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Aus Euro 5 einen Euro 6? Schwierig!

01.06.2017 06:00 Uhr
Aus Euro 5 einen Euro 6? Schwierig!

Eine Umrüstlösung für Selbstzünder mit Euro-5-Motoren wäre der Königsweg, um Fahrverbote zu umgehen. Einfach einen SCR-Kat und einen Adblue-Tank anzubringen, reicht dafür längst nicht aus.

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_ Bevor Stuttgart Ernst macht, wird es nochmal spannend. Mit dem neuen Luftreinhalteplan, der Anfang Mai veröffentlicht wurde, flammt die Diskussion um Nachrüstlösungen für Euro-5-Diesel auf. Wörtlich heißt es im Dokument: "Die Landesregierung verfolgt das Ziel, verkehrsbeschränkende Maßnahmen zu vermeiden bzw. in ihrer Eingriffstiefe und Dauer so gering wie möglich zu halten. Vor dem Hintergrund der anhaltenden Grenzwertüberschreitungen ist ein verbindliches und für die Luftqualität ausreichend wirksames Nachrüstungsprogramm für die bestehende Fahrzeugflotte von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen der Euro-Norm 5 für die in der Region Stuttgart zugelassenen Fahrzeuge notwendig, um die Fahrzeugemissionen im Realbetrieb so deutlich abzusenken, dass die Wirkung der im Luftreinhalteplan beschriebenen verkehrsbeschränkenden Maßnahmen mindestens erreicht wird. Die Landesregierung ist mit den Fahrzeugherstellern über ein entsprechendes Nachrüstprogramm im Gespräch. Sollten sich entsprechende Nachrüstungen technisch umsetzen lassen, werden diese durch die Landesregierung mit aller Kraft unterstützt. Verkehrsbeschränkende Maßnahmen werden nur dann in Betracht gezogen, sofern das oben beschriebene Ziel durch Nachrüstprogramme nicht erreicht werden kann."

Ziele

Der Fahrplan steht: Erst prüfen, dann handeln. Eine Euro-6-Umrüstung ist aber längst nicht trivial, wie Thomas Körfer, Group Vice President Light-Duty Diesel FEV Group, im Interview verrät. Ähnlich kritisch zeigt sich der Verband der Automobilindustrie (VDA). Denn ein solcher Umbau wäre mit einem überschaubaren wirtschaftlichen Aufwand kaum zu realisieren, heißt es gegenüber Autoflotte. Derweil prescht Twintec-Baumot vor. Die Profis für Nachrüstfilter haben einen VW Passat 1.6 TDI Euro 5 mit dem eigenen System (BNOx) auf Euro 6 umgerüstet. Der Bausatz kostet rund 1.500 Euro. Doch was wäre dann mit der Werksgarantie? "Nach jetzigem Stand der Informationen besteht keine Gewährleistung/Garantie für den Umfang der Umrüstung ("Veränderung") durch die von Ihnen genannten Anbieter. Diese Regelung gilt sowohl für direkte als auch indirekte Schäden", heißt es aus Wolfsburg auf Nachfrage.

_ Gehen wir von einem aktuellen Euro-6-Diesel-Motor mit SCR-Kat aus. Welche Fahrzustände (Stadtverkehr, Kaltstart etc.) sind für die optimale NOx-Reduktion schwierig und können zu erhöhter NOx- Belastung führen?

Thomas Körfer: Moderne Abgasnachbehandlungssysteme liefern ab einer bestimmten Temperatur die höchsten Wirkungsgrade. Abhängig von der Einbauposition der Abgasnachbehandlungskomponenten, dem thermischen Verhalten des Motors und der Abgasanlage wird diese Temperatur früher oder später erzielt. Bis zum Erreichen dieser Temperatur wird das Emissionsverhalten durch die Rohemissionen des Motors bestimmt. Mit Blick auf das Realemissionsverhalten stellen folgende Fahrzustände die größten Herausforderungen für das Abgasverhalten heutiger Dieselmotoren dar: Kaltstart und Niedriglastbetrieb, schnelle und heftige Laständerungen und - bei bestimmten Applikationen - der höherlastige oder volllastnahe Betrieb, beispielsweise auf der Autobahn.

_ Wie kann man die NOx-Reduktion vor allem bei Stadtfahrten im Stopp-and-go-Verkehr effizient erhöhen? (Mehr Adblue einspritzen, andere NOx-Kats verwenden etc.)

T. Körfer: Durch die zunehmenden Effizienzsteigerungen zur Erreichung von niedrigen CO2-Werten moderner Fahrzeuge sinkt leider das Abgastemperaturniveau kontinuierlich. Dadurch wird die Leistungsfähigkeit der NOx-Nachbehandlungssysteme erheblich beeinflusst. Folglich sind entsprechende konstruktive Maßnahmen zur Anhebung des Temperaturniveaus, beispielsweise durch verstärkte Isolierungen, innermotorische Heizbetriebsstrategien und Verbesserungen der Konvertierungsraten der Abgasnachbehandlungssysteme im Niedrigtemperaturbereich erforderlich. Motornah angeordnete Abgasnachbehandlungskomponenten - beispielsweise Dieselpartikelfilter mit SCR-Beschichtung - ermöglichen hohe NOx-Konvertierungsraten bereits kurz nach Motorstart. In Kombination mit optimierten Heizmaßnahmen können auch im Unterboden angeordnete SCR-Systeme hohe Konvertierungsraten nach kurzer Zeit realisieren. Darüber hinaus decken kombinierte Systeme, bestehend aus motornahem NOx-Speicherkat und nachgeschaltetem SCR-Katalysator, beispielsweise einen deutlich ausgedehnten Betriebstemperaturbereich ab.

_ Sind die heutigen Adblue-Tanks (in der Regel sind es zwischen elf und 21 Liter Volumen) groß genug dimensioniert, um für ca. 15.000 Kilometer auszureichen, ohne dass nachgetankt werden muss?

T. Körfer: Diese Frage lässt sich nur unter Berücksichtigung des gesamten Emissionspaketes beantworten. Eine starke Absenkung des Motorrohemissionsniveaus beeinflusst den Adblue-Verbrauch erheblich. Weitere erhebliche Einflussparameter sind Umgebungsbedingungen und Fahrverhalten. In gewisser Weise ist zukünftig davon auszugehen, dass der Fahrer gegebenenfalls Adblue vermehrt eigenständig nachfüllen muss, wobei dies bei neuen Fahrzeugen auch immer einfacher werden wird.

_ Welche Rolle spielt der NOx-Speicherkat bei der NOx-Reduktion? Und wie hoch ist der Dieselmehrverbrauch für den Speicherkat, der sich regelmäßig freibrennen muss?

T. Körfer: Auch diese Frage lässt sich nur unter Berücksichtigung des gesamten Emissionspaketes beantworten. Auf Grund der erheblich gesteigerten gesetzlichen Anforderungen an das Emissionsverhalten ist davon auszugehen, dass zukünftig alle Applikationen auf die SCR-Technologie zurückgreifen und der NOx-Speicherkat als Bestandteil eines Kombisystems zur Abdeckung des Niedriglastbereichs verwendet wird. Eine erhebliche Absenkung des Motorrohemissionsniveaus beeinflusst auch hier das Regenerationsverhalten und damit den Mehrverbrauch maßgeblich.

_ Sind Euro-5-Fahrzeuge umrüstfähig für ein solches SCR-System samt SCR-Kat, NOx-Speicherkat und Adbluetank? Ist dafür genügend Bauraum in den gängigen Modellen wie dem VW Golf vorhanden?

T. Körfer: Diese Frage lässt sich leider einheitlich nicht beantworten. Im Allgemeinen umfasst ein modernes Emissionskonzept sowohl innermotorische Maßnahmen als auch Abgasnachbehandlungsmaßnahmen, von daher weisen Euro-5-Motoren bereits erheblich unterschiedliche Technologieeigenschaften auf. Die Umrüstung auf SCR-Systeme ist aufwändig. Die zu integrierenden Komponenten sind ein Adblue-Tank, eine Fördereinheit, ein Dosierventil, eine Mischstrecke inklusive Mischer, beheizte Dosierleitungen und eine Steuerung. Die Steuerung muss auf Temperatur und NOx-Signale zurückgreifen, für die unter Umständen zusätzliche Sensoren eingebracht werden müssen. Die SCR-Steuerung muss des Weiteren mit dem Motorsteuergerät kommunizieren, um die korrekte Menge Adblue unter allen Randbedingungen zu dosieren. Die Machbarkeit ist daher von der Fahrzeugplattform und dem zur Verfügung stehenden Bauraum abhängig. Es ist leider davon auszugehen, dass realistisch umsetzbare Nachrüstlösungen nur eine bedingte Emissionsminderung im Realbetrieb von Euro-5-Basisfahrzeugen erzielen.

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