Hamburg im Jahr 2021. In einer Stunde beginnt ein Konzert des NDR-Rundfunkorchesters im Großen Saal der Elbphilharmonie. Einige Besucher haben den Weg von ihrem Hotel in der Hafencity in einem autonom fahrenden Elektrobus zurückgelegt und steigen an der Haltestelle vor dem Konzertsaal aus. Andere Gäste erreichen den Veranstaltungsort mit ihrem Auto, stellen es vor dem Parkhaus der "Elphie", wie die Hamburger ihr jüngstes Wahrzeichen liebevoll nennen, ab und gehen direkt zur Aussichtsplattform, während ihr Fahrzeug vollautomatisch und ohne ihr Zutun geparkt wird.
Ein Blick in die Glaskugel? Von wegen - vielmehr in die Petrischale. Denn Deutschland hat sich mit Hamburg als Austragungsort erfolgreich für den Weltkongress ITS (Intelligent Transport Systems, siehe Kasten rechts) beworben, im Oktober 2021 werden bis zu 15.000 Teilnehmer zu der alle drei Jahre in Europa stattfindenden Fachveranstaltung unter dem Slogan "Experience Future Mobility Now" in die Hansestadt kommen. "Wir werden bis dahin Projekte umsetzen, die einen klaren Benchmark setzen und die auf andere Orte übertragbar sind", macht Harry Evers, Geschäftsführer von ITS Deutschland und ITS Hamburg 2021, die Ansprüche deutlich.
Neues Parkkonzept
Das Parkszenario in der Elbphilharmonie zählt zu einem dieser Ansätze, die bis zur Veranstaltung umgesetzt werden sollen und für die bereits die Weichen gestellt wurden. In Hamburg, mit Europas drittgrößtem Hafen, tut sich daher aktuell viel, wie Evers berichtet (siehe Interview S. 52) - und das bezieht sich nicht auf die Lieferdienste, die schon länger mit Robotern in einzelnen Stadtteilen Pizzas ausfahren. 1,8 Millionen Einwohner in der Stadt, 5,3 Millionen in der Metropolregion, 1,9 Millionen Menschen nutzen täglich den öffentlichen Nahverkehr - die Infrastruktur muss funktionieren. Auch morgen noch und auch angesichts aktueller Herausforderungen wie Umweltbelastung, zunehmende Urbanisierung und Diesel-Fahrverboten. In einem Stadtstaat sind die Entscheidungswege kürzer als in anderen Metropolen, das ist ein guter Nährboden für die Projekte wie "Moia" von VW, einem On-Demand-Shuttle-Service, bei dem die Flotte der Elektro-Kleinbusse sukzessive in den nächsten Jahren aufgestockt werden soll.
Das Auto fährt selbst vor
Das NDR-Rundfunkorchester hat in der Elbphilharmonie an dem fiktiven Tag im Jahr 2021 mittlerweile den letzten Takt gespielt. Die Konzertbesucher, die mit ihrem eigenen Fahrzeug gekommen sind, verlassen das Gebäude und gehen zur Einfahrt des Parkhauses. Ebenso automatisch wie bei der Ankunft wird ihr Auto vorgefahren - wenn denn alles nach Plan läuft in den nächsten zwei Jahren.
HEAT (Hamburg Electric Autonomous Transportation)
Busfahren ohne Busfahrer: HEAT ist das deutschlandweit erste Forschungs- und Entwicklungsprojekt, in dem über einen Testzeitraum von vier Jahren der Einsatz von vollautomatisierten respektive autonom fahrenden Elektro-Kleinbussen mit entsprechender Ausstattung (Kameras, Radar, Lidar etc.) im städtischen Straßenverkehr mit Fahrgästen erprobt wird. Der Betrieb ist in drei Stufen geplant, zu Beginn wird das Fahrzeug von einem Hochbahn-Mitarbeiter begleitet. In der Hafencity wird der Testbetrieb von Sensoren und digitalen Kommunikationssystemen auf der Strecke ermöglicht.Projektpartner: Hamburger Hochbahn, Deutsches Zentrum für Luftund Raumfahrt, Freie und Hansestadt Hamburg, Hysolutions, IAV, Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität, Siemens
TAVF (Teststrecke für automatisiertes und vernetztes Fahren in Hamburg)
Aktuell entsteht mitten in Hamburg eine neun Kilometer lange Teststrecke mit 16 Kreuzungen für automatisiertes und vernetztes Fahren im realen Verkehrsumfeld. 37 Ampeln werden dafür bis 2020 mit Kommunikationsanlagen ausgestattet, um Daten mit vorbeifahrenden Fahrzeugen auszutauschen. Fahrzeughersteller, Technologieunternehmen und Forschungseinrichtungen sollen dort automatisierte Fahrfunktionen und Assistenzsysteme auf öffentlichen Straßen erproben können. Unter anderem das Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) fördert das Projekt.www.tavf.hamburgProjektpartner: Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer Hamburg, Hamburg Verkehrsanlagen, ITS Mobility, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Freie und Hansestadt Hamburg
- Ausgabe 01/02/2019 Seite 50 (269.8 KB, PDF)