Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) will gegen praxisferne Angaben der Autohersteller zum Spritverbrauch vorgehen. "Wenn Herstellerangaben nicht die realen Verhältnisse abbilden, dann ist das nicht in Ordnung", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag). Die Bundesregierung werde "darüber sprechen, wie wir hier zu Lösungen kommen".
Nach einer Studie des Forschungsinstituts ICCT (International Council of Clean Transportation), die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wird die Differenz zwischen den Verbrauchsangaben der Autohersteller und dem tatsächlichen Verbrauch im Straßenverkehr immer größer. Sie betrage bei 20 beliebten Automodellen des Baujahres 2014 in Europa im Durchschnitt knapp 40 Prozent.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) betonte dagegen, die Verbrauchangaben der Hersteller seien durch "die Vorgaben des gesetzlich und für die gesamte EU obligatorischen Normzyklus" klar geregelt. Zudem werde der tatsächliche Kraftstoffverbrauch auf der Straße durch die individuelle Fahrweise oder die Verkehrsdichte erheblich beeinflusst. Normverbrauch und tatsächlicher Verbrauch gingen seit Jahren zurück.
Die wachsende Differenz erklärte der VDA am Beispiel einer Klimaanlage, die ein Liter pro 100 Kilometer verbraucht: "Bei einem älteren Fahrzeug, das einen Verbrauch von 10 l/100 km aufweist, entspricht das einer Abweichung von zehn Prozent. Bei einem modernen Auto, das nur noch 5 l/100 km benötigt, führt die Nutzung der Klimaanlage zu einer Abweichung von 20 Prozent."
KBA "schaut einfach weg"
Die Vorsitzende des Bundestags-Umweltausschusses, Bärbel Höhn (Grüne), warf den Autobauern Betrug vor. Wie in den USA sollte eine Behörde die Angaben nachprüfen. Heute stemple das Kraftfahrtbundesamt (KBA) die Herstellerangaben nur ab: "Das Kraftfahrzeugbundesamt bei den Betrügereien der Autohersteller einfach weg".
Das KBA erwiderte, Verbrauch und Abgasausstoß würden anhand des neuen europäischen Fahrzyklus (NEFZ) ermittelt. Danach richte sich das Amt, auch wenn die Autofahrer auf der Straße anders unterwegs seien. Die Vorsitzende des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, Renate Künast (Grüne), forderte, Maas müsse sich in Brüssel dafür einsetzen, dass die vorgegebenen Grenzwerte nicht weiterhin "um mehr als 100 Prozent" überschritten werden dürften. (dpa)