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Alles außer Rechtsdienstleistung

31.12.2014 06:00 Uhr
Alles außer Rechtsdienstleistung

Welche Serviceleistungen oder Tätigkeiten dürfen Werkstätten für ihre Kunden nach einem Unfall übernehmen und wo bremst sie das Rechtsdienstleistungsgesetz aus?

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_ Ein in Werkstätten üblicher Vorgang nach einem Verkehrsunfall: Ein Mitarbeiter bietet dem Unfallkunden an, für ihn einen Sachverständigen zu beauftragen und einen Mietwagen zu reservieren. Im weiteren Verlauf wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass die Werkstatt, der Sachverständige oder der Abschleppunternehmer auf der Grundlage abgetretenen Rechts klageweise gegen den Schädiger und seinen Versicherer vorgehen können. Der Kunde wähnt sich daraufhin in finanzieller Sicherheit. Aber darf die Werkstatt dies alles überhaupt?

Das 2008 in Kraft getretene Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) hat den Dienstleistern eine gewisse Rechtssicherheit gebracht. Auch Nichtanwälte dürfen seitdem Rechtsberatung anbieten, jedenfalls dann, wenn sie als berufliche Nebenleistung erbracht wird und das eigene juristische Wissen ausreicht. Der Kfz-Werkstatt-Meister, der die Grundsätze der Schadenregulierung erläutert, muss also in der Regel nicht mehr mit einer Abmahnung rechnen.

Rechtsdienstleistung

Mittlerweile gilt: Alles, was nicht "Rechtsdienstleistung" ist, ist erlaubt. Im alten Rechtsberatungsgesetz war demgegenüber jegliche Vornahme fremder Rechtsangelegenheiten ausschließlich Rechtsanwälten und Personen mit besonderer Erlaubnis zur Rechtsberatung, wie zum Beispiel Inkassounternehmen oder Steuerberatern, vorbehalten.

Der Begriff der "Rechtsdienstleistung" ist in § 2 Abs.1 RDG näher umschrieben. "Rechtsdienstleistung ist jede Tätigkeit in konkreten, fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert." Diese Vorschrift enthält gleich mehrere auslegungsbedürftige Begriffe:

1. "konkret": Eine Angelegenheit ist "konkret", wenn es sich um eine wirkliche Rechtsfrage aus einem bestimmten Lebenssachverhalt einer Person handelt und nicht um eine abstrakte. Eine Rechtsdienstleistung ist auch dann nicht konkret, wenn zwar eine vertiefte Auseinandersetzung mit rechtlichen Fragestellungen stattfindet, die rechtlichen Informationen sich aber allgemein an die Öffentlichkeit oder einen engen interessierten Personenkreis richten, selbst wenn ein konkreter Fall als Beispiel herangezogen wird.

2. "fremd": Eine Angelegenheit ist "fremd", wenn sie nicht in eigenem Namen oder im Namen des eigenen Arbeitgebers erfolgt.

3. "Einzelfall" und " rechtliche Prüfung": Eine "rechtliche Prüfung des Einzelfalls" liegt vor, wenn es sich um eine Tätigkeit handelt, die über eine bloße schematische Anwendung des Rechts hinausgeht oder deren Beantwortung ein besonderes juristisches Wissen voraussetzt. Eine allgemein gehaltene Rechtsauskunft gegenüber einer interessierten Einzelperson ist noch keine Rechtsdienstleistung, wenn die konkreten persönlichen Angaben der fragenden Person zum Sachverhalt nicht besonders rechtlich geprüft werden. So ist beispielsweise die allgemeine Aufklärung über rechtliche Hintergründe oder eine Aufklärung über die Geltendmachung unstreitiger Ansprüche keine Rechtsdienstleistung.

BGH: zulässige Nebenleistung

Es überrascht nicht, dass sich die Rechtsprechung zum Rechtsdienstleistungsgesetz überwiegend mit der Unfallschadensabwicklung durch Werkstätten befasst hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in einer ganzen Reihe von Entscheidungen zu diesem Themenkreis der erlaubten oder unerlaubten Rechtsdienstleistung durch Werkstätten geäußert und die Rechtslage geklärt. Zunächst ist er dabei - weit auslegend - davon ausgegangen, dass die Einziehung von an die Werkstatt oder das Mietwagenunternehmen abgetretenen Forderungen überhaupt eine Rechtsdienstleistung darstellt; kritisch war in diesem Zusammenhang bereits die Annahme einer "fremden" Angelegenheit.

Jedenfalls ist die Einziehung der abgetretenen Forderungen eine zulässige "Nebenleistung" nach § 5 Abs. 1 RDG, wenn von einem Autovermieter die an ihn abgetretene Schadensersatzforderung hinsichtlich der Mietwagenkosten gegen den eintrittspflichtigen Haftpflichtversicherer durchgesetzt wird.

Dass ein Mietwagenunternehmen die abgetretene Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten einzieht, ist grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist. Etwas anderes gilt allerdings, wenn die Haftung bereits dem Grunde nach oder die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen. (BGH, Urteil vom 31. Januar 2012, Az. VI ZR 143/11).

Eine Rechtsdienstleistung ist erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild des Leistenden gehört. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Die Frage, ob die Einziehung erfüllungshalber abgetretener Schadensersatzforderungen von Kunden zum Berufs- oder Tätigkeitsbild einer Autowerkstatt oder eines Autovermieters gehört, wird in Fachkreisen unterschiedlich beantwortet. Die Rechtsprechung hierzu ist schier unübersichtlich.

Durchgesetzt hat sich in der Rechtsprechung die Auffassung, nur dann eine erlaubte Nebenleistung anzunehmen, wenn zum Beispiel allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist. Geht es um die komplexe Rechtsfrage der Haftung dem Grunde nach, also der Haftung überhaupt, oder um die Quotenfrage, so liegt nach dem Willen des Gesetzgebers keine erlaubte Nebenleistung vor.

Direktabrechnungen weit verbreitet

Die an der Anmietung eines Unfallersatzwagens interessierten Unfallgeschädigten gehen für den Vermieter erkennbar davon aus, dass die Mietwagenkosten von dem gegnerischen Haftpflichtversicherer, der ihnen gegenüber dem Grunde nach zu deren Übernahme verpflichtet ist, erstattet werden und sie mit der Schadenregulierung in keinem größeren Umfang behelligt werden (vgl. BGH, Entscheidung vom 25. März 2009, Az. XII ZR 117/07; VersR 2009, 1243). Demzufolge sind Direktabrechnungen von Autovermietern mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer weit verbreitet. Die BGH-Entscheidungen sind auf Forderungseinziehungen durch Werkstätten und Kfz-Sachverständige ohne Abstriche anwendbar.

Abtretung als neutrales Geschäft

Eine Abtretung ist dabei als neutrales Geschäft grundsätzlich zulässig. Nur wenn der Wille des Abtretungsempfängers (Werkstatt, Vermieter etc.) von vornherein auf einen Verstoß gegen das RDG abzielt, ist sie unzulässig. Das ist nach Ansicht der Rechtsprechung zum Beispiel dann der Fall, wenn der Einwand einer möglichen Mithaftung bereits zum Zeitpunkt der Abtretungserklärung vorliegt und dem Abtretungsempfänger bekannt ist oder wenn Umstände vorliegen, die einen Mithaftungseinwand als sicher erscheinen lassen (BGH, Entscheidung vom 11. September 2012, Az. VI ZR 296/11).

Für die Praxis bedeutet dies:

1. Ein Kfz-Werkstattmitarbeiter darf rechtliche Informationen über die mögliche Erstattungsfähigkeit der Reparaturkosten geben und beispielsweise dem Kunden darlegen, dass ein Totalschaden auch dann noch repariert werden darf, wenn die Kosten den Wert des Wagens um 130 Prozent übersteigen.

2. Werkstätten und Mietwagenunternehmen dürfen als Nebenleistung grundsätzlich auch Inkassodienstleistungen anbieten. Sie können sich von ihren Kunden eine Abtretungserklärung unterschreiben lassen, um die Ansprüche des Kunden gegen die Versicherung als eigene Forderungen durchzusetzen.

3. Werkstätten und Mietwagenunternehmen dürfen dem Kunden jedoch beispielsweise keine Beratung über Schmerzensgeldansprüche bei Personenschäden anbieten, dies hat nichts mit der üblichen Tätigkeit einer Reparaturwerkstatt zu tun.

Interessant ist noch die Auffassung des BGH, dass durch die Geltendmachung einer an Erfüllung statt abgetretenen Forderung unproblematisch ist. Durch eine Abtretung an Erfüllung statt wird die Forderung zur eigenen Forderung des Abtretungsempfängers mit der Folge, dass es sich um eine eigene Rechtsangelegenheit handelt, die nicht dem RDG unterfällt.

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