"Mit Zucker oder ohne?", fragt Michael John. Er hat zum Gespräch in die Lounge im Heckbereich seines Reisemobils geladen und dafür in der Küche zwischen der Lounge und dem Fahrerbereich einen Kaffee zubereitet. Genau diese Lounge nutzt der selbstständige Personalberater/Headhunter unterwegs fürs mobile Arbeiten, als Rückzugsort auf Dienstreisen oder auch für Meetings mit Geschäftspartnern. Und für den Urlaub.
Der "Hamburger Jung", der nach dem Studium zum Personalfachwirt und einer handwerklichen Ausbildung seit 1991 selbstständig ist, arbeitet heute seit 30 Jahren in der Personalberatung und wohnt in Lübeck. "Das Meer hat uns immer schon angezogen", so Michael John, dessen Nachname hanseatisch-deutsch ausgesprochen wird. Mit "uns" meint er seine Frau und sich. Auch zwei erwachsene Kinder, ein Enkelkind und die 42 Kilogramm schwere Berner Sennenhündin Lotte, die regelmäßig im Reisemobil mitreist, zählen zur Familie.
John gehört als Managing-Partner zur international agierenden QRC Group AG, einem Dachverband, in dem sich 21 Berater zusammengeschlossen haben, die auf Fach- und Führungskräfte spezialisiert sind - jeder mit eigenem Fachgebiet. Johns Schwerpunkt beim Recruiting ist der Energiesektor: Ver- und Entsorgung, erneuerbare Energien, Engineering und kommunale Energieverteilung. Seine eigene Firma beschäftigt drei Mitarbeiter, darunter seine Frau.
Bislang bestand sein Fuhrpark aus zwei geleasten Kombis. "Vor ein paar Jahren haben meine Frau und ich mit fast 60 Jahren aber beschlossen, dass wir nicht nur über Hecken schauen und uns mit Pflichten auseinandersetzen wollen", berichtet John. Seit 20 Jahren fuhren die beiden damals ein großes Wohnmobil, daher kam ihnen die Idee, Privates und Berufliches zu kombinieren. Sechs Monate lang sahen sie sich dafür auf dem Reisemobilmarkt um.
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BildergalerieMichael John: Kombination von Privat- und Berufsleben
Schließlich wurden sie fündig und so komplettiert seit Mitte 2020 neben einem Kia Ceed Sportswagon ein "Megamobil" auf Basis eines Peugeot Boxer ihren gewerblichen Fuhrpark, den sie auch privat nutzen. Das in Slowenien in einer Manufaktur produzierte Fahrzeug, von dem nur 350 Stück jährlich entstehen, hat einen Ausbau aus Massivholz, eine 2,5 Zentimeter dicke Schall- und Wärmedämmung aus Holz und eine Rundsitzecke, die zum zwei Meter breiten Bett werden kann.
"Dieses Gesamtpaket und die Lounge gibt es sonst in Kastenwagen nicht", begründet John die Entscheidung. "Das Megamobil bietet uns viel Flexibilität, wir kommen damit in jede Stadt - folglich vermissen wir nichts durch unseren Wechsel vom großen Wohnmobil auf den Kastenwagen."
Unterwegs müssen sie dank Kühlschrank, Küche, Vollbad mit Dusche und WC, TV und diversen Stauflächen ebenfalls auf nichts verzichten. Da das Auto mit einer Diesel-Elektroheizung ausgestattet ist, reicht ihnen eine 5-Liter-Gasflasche für den Betrieb der Kochplatten und des Grills. Statt nur auf die Standardbatterien zu setzen, haben die Johns ein 165-Watt-Solarpanel auf dem Dach nachrüsten lassen, im Fahrzeuginnern zudem zwei 100-Ah-Lithium-Batterien und einen 2.000-Watt-Stromumwandler. "So sind wir bis zu fünf Tage ohne externen Strom autark", erklärt John. Router und SIM-Karte sorgen für das Internet zum Arbeiten.
Aber wie geht das - ein Reisemobil als Firmenwagen? "Das Finanzamt hat uns bei der Anschaffung bestätigt, dass das Fahrzeug über die Firma mit der Ein-Prozent-Regelung besteuert werden kann", berichtet John. So müsse er kein Fahrtenbuch führen. Zudem war ihm wichtig, das finanzierte Fahrzeug offiziell auch privat nutzen zu können. Laufende Kosten setzt er geschäftlich ab. Wenn er damit auf dem Weg zu einer Messe im Ausland ist, können das auch mal Maut- oder Stellplatzkosten sein. Mit der DKV-Box an Bord werden alle Belege transparent verwaltet. "Gleichzeitig spart man mit dem Reisemobil einige Kosten wie Hotelübernachtungen", ergänzt er.
Michael John: Disziplin bei der Arbeit
Und wie klappt das Arbeiten unterwegs? "Ob ich meine Geschäfte von Deutschland aus abwickle oder von unterwegs: Das macht keinen Unterschied", so John. "Aber ich genieße es sehr, am Feierabend einfach aus dem Fahrzeug zu steigen und schon ist man da, wo es einem gefällt." Für diese Flexibilität plant John Telefonate und virtuelle Meetings entlang der Reisestrecke ein - und wenn er einige Stunden konzentriert im Reisemobil arbeitet, schließt seine Frau die virtuelle Tür zu seinem Arbeitsplatz in der Lounge. "Diese Disziplin auf Reisen muss man lernen", so John. "Man ist eben nicht nur im Urlaub."
Kollegen und Kunden reagieren meist positiv auf seine Entscheidung, nicht nur von zu Hause aus zu arbeiten. "Corona hat gezeigt, dass in manchen Berufen mobiles Arbeiten funktioniert", so John. Aber natürlich müsse das private Umfeld bei so einem Leben mitziehen. "Wer ebenfalls mit dieser Idee spielt, sollte im Vorfeld ein Reisemobil mieten und das Arbeiten auf Reisen gemeinsam mit dem Partner ausprobieren", empfiehlt er.