das im Einzelfall zutrifft, klärt erst eine Nachfrage beim regionalen Förderträger. Der BAFA-Umweltbonus kann mit folgenden Förderprogrammen kombiniert werden: Den Förderrichtlinien Elektromobilität und Markthochlauf NIP2 des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), sowie dem Sofortprogramm "Saubere Luft" und dem Flottenaustauschprogramm"Sozial und Mobil" des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU). Fehlt diese Vereinbarung mit dem BMWi, wie es derzeit bei Projekten wie dem BW-e-Gutschein in Baden Württemberg der Fall ist, entfällt die zusätzliche Förderung.
Das trifft auch dann zu, wenn die Fördermittel der regionalen Anbieter bereits ausgezahlt wurden. Etwa an das Leasingunternehmen, was ja die Fahrzeuge unter Einbeziehung der Fördergelder verleast. Allerdings rufen die meisten Leasinggeber die Fördermittel erst dann ab, wenn die Fahrzeuge zugelassen werden. Das ist bei Kunden, die noch auf die Auslieferung warten naturgemäß nicht der Fall. Problematisch ist dies bei denen, die in der Zwischenzeit die Fahrzeuge zugelassen, einen BAFA-Antrag gestellt haben und bereits von den günstigen Leasingverträgen profitieren. Hat in diesen Fällen die Leasinggesellschaft die Fördermittel der Region schon abgerufen, sieht es schlecht aus mit der nachträglichen Inanspruchnahme der höheren Umweltprämie.
Allein im Förderdschungel
Die Situation mag für die meisten ein erfreuliches Ende einer monatelangen Hängepartie sein, doch sie offenbart generelle Probleme der Politik mit dem Thema. Wer sich in den vergangenen Monaten Hilfe suchend an die Hotline der BAFA gewendet hat, wartet bis heute auf eine Antwort. Sucht der Kunde Antworten beim Handel, trifft er auf eine Schar von Verkäufern, denen das Ineinandergreifen der Förderprogramme fremd ist und auch bei vielen Leasingunternehmen herrscht Schweigen, wenn es um die Fragen zum Kumulationsverbot ging.
Doch die Situation bietet auch die Möglichkeiten sich als Service orientierter Anbieter zu profilieren und Kunden für das Thema zu begeistern. So suchte die Deutsche Leasing aus Bad Homburg bereits bei Verkündung des Doppelförderungsverbots den Kontakt zu ihren Kunden, beriet über die Möglichkeiten und schuf den vertraglichen Rahmen, um auf die veränderte Fördersituation im Sinne des Kunden zu reagieren. "Ein intensiver Austausch mit unseren Kunden bildet für uns eine wichtige Grundlage in unserem Geschäft", so Frank Hägele, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Leasing im Geschäftsfeld Mobility. Die Deutsche Leasing berät und unterstützt die Kunden im Bereich der Fördermittel – als integralem Bestandteil ihrer 360 Grad Elektromobilitäts-Strategie.
Wer hingegen – wie etwa bei VW – mit der Thematik alleine gelassen wird, scheitert irgendwann, denn die Möglichkeiten Fehler bei der Beantragung zu begehen, sind zahlreich. Das Beispiel zeigt, wie wichtig künftig ein guter und sachkundiger Service sein wird, will man im Fahrzeughandel auch im Stromzeitalter überleben.
Ladehemmungen der Stromer
Die Irrungen der Politik, die miserable Informationslage durch den Handel und die teilweise langen Wartezeiten auf einfachste E-Mobile, wie etwa den VW e-Up!, führen zu der Frage, inwieweit die Mobilitätswende derzeit überhaupt gewollt ist. Nur wenige Kunden verspüren angesichts des nervenaufreibenden Hin und Her der Förderung noch ungetrübte Freude über ihren Umstieg, auch wenn ihnen mitunter nun ein üppiges Schmerzensgeld winkt. Denn das Desaster geht weiter. Wer den nächsten logischen Schritt der E-Mobilität geht und eine Ladestation samt Förderung bestellen will, erlebt ein Déjà-vu. Auch hier sind die Kunden im Vorteil, die sich auf die Unterstützung des Leasinggebers oder des Verkäufers verlassen können. Individuelle Beratung ist aber etwa bei VW ein Fremdwort, denn dort zeigten sich einige Autohäuser bisher damit überfordert, ihre Kunden optimal über die Fördersituation zu informieren oder sie gar bei der Anschaffung der Ladestation zu unterstützen.
Bleibt zu hoffen, dass die Kunden selbst inzwischen zu Experten in Sachen Fördermittel gereift sind und genug Geduld haben, auch in der zweiten Runde des heitern Elektro-Monopoly durchzuhalten. Denn, ob angesichts der anhaltend schlechten Rahmenbedingungen die Regierung und die Industrie den Umstieg wirklich wollen, bleibt fraglich.
Vollständige Unterlagen sind die unabdingbare Voraussetzung für die Bewilligung der Förderung. Autoflotte stellt zusammen, was benötigt wird:
Kauf
- die Rechnung
- die Erklärung der wahrheitsgemäßen Angaben (das Formblatt wird im Anschluss an die elektronische Antragstellung generiert und zum Download bereitgestellt)
- im Falle des Erwerbs eines Gebrauchtfahrzeugs:
- Einen Nachweis über den Listenpreis des Neufahrzeugs in Form eines Gutachtens der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) oder einer Neufahrzeugrechnung
- eine Erklärung über die maximale Laufleistung des Fahrzeugs von 15.000 Kilometern zum Erwerbszeitpunkt
Leasing
- Leasingvertrag
- verbindliche Bestellung
- Kalkulation der Leasingrate
- die Erklärung der wahrheitsgemäßen Angaben (das Formblatt wird im Anschluss an die elektronische Antragstellung generiert und zum Download bereitgestellt)
- im Falle des Erwerbs eines Gebrauchtfahrzeugs:
- Einen Nachweis über den Listenpreis des Neufahrzeugs in Form eines Gutachtens der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) oder einer Neufahrzeugrechnung
- eine Erklärung über die maximale Laufleistung des Fahrzeugs von 15.000 Kilometern zum Erwerbszeitpunkt.
Weitere wichtige Tipps für Antragsteller:
- Ausschließlich der erstgestellte Antrag ist maßgeblich und wird bearbeitet. Sollten Sie diesen ersten Antrag stornieren, wäre ein erneuter Antrag für dasselbe Fahrzeug als Dublette abzulehnen.
- Antragsberechtigt ist derjenige, auf den das Fahrzeug erstmalig zugelassen wird, nicht der Erwerber (sofern diese sich unterscheiden).
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Nach positiver Prüfung der Unterlagen wird der Zuwendungsbescheid erteilt. Im Anschluss wird der Bundesanteil am Umweltbonus, ohne eine weitere Mitteilung, auf das im Antragsformular angegebene Konto überwiesen.