Wir wollen alles "convenient" haben. Alles muss also einfach, komfortabel und bequem sein und funktionieren. Online -versender profitieren von diesem Verlangen. Komplette Häuser werden dahingehend vernetzt, damit bereits mit dem Einfahren in die Garage das Badewasser mit 39 Grad eingelassen wird, parallel Musik stimmungsabhängig dudelt und der Kühlschrank autark Milch bestellt, die ein paar Stunden später vom Paketdienst CO2-neutral mit dem Elektrofahrrad angeliefert wird. Beim Auto soll daher bitteschön auch alles an Bord sein, was den Komfort erhöht und das Wohlbefinden steigert. Massagesitze, schlüsselloser Motorstart oder die per Fußschwenk zu öffnende Heckklappe sind nur einige Beispiele. Eine gewaltige Ausnahme in dieser bis zum Umfallen komfortablen Welt stellt der Fahrkomfort des Autos dar. Der scheint geradezu nebensächlich. Bei diesem Thema ist das Aussehen des Autos für viele wichtiger. Denn das soll mit großen Rädern beeindrucken, sportlich "tief liegen" und in Gänze vor Dynamik strotzen - das suggeriert Jugend, Kraft und irgendwie auch Erfolg. Dass man sich damit keinen Gefallen tut und die Kosten bei Anschaffung, Unterhalt und Rückgabe steigen (Felgen, Reifen, Kraftstoff, Reparaturen, Kratzer an Frontschürzen), wird oft vernachlässigt.
Die Ausnahme
Schöne Ausnahme: der Volvo XC 40. Autoflotte ist das knapp 4,43-Meter-SUV ausgiebig gefahren und hat sich sehr oft gefreut, selten geärgert. Fangen wir mit dem Ärger an: schlüsselloser Zugang und Motorstart. So bequem, so einfach. Doch das Zündungeinschalten, um beispielsweise im Stand einige Einstellungen vornehmen zu können, gelang uns bis zum Testende nicht. Entweder ist alles aus oder der Motor an. Einen weiteren Kritikpunkt stellt das serienmäßig installierte 9-Zoll-Infotainmentsystem dar. Die Bedienung erfolgt via Fingertipp, lediglich eine Home-Taste ist vorhanden. Damit lässt sich während der Fahrt kaum eine Bedienung zuverlässig durchführen, zudem lenkt es den Blick von der Straße ab. Ein weiteres Manko ist die Übersicht schräg nach hinten. Die Rückfahrkamera ist daher stets ein nötiger Begleiter, der Totwinkel-Warner eine gute Ergänzung, damit der Blick ins Draußen sicher gelingt.
Made by Sweden
Innen geht es elegant zurückhaltend zu. Die Stoffsitze sind bequem, lassen sich gut justieren und fühlen sich hochwertig an. Generell kann dem XC 40 ein astreines Verarbeitungsniveau attestiert werden, das in einigen Details vielleicht die Segmentspitze darstellt - selbst wenn hier und da mal "Made in China" draufsteht (12-Volt-Blindstopfen). Vielleicht wurde genau deswegen das Thema Schweden überstrapaziert. An der Sitzwange weht die schwedische Flagge ebenso, wie draußen an der linken Seite zwischen Motorhaube und Kotflügel und das Dekor des Armaturenbretts zeigt Göteborgs Straßensystem. Und "Made by Sweden" ist fortan der Slogan der Traditionsmarke, der unter anderem auf dem Nummernschildverstärker prangt. Man stelle sich mal vor, VW würde das mit Wolfsburg und der deutschen Flagge praktizieren... Eventuell liegt der Grund für diesen Patriotismus darin begründet, dass Volvo seit nunmehr acht Jahren chinesische Eigentümer hat? Man weiß es nicht.
Traditionell bieten Volvo-Modelle viel Platz für Passagiere und Gepäck. So gibt's trotz der kompakten Abmessungen Spielraum in beiden Reihen, um auch vier 1,90-Meter-Passagiere gut von A nach B zu bringen. Was sich auch nicht ändert, wenn der 1,5-Liter-Turbobenziner angeschmissen wird. Dass es sich hierbei um einen kleinen Dreizylinder handelt, wird niemand merken.
Dass er keine Ausgleichswelle besitzt, die Vibrationen nochmals minimieren würde, merkt ebenfalls keiner. Denn der T3 getaufte Benziner läuft ausgesprochen ruhig und gelassen und ergänzt mit diesem Verhalten das (trotz 19-Zoll-Winterreifen) komfortable Fahrwerk perfekt. Etwas knochig spricht die Kombination bei Querfugen an, was sich mit der 17-Zoll-Serienbereifung - die optisch harmonisch ans Auto passt - eliminieren lassen wird. Das auf Lastwechsel zickig reagierende Adaptiv-Fahrwerk parieren die Fahrdynamikregelsysteme bevor der Fahrer Schweißhände bekommt.
No Sports
Der Basismotor stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass kleine Benziner funktionieren. Wer sich zurückhält, was sich Volvo-Piloten sowieso angewöhnen sollten (ab dem Jahr 2020 sollen alle Volvo auf maximal 180 km/h limitiert werden), kommt mit unter acht Litern 100 Kilometer weit. Ein toller Wert, der keineswegs Synonym für Langsamfahren ist. Die 265 Newtonmeter Drehmoment bieten jederzeit ausreichend Kraft, um flott voranzukommen. Ab sofort gibt es eine PS-Steigerung um sieben Zähler. 163 PS leistet der T3 nun und ist jetzt auch mit der empfehlenswerten Achtgang-Automatik kombinierbar. All das, zusammen mit dem insgesamt niedrigen Geräuschniveau, macht den XC40 T3 zu einem sanften Begleiter für Menschen, denen Komfort und Genuss mehr am Herzen liegt als Sport-Attitüde, die sie lieber selbst an den Tag legen sollten, als diese ihrem Auto zu oktroyieren.
Getestet von AUTOFLOTTE
Tops- Komfortables Fahrwerk- Kräftiger Dreizylinder-Benziner- Niedriges Geräuschniveau innenFlops- Bedienung Infotainmentsystem- Kommt mit dem Heck, ESP fängt's ein- "Zu viel" Schweden am und im XC 40
Volvo XC 40 T3 Momentum
Testwagenpreis 40.455 EuroR3/1.477 | 115 kW/156 PS (120 kW/163 PS) 265 Nm ab1.850 | 6-Gang-Handschalter 9,4 s | 200 km/h | WLTP ab 7,1 S | 160 g/km 4.425 x 1.863 x 1.652 mm 460 - 1.336 LiterWartung: 1 Jahr/30.000 kmEffizienz: BHK | VK | TK: 18 | 20 | 24Garantie: 2 Jahre ohne Kilometergrenze
- Ausgabe 05/2019 Seite 34 (680.3 KB, PDF)