_ Nach dem Importstopp des Explorer 2001 war Schluss mit großen SUVs bei Ford. Mit Maverick und Kuga deckten die Amerikaner in Europa jahrelang nur noch das Segment der mittelgroßen SUVs ab. So ganz ohne Topmodell im Boommarkt wollte die Marke mit dem blauen Oval im Grill aber dann wohl doch nicht dastehen - und wiederholte ein bewährtes Rezept: Seit etwas mehr als einem Jahr schafft es der Edge der zweiten Generation auch zu uns über den großen Teich.
Das Testauto
Unser Edge trat mit dem 180 PS starken Basis-Diesel in Kombination mit der mittleren Ausstattung Titanium an. Allradantrieb ist im Edge immer dabei und der kleinere Selbstzünder ist immer an die Sechsgang-Handschaltung gekoppelt. Los geht es für diese Variante bei 38.361 Euro, an Bord sind dann standardmäßig unter anderem 19-Zoll-Leichtmetallfelgen, das Ford-Navi, DAB-Empfang, Frontscheiben- und Lenkradheizung, elektrische Heckklappe oder die Einparkhilfe vorn und hinten. Aus der Basis Trend übernimmt der Titanium zum Beispiel das Audiosystem, den Spurhalteassistenten und den Müdigkeitswarner, die Zweizonen-Klimaautomatik, das Multifunktionslenkrad, die Rückfahrkamera oder die Verkehrsschilderkennung. Optional verbaut waren in unserem Test-Edge das Business-Paket mit adaptiven LED-Scheinwerfern, Parkassistent und Sony-Navi (1.681 Euro), der adaptive Tempomat (420 Euro), die Frontkamera (294 Euro), Metalliclack (672 Euro), die adaptive Lenkung (588 Euro) sowie das Sportfahrwerk (252 Euro).
Karosserie
Mit 4,81 Metern Länge und fast 1,93 Metern Breite steht der Edge bullig da. Vor allem der sechseckige, verchromte Grill schindet Eindruck. Ansonsten ist der Edge gefällig, aus unserer Sicht aber nicht übermäßig aufsehenerregend gezeichnet. Typisch sind das durchgehende Leuchtenband am Heck und die schräge Heckscheibe, deren breite D-Säulen die Sicht nach schräg hinten einschränken. Genauso sichteinschränkend sind die extrem breiten A-Säulen-Füße. Trotz des dynamischen Designs schluckt der Edge mit bis zu 1.847 Litern Kofferraumvolumen eine Menge Gepäck - das jedoch über eine hohe Ladekante zu hieven ist. Genug Platz bietet der Edge auch für seine Passagiere - und zwar vorne wie hinten.
Interieur Das Edge-Interieur ist sachlich-modern gezeichnet, ohne wirkliche Designbesonderheiten zu bieten. Das ist von Vorteil mit Blick auf die Ergonomie, denn Bedienrätsel gibt der Edge an keiner Stelle auf. Das gilt sowohl für die analogen Knöpfe als auch für die digitalen Funktionen des Infotainmentsystems. Bei der Materialqualität lässt der Edge die Passagiere aber seine nordamerikanische Herkunft spüren: Die Kunststoffe sind zwar gut verarbeitet, wirken an vielen Stellen aber ziemlich billig.
Antrieb
Leer wog unser Edge knapp über 1,9 Tonnen. Der Zweiliter-Diesel mit seinen 180 PS hatte mit diesem Gewicht an der einen oder anderen Stelle seine Mühe. Konkret wirkte der Edge bei Überholvorgängen nicht sehr elastisch, und auf der Autobahn sorgte auch ein niedrigerer Gang - vor allem an Steigungen - nicht wirklich für mehr Dynamik. Dazu zeigte sich das Sechsganggetriebe insgesamt eher von seiner knochigen Seite. Positiv: Der ruhige Lauf des Selbstzünders. Im Schnitt konsumierte der Edge 8,6 Liter Diesel je 100 Kilometer, dazu führten allerdings auch schneller gefahrene Etappen. Ließen wir es ruhiger angehen, lag der Verbrauch bei knapp unter sieben Litern.
Fahrpraxis
Prädestiniert ist der Edge vor allem für den Langstreckeneinsatz. Insgesamt hinterlässt der große Ford trotz Sportfahrwerk einen komfortablen Eindruck, er federt zwar direkt, aber nicht zu straff ab. Unter SUV-Maßstäben besitzt das Fahrwerk durchaus Potenzial für Kurvenspaß, da hätten wir uns aber eine etwas direktere Lenkung gewünscht. Die adaptive Lenkung wirkt im Normalmodus teigig, aber auch der Sportmodus wirkt hier keine Wunder. Sicher durch die Kurven kommt man trotzdem immer, hier stünde den Vordersitzen aber etwas mehr Seitenhalt gut zu Gesicht. Nach langen Strecken steigt man dennoch entspannt aus dem Edge, auch wenn die Armlehne vorn etwas kurz geraten ist. Dass ein SUV vom Format des Edge kein City-Flitzer ist, versteht sich von selbst. Vor allem seine Breite und sein großer Wendekreis sprechen gegen die Fahrt durch enge Großstadtgassen. Beim Rangieren hätten wir uns zudem gewünscht, dass nicht nur die Rückfahrkamera, sondern auch die Frontkamera automatisch anspringt. Und das Navi dürfte zuverlässiger vor Verkehrsstaus warnen - die Stauanzeige kam oft erst dann, wenn man schon mittendrin stand.
Autoflotte-Tipp
Zwei Dinge sprechen im Edge aus unserer Sicht gegen den Einstiegs-Diesel: Sein nicht wirklich dynamischer Antritt und die fehlende Automatik-Option. Für ihn spricht dagegen der Preisvorteil von 2.941 Euro. Dennoch: Da dieser Aufpreis bereits die Automatik umfasst und sich der Edge bei uns vor allem als Langstreckenmeister erwiesen hat, würden wir zur 210-PS-Version greifen. Basis ist hier die Titanium-Linie mit dem oben beschriebenen Standard-Umfang. Da der Titanium immer mit Navi und dem Infotainmentsystem Sync3 inklusive Applink und DAB-Empfang vorfährt, würden wir auf das Business-Paket verzichten und die adaptiven LED-Scheinwerfer für 1.277 Euro als Einzeloption bestellen. Dazu kämen
- die Frontkamera (294 Euro)
- der adaptive Tempomat (420 Euro)
- der Totwinkelassistent (387 Euro) und Metalliclack (672 Euro).
Ab 41.303 Euro steht der stärkere Diesel als Titanium in der Preisliste, mit unseren Optionen kämen wir so auf 44.353 Euro.
Details
Stärken & Schwächen
Stärken- Dynamisch-komfortables Fahrwerk- Gutes Platzangebot- Ruhiger MotorSchwächen- Großer Wendekreis- Billig wirkende Innenraummaterialien
- Ausgabe 08/2017 Seite 31 (411.3 KB, PDF)