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Die Zugkraft des Mindestlohns

30.01.2015 06:00 Uhr
Die Zugkraft des Mindestlohns

Die neue Möglichkeit, Fahrzeuge online abzumelden, ist im ersten Schritt für Privatkunden interessant. Für Flottenzulassungen deutlich spürbarer werden die Auswirkungen des Mindestlohngesetzes.

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_ Es klingt simpel und sinnvoll: das Abmelden eines Autos mit wenigen Mausklicks und Eingaben in ein Web-Formular. Seit dem Jahreswechsel ist dies technisch möglich. Den gesparten Gang zur Behörde erkauft man sich indes durch eigene Mehrarbeit.

Grundlagen

Konkret muss der Fahrzeughalter, dessen Fahrzeug nach dem 1.1.2015 neu oder wieder zugelassen wurde, drei Dinge dafür parat halten: Einen Personalausweis mit eID-Funktion, der als elektronischer Identitätsnachweis dient, ein Kfz-Kennzeichen mit Siegelplakette, die einen Sicherheitscode freigibt, sobald man sie abzieht (siehe S. 38) und drittens muss auf der Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) ein Sicherheitscode vermerkt sein. Alle Dokumente und der Fahrzeughalter sind damit eindeutig zuortbar.

Doch was heißt dies für Flotten? An dem Projekt beteiligt war unter anderem DAD. Matthias Gauglitz, Geschäftsführer Vertrieb DAD Deutscher Auto Dienst, blickt zurück: "Als Prozessdienstleister arbeiten wir in verschiedenen Pilotprojekten und an Testszenarien, um für unsere Kunden optimale, reibungslose und sichere Zukunftsprozesse zu entwickeln, die im Markt neue Standards setzen. So ist das Know-how des DAD in das Projekt der Arbeitsgemeinschaft eKfz eingeflossen, an der die Christoph Kroschke Gruppe als Projektpartner beteiligt ist. Zusammen mit Partnern hat unsere Unternehmensgruppe in der Arbeitsgemeinschaft eKfz die Möglichkeiten des neuen Personalausweises für den Bereich der elektronischen Kfz-Dienstleistungen geprüft und erste Anwendungen entwickelt." So weit, so gut. Das Gros der Flotten greift beim An-, Um- und Abmelden seiner Fahrzeuge allerdings auf Zulassungsdienste zurück oder lässt dies über das Autohaus respektive die Leasinggesellschaft abwickeln, die wiederum das Thema oft an Zulassungsdienste outsourcen.

Prozedere für Flotten

Diese Dienstleister kümmern sich indes um weit mehr als nur den bürokratischen Akt des An- und Abmeldens. "Für unsere Flottenkunden übernehmen wir in der Regel ganze Prozessketten, in denen die Abmeldung oder auch Zulassung nur ein Teilbaustein ist, der in den gesamten Workflow integriert ist", stellt Gauglitz heraus und ergänzt: "Im Fokus steht, dass der Gesamtprozess von der Terminabstimmung über die Rückholung und Zustandsdokumentation des Fahrzeuges, die Rücksteuerung von gelagerten Dokumenten und Materialien sowie die termingenaue Abmeldung optimal koordiniert ablaufen und die Prozessschritte reibungslos ineinandergreifen. Dadurch, dass wir in den gesamtprozessorientierten Flottenlösungen die Zusammenarbeit mit unseren Kunden über Webportale und Schnittstellenanbindungen et cetera organisieren, liefen aus Kundensicht Zulassungen und Abmeldungen bereits vor i-Kfz vom Prinzip her online beziehungsweise systemseitig", erklärt der DAD Geschäftsführer Vertrieb.

Deshalb ist es wenig überraschend, dass die Zulassungs-Profis nur in geringem Maße aus der neuen Online-Abmeldung Profit schlagen. So erklärt beispielsweise PS-Team aus Walluf: "Selbstverständlich haben wir den Prozess der Onlinestilllegung über i-Kfz frühzeitig in unsere Systeme PS Logic und PS Rent integriert. Allerdings ergeben sich für Flotten in der ersten veröffentlichten Prozessvariante zurzeit noch einige Brüche und Schwachstellen", betonen die Hessen.

i-Kfz auf Wunsch

Auf den Zwiespalt zwischen dem neuen zentralen Online-Tool und den leistungsstarken bestehenden Großkunden-Prozessen verweist auch ProfiThomas Krüger: "Wenn dies vom Kunden gewünscht wird, bieten wir dies sicherlich an. Aber das Verfahren bietet außer einer geringen Differenz bei den behördlichen Gebühren keine Vorteile für den Kunden", stellt der Geschäftsführer Die Zulasser Services klar. Der Nürnberger Flottendienstleister arbeitet dabei unter anderem mit TÜV Süd Car & Registration Services und dem TÜV Rheinland Plus zusammen.

Dem gegenüber stehen die erwähnten Voraussetzungen für das Verfahren, die jeder Fuhrpark erfüllen muss. Gerade in der Hinterlegung des notwendigen Personalausweises mit elektronischer Lesbarkeit sieht Krüger eine Hürde, die wohl nicht jeder Fuhrparkleiter nehmen will - denn das Thema Datensicherheit ist ein heikles.

Kein Profi-Zugang

Erschwerend kommt hinzu, dass es einen klassischen Zugang für Zulassungsdienste momentan nicht gibt. Wenn Zulassungs-Profis das neue Verfahren nutzen wollen, muss laut Krüger ein Mitarbeiter seinen Personalausweis für die elektronische Signatur freischalten und ein Lesegerät parat stehen. Der Flottenkunde müsste dann die Codes vom Kennzeichen und Fahrzeugbrief seinem Dienstleister übermitteln.

Krüger ist dennoch skeptisch: "Der administrative Aufwand für eine Abmeldung über i-Kfz ist deutlich höher als die bisherigen Möglichkeiten, die für Flottenkunden geboten werden. Von daher würde bei einer Abmeldung über i-Kfz eher eine Erhöhung der Preise als eine Senkung in Frage kommen. Da aber Flotten sicherlich bei den bisherigen Großkundenprozessen bleiben werden, wird sich hier erst einmal nichts verändern."

Das glaubt auch Gauglitz: "Gerade die besonderen Massenprozesse, die bei Spezialdienstleistern wie dem DAD aufgebaut wurden und schon lange Standard sind, können kaum mehr vereinfacht und verschlankt werden. Bei diesen automatisierten Prozessen werden nicht einmal der neue Personalausweis (nPA) geschweige denn die aktivierte eID-Funktion beim für die Abmeldung Bevollmächtigten benötigt." Sein Fazit lautet deshalb: "i-Kfz ist derzeit noch primär auf Privatpersonen und Einzelabmeldungen ausgelegt und weniger auf Großkunden und Flottenprozesse." Diesen Argumenten folgt auch PS-Team: "Da - Stand heute - der administrative Aufwand nicht sinkt, sondern steigt, ist der Onlineprozess teurer als die bewährten Standardprozesse von PS-Team. Auf klassischem Wege profitieren die Kunden nach wie vor von enormen Skaleneffekten und einer hohen Prozesssicherheit", versichern die Hessen.

Wie gut organisiert die Strukturen im Großkundengeschäft heute bereits sind, beschreibt Matthias Gauglitz: "Fahrzeugabmeldungen setzen wir schon lange zentral und direkt via Schnittstellenanbindung zu Zulassungsstellen um. Dieser Flottenprozess läuft bereits seit Jahren online, IT-gestützt und schnittstellenbasiert, und ist im Kern sogar direkter als die Option, die durch i-Kfz im aktuellen Stadium nun ermöglicht wird. Über die Schnittstellen sind tagesgenaue Abmeldungen und umgehende Bestätigungen möglich, die bei i-Kfz derzeit auch mehr Zeit in Anspruch nehmen können."

In Teilen bedeutet das neue Konzept von i-Kfz für Zulassungsdienste sogar einen Rückschritt, wie PS-Team verdeutlicht. Das Unpraktische an der Onlinestilllegung ist, dass die Abmeldebestätigung automatisch an den Fahrzeughalter gesendet wird. "Da bei der Aussteuerung die Geschwindigkeit entscheidend ist, wird sich die Onlinevariante nur in ausgewählten Fällen lohnen", mahnen die Experten aus Walluf. Denn es wäre nicht nur zeitintensiv, sondern auch aufwendig, die dezentral versendeten Abmeldebestätigungen wieder zu zentralisieren.

Preistreiber Mindestlohn

Dass Fahrzeugzulassungen dennoch für Fuhrparkbetreiber teurer werden könnten, liegt am Mindestlohn. Der 8,50-Euro-Bruttostundenlohn steht bekanntlich jedem Angestellten zu. Für viele geringfügig Beschäftigte, die 450 Euro im Monat verdienen dürfen und dabei selbst keine Abzüge haben, bedeutet dies, dass sie weniger arbeiten müssen. Sofern der bisherige Stundenlohn unter den 8,50 Euro (netto) lag. Zusätzlich ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Arbeitszeiten der geringfügig Beschäftigten genau zu dokumentieren (Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit) und diese Daten mindestens zwei Jahre aufzubewahren.

Aus Sicht von Krüger heißt dies: "Tatsächlich steigen aufgrund der Mindestlohnthematik die Lohnkosten, je nach bisheriger Bezahlpraxis, geschätzt um zirka 15 bis 20 Prozent. Zuzüglich kommen rund 30 Prozent Lohnnebenkosten auf diese Nettolohnsteigerung bei Aushilfskräften und eine deutliche Erhöhung der Anzahl der Arbeitskräfte dazu. Dabei fallen wiederum auch Mehrkosten bei der Abrechnung der Mitarbeiter über den Steuerberater an. Nicht zu vergessen ist die notwendige akkurate Aufzeichnungspflicht bei den Stunden." Wobei der Geschäftsführer den letzten Punkt relativiert: "Zusätzliche Kosten für die Dokumentation sollten in der Regel nicht anfallen, wenn der Zulassungsdienst bisher seinen gesetzlichen Pflichten nachgekommen ist und eine korrekte Lohnabrechnung durchgeführt hat."

Dienstleister-Dilemma

Bei DAD sieht die Sache etwas anders aus. "Die Mindestlohn-Thematik betrifft die beim DAD direkt erbrachten Hauptleistungen eigentlich nicht. Denn als Spezialanbieter IT-gestützter Prozessdienstleistungen im automobilen Umfeld setzt der DAD im eigenen Kernbereich auf automatisierte Abläufe und qualifiziertes Fachpersonal. Eine generelle Preiserhöhung durch den Mindestlohn ist also kurzfristig nicht geplant", betont Gauglitz. "Ob wir selbst durch zuliefernde Dienstleister mit Preiserhöhungen durch Mindestlohn konfrontiert werden, müssen wir beobachten und werden entsprechend reagieren."

PS-Team betrifft nach eigener Aussage das Thema nicht, da man keine Beschäftigten in diesem Einkommenssegment habe. Allerdings zeichne sich klar ab, dass die Nebenleistungen der Partner von PS-Team teurer würden. "So wird sich der bundesweite Mindestlohn indirekt auf die Preise für Zulassung, Logistik und Versand auswirken", lautet die Prognose.

Der Zulassungssektor werde nicht nur durch die höheren Entgelte, sondern auch durch die Dokumentationspflicht der Mindestlohnleistungen belastet. Da auch administrative Kosten sowie Kurier- und Expressdienstleistungen steigen, heißt es seitens PS-Team: "Wir klären gerade, wie wir die Preissteigerungen für unsere Kunden so gering wie möglich halten. Ganz verhindern können wir sie wohl nicht."

Nur der Anfang

Ob i-Kfz für Flotten wirkliche Vorteile bringen kann, wird sich zeigen. Ein Blick in die Zulassungsbehörden, die sich bislang oftmals durch eigene Formblätter oder Prozesse auszeichnen, macht eher skeptisch. Es soll aber nicht beim reinen Abmelden bleiben. Laut dem Kraftfahrt-Bundesamt ist als Nächstes die Wiederzulassung auf denselben Halter per i-Kfz für das erste Quartal 2016 geplant (siehe Kasten S. 37). Auch die Flottendienste sehen hier Potenzial. "Wenn im Flottenbereich künftig weitere Prozessvereinfachungen und -beschleunigungen möglich sein werden, integrieren wir sie beim DAD natürlich zum Vorteil unserer Kunden in unsere Prozesse", erklärt Gauglitz. Auch PS-Team will bei der Onlinestilllegung am Ball bleiben. Sobald man eine überzeugende Variante gefunden habe, von der die Kunden profitieren, will man diesen Prozess anbieten.

Hintergrund

Fragen zum neuen Dienst i-Kfz an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA)

_ Entscheiden die lokalen Zulassungsbehörden selbstständig, ob und wann Sie i-Kfz anbieten oder sind seit dem 1.1.2015 bundesweit alle Zulassungsbehörden automatisch dabei?Eine Option, dass die Zulassungsbehörden den Online-Service nicht anbieten, gibt es nicht. Das Verfahren ist entsprechend der Fahrzeugzulassungsverordnung (FZV) obligatorisch. Die Zulassungsbehörden entscheiden jedoch selbst über den Zeitpunkt._ Wie stark wurde das System bereits in den ersten Tagen genutzt?Voraussetzungen für diesen Online-Service ist sowohl der neue Personalausweis mit aktivierter Online-Ausweisfunktion (eID-Funktion) zur Identifizierung als auch ein Kartenlesegerät sowie die Ausweis-App. Zudem muss das Fahrzeug über Kennzeichen verfügen, auf denen Stempelplaketten und die Zulassungsbescheinigung Teil I mit verdeckten Sicherheitscodes genutzt werden. Weil diese erst seit 1. Januar 2015 im Rahmen der Neu- oder Wiederzulassung ausgegeben werden, besteht nur für diese die Möglichkeit der Online-Abmeldung. Die Nutzerzahlen sind daher erwartungsgemäß noch niedrig._ Welche persönlichen Daten werden bei der Identifizierung mittels eID-Funktion des neuen Personalausweises an das KBA übertragen?Lediglich Name und Anschrift des Antragstellers. Diese Daten werden nur temporär gespeichert und gemäß den gesetzlichen Vorschriften in der FZV wieder gelöscht._ Wie sehen die Erwartungen bezüglich der Nutzerzahlen für die kommenden Monate aus?Mit i-Kfz werden die Forderungen der FZV umgesetzt. Vor dem Hintergrund der notwendigen Voraussetzungen, die mit fortschreitender Zeit zunehmend erfüllt sein werden, werden die Nutzerzahlen sich sukzessive steigern. Hierbei spielt natürlich die Einstellung der potenziellen Nutzer eine wesentliche Rolle. Das KBA und die Zulassungsbehörden bieten diesen Online-Service alternativ zu den bestehenden Verfahren. Die Entscheidung, diesen zu nutzen, ist individuell._ Sind die technischen Ressourcen groß genug, um auch größere Mengen an Anfragen gleichzeitig zu bearbeiten?Die Infrastruktur des KBA ist so ausgelegt, dass auch große Mengen an Anfragen zeitnah bearbeitet werden können._ Wann kann ich, als nächsten Schritt, mein Fahrzeug auch per Internet anmelden?Die Wiederzulassung auf denselben Halter ist für das erste Quartal 2016 geplant.Protokoll: rs

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