In einem ungewöhnlichen Schritt hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) offen für die Angebote der Autohersteller zum Umtausch von Diesel-Fahrzeugen geworben. "Wer etwa seinen alten Diesel-Golf gegen einen neuen Golf tauscht, kann zusätzlich von Volkswagen 5.000 Euro Umtauschprämie erhalten. Ich halte das in der Tat für ein gutes Angebot", sagte Dobrindt der "Passauer Neuen Presse" (Samstag). Die Opposition reagierte empört.
"Wer ein altes Diesel-Fahrzeug besitzt und jetzt nicht wechselt, verpasst möglicherweise eine Chance", sagte der Minister gut fünf Wochen vor der Bundestagswahl. Die Umtauschangebote würden zusätzlich zu bestehenden Offerten gelten.
Die Grünen im Bundestag kritisierten die Kaufempfehlung. "Dass Dobrindt jetzt auch noch Reklame für die Rabatt-Angebote einzelner Hersteller macht, zeigt vor allem eines: Er hat jede Distanz zur Autoindustrie verloren und wahrscheinlich nie gehabt", sagte Fraktionsvize Oliver Krischer der Deutschen Presse-Agentur.
Es sei die Aufgabe des Verkehrsministers, die Industrie zu kontrollieren, "nicht für ihre Schnäppchen zu werben." Zudem sei der Umweltnutzen der Rabatte fraglich, da ein neuer Diesel nach Euro-6-Abgasnorm im schlechtesten Fall mehr gesundheitsschädliche Stickoxide ausstoßen könne als ein Euro-4-Diesel.
Der Obmann der Linksfraktion im Verkehrsausschuss, Herbert Behrens, warf Dobrindt Distanzlosigkeit vor. "Bundesverkehrsminister Dobrindt ist nicht einmal mehr bemüht, Regierungsamt und Konzern-Lobbyismus zu trennen", sagte der Bundestagsabgeordnete einer Mitteilung vom Sonntag zufolge. Die Interessen von Verbrauchern und Beschäftigten hätten angesichts solch einer Haltung keine Chance, sagte Behrens.
"Technologieoffen weitergehen"
Experten und Politiker hatten die Ergebnisse des Dieselgipfels Anfang August als unzureichend kritisiert. Dabei hatten die deutschen Autobauer unter anderem zugesagt, selbst "Umstiegsprämien" für Besitzer alter Diesel zu finanzieren. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte die Industrie aufgefordert, nachzulegen. Hingegen hatte Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vor einer "Kriegserklärung" an die Branche gewarnt.
Dobrindt wies die Forderung von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nach einer EU-weiten Quote für Elektroautos als "Schmarrn" zurück. "Ich bin dafür, dass wir technologieoffen weitergehen und nicht die Politik entscheidet, welche Technik zukünftig unsere Autos bewegt." Es sei noch völlig offen, welche emissionsarmen Antriebe in Zukunft zur Verfügung stünden - "ob das ein Wasserstoffauto mit Brennstoffzelle ist, ob das CO2-neutrale, synthetische Antriebsstoffe sind, die in Verbrennungsmotoren angewandt werden, oder alle drei Varianten nebeneinander". (dpa)