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Deutlich schärfere Grenzwerte in der EU: Autobauer in der CO2-Falle

18.12.2018 09:09 Uhr
Mit strengeren CO2-Werten für künftige Neuwagen setzt die EU-Kommission die Autoindustrie unter Druck.
© Foto: arneke/stock.adobe.com

Autobauer. Die Branche wehrte sich schon vorher heftig dagegen - doch die Bundesregierung konnte sich diesmal nicht durchsetzen. Auch beim Thema Diesel-Fahrverbote bleibt der Druck hoch.

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Der Streit zwischen der EU und der Autoindustrie um mehr Klimaschutz und bessere Luft geht weiter. Die europäischen Hersteller sollen den CO2-Ausstoß neuer Fahrzeuge nach dem Willen Brüssels in den kommenden Jahren deutlich verringern. Die Reaktionen fallen reflexhaft aus: Die Autobranche kritisierte die Vorgaben als überzogen und unrealistisch. Befürworter schärferer Klimaschutz-Regeln erwarten dagegen noch größere Reduktionen. Und deutsche Städte mühen sich im Kampf um saubere Luft, Fahrverbote für Dieselfahrzeuge wegen zu hoher Schadstoffwerte zu vermeiden.

Bis 2030 soll die Autobranche laut einer Vorentscheidung von Vertretern aus Mitgliedstaaten, Europaparlament und EU-Kommission die Emissionen des Treibhausgases CO2 bei Neuwagen im Schnitt um 37,5 Prozent gegenüber dem für 2021 angepeilten Niveau absenken. Dies beschlossen Unterhändler am Montagabend in Brüssel. EU-Rat und -Parlament müssen dem noch zustimmen, was in der Regel Formsache ist.

Bisher ist in der Europäischen Union festgelegt, dass die von einem Hersteller verkauften Neuwagen im Flottendurchschnitt 2021 nicht mehr als 95 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer ausstoßen sollen. Von dieser Basis aus soll die Absenkung ausgehen. Die Vorgaben sollen helfen, Klimaschutzziele zu erreichen. Doch sind schon die aktuelle Ziele für viele Hersteller noch außer Reichweite.

Hartes Ringen um Entscheidung

Der Entscheidung ging ein hartes Ringen voraus: Die EU-Staaten hatten Anfang Oktober für eine Senkung des CO2-Werts bei neuen Autos und leichten Nutzfahrzeugen um durchschnittlich 35 Prozent bis 2030 plädiert. Deutschland wollte ursprünglich nur 30 Prozent Minderung, trug den Beschluss aber mit. Das Europaparlament ging mit einer Forderung nach minus 40 Prozent in die Verhandlungen. "Es waren harte und sehr zähe Verhandlungen", erklärte Österreichs Umweltministerin Elisabeth Köstinger, die das Paket mitverhandelt hatte. "Nach dem erfolgreichen Abschluss der Weltklimakonferenz in Kattowitz ist dies nun ein nächster wichtiger Schritt, damit wir unsere Klimaziele erreichen."

Dabei haben die strengeren Ziele neben dem Klimaschutz noch einen anderen Effekt: Der europäische Verbraucherverband BEUC unterstreicht, dass niedrigere CO2-Werte auch weniger Verbrauch bedeuteten und Autofahrer somit Sprit und Geld sparen könnten.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) äußerte sich hingegen am Dienstag skeptisch. Man brauche emissionsfreie Mobilität, um die Klimaziele zu erreichen. "Der Kompromiss zu den CO2-Grenzwerten geht dabei an die Grenze dessen, was technisch und wirtschaftlich möglich ist." Dennoch betonte er: "Ich bin grundsätzlich optimistisch, dass wir - wenn auch mit Bedenken und mit Sorgen - diesen Kompromiss versuchen umzusetzen." Der Bund werde dies am Mittwoch entscheiden. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hingegen begrüßte die Entscheidung: Die Anreize für effizientere Autos und saubere Mobilität stärkten den Auto-Standort Europa.

"Zu viel Forderung und wenig Förderung"

Das sieht die Branche selbst anders. "Diese Regulierung fordert zu viel und fördert zu wenig", sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes. Nirgends sonst gebe es ähnlich strikte CO2-Ziele. Damit werde Europas Autoindustrie im internationalen Wettbewerb belastet. Der europäische Herstellerverband Acea äußerte sich ähnlich: "Eine CO2-Minderung um 37,5 Prozent zu liefern, mag sich plausibel anhören, aber gemessen am heutigen Stand ist es völlig unrealistisch."

Flankiert werden die Einschätzungen der Verbände von der IG Metall, die sich um viele der rund 820.000 Jobs der deutschen Autoindustrie sorgt. "Es wird Vabanque mit den Arbeitsplätzen der Beschäftigten gespielt", kritisierte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann.

Denn zu schaffen sind die neuen Ziele nur, wenn neben sparsameren Benzin- und Dieselautos auch immer mehr elektrisch angetriebene Fahrzeuge verkauft werden. Ob die bisherigen Pläne der Konzerne dazu ausreichen, muss sich zeigen. VW-Chef Herbert Diess sagte, mit der Verschärfung des Flottenziels müsse der Konzern den Anteil der E-Autos am Gesamtabsatz bis 2030 auf über 40 Prozent hieven. "Das heißt, unser beschlossenes Umbauprogramm, das für diesen Systemwechsel erforderlich ist, reicht noch nicht aus." Möglicherweise müssten weitere Verbrenner-Angebote entfallen, damit die Werksstrukturen deutlicher umgebaut und zusätzliche Batteriezellfabriken gebaut werden.

DUH gehen Ziele nicht weit genug 

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hält die Ziele indes für noch nicht ausreichend. Problematisch sei unter anderem das Kleingedruckte - beispielsweise die Art, wie Elektroautos auf den Schnitt der Neuwagen angerechnet würden, sagte Geschäftsführer Jürgen Resch.  

Die DUH hatte mit Hilfe von Klagen in verschiedenen Städten Fahrverbote wegen zu hoher Schadstoffwerte durchgesetzt. In Frankfurt wird es vorerst aber keine Diesel-Fahrverbote geben. Der hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) lehnte am Dienstag einen Eilantrag der DUH ab. Diese hatte durchsetzen wollen, dass die Verbote trotz des laufenden Rechtsstreits mit dem Land Hessen schon zum 1. Februar 2019 greifen. 

Eine Überschreitung von Schadstoff-Grenzwerten in der Luft führe nicht automatisch zur Verhängung von Fahrverboten, sagte ein Sprecher. Gleichzeitig ließ der VGH die Berufung des Landes gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden für Fahrverbote zu.

Auch in anderen Städten bemüht man sich, Fahrverbote zu umgehen. Die Stadt Kiel will mit einem Tempolimit und einem beschränkten Verbot auf einer Spur die Luft am viel befahrenen Theodor-Heuss-Ring verbessern und so ein drohendes größeres Diesel-Fahrverbot verhindern. Die Umwelthilfe prüft unterdessen weitere Klagen vor Verwaltungsgerichten - etwa in Nürnberg und Würzburg. (dpa)

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