Die drei südosteuropäischen Nachbarn Albanien, Mazedonien und Montenegro weisen einen ähnlichen Fahrzeugmarkt auf. Gemeinsam ist ihnen die Herausforderung eines hohen Gebrauchtwagenanteils und damit eines hohen Fahrzeugalters. In Albanien wurden 2017 etwas über eine halbe Million Fahrzeuge genutzt. Laut der albanischen Zulassungsbehörde wurden 52.297 Einheiten - davon 2.634 Neu- und 49.663 Gebrauchtwagen - erstmals im Land zugelassen, rund 13 Prozent mehr Fahrzeuge als 2016. In Mazedonien betrug der Fahrzeugbestand laut Behördenangaben 2016 knapp 462.000 Einheiten, davon 395.000 Pkw. Laut der Zollverwaltung Mazedoniens liegt der Anteil an den Erstzulassungen im Land bei etwa 85 Prozent. Für Montenegro existieren keine genauen Daten zum Fahrzeugbestand. Er wird auf zirka 230.000 Fahrzeuge geschätzt. Auch hier überwiegen die Gebrauchtwagen mit einem Anteil von 70 Prozent an den Erstzulassungen, besonders gefragt sind Autos zwischen vier und sechs Jahren.
VW-Konzern führt, Diesel stark
Was die Antriebe angeht, erfreut sich der Diesel in allen drei Ländern besonderer Beliebtheit. In Albanien liegt der Marktanteil der Diesel bei Pkw zwischen 55 und 60 Prozent, in Mazedonien haben knapp 50 Prozent der verkauften Pkw einen Diesel unter der Haube und in Montenegro liegt das Verhältnis sogar bei 80 Prozent für den Selbstzünder. Alternative Antriebe spielen praktisch keine Rolle.
Bei den Pkw sind die Marken des Volkswagen-Konzerns in allen drei Ländern besonders stark vertreten. In Albanien werden daneben zudem französische und japanische Marken stark nachgefragt. Im Transportersegment spielt neben den deutschen und französischen Herstellern der FCA-Konzern eine große Rolle. Während deutsche Marken mit einem Drittel Marktanteil von Januar bis April 2018 auch den mazedonischen Pkw-Markt dominierten, sind Fiat und Iveco mit fast 40 Prozent Anteil Marktführer bei den Transportern. In Montenegro führen koda (10,9 Prozent), Dacia (10,0 Prozent) und Renault (9,6 Prozent) den Neuwagenmarkt an.
Wenig Full-Service-Leasing
Generell bevorzugen die albanischen Kunden Finanzleasingverträge. Fatjon Medja, Fleet Sales Officer bei der Porsche Bank, stellt fest:"Nur 15 Prozent unserer Kunden nutzen operatives Leasing. Der Grund dafür ist, dass der Kunde bei Vertragsende Eigentümer des Fahrzeugs sein möchte." Die meisten davon sind Dependancen internationaler Unternehmen in Albanien. Generell ist die Zahl der Kfz-Leasing-Neuverträge überschaubar, Marktführer sind mit Abstand Porsche Leasing und Raiffeisen Leasing (siehe Grafik rechts).
Auch in Mazedonien gehört Porsche Leasing zu den fünf erfolgreichsten Leasinggesellschaften, außerdem Sparkassen-Leasing, Heta Leasing, Eurolease Auto und Master Leasing. Auch hier bevorzugen die Kunden - wie übrigens auch in Montenegro - Finanzleasing. Mit 78 Prozent Anteil spielt es laut Porsche Leasing Mazedonien vor dem operativen Leasing die mit Abstand größte Rolle. Zarko Krzalovski, Sales und Fleet Manager bei Porsche Leasing Mazedonien, sagt aber: "Der Einsatz von Full-Service-Leasing entwickelt sich in Mazedonien zu einem Trend und wird vor allem bei Unternehmen aus Westeuropa genutzt." Öffentliche Unternehmen und Behörden sehen sich Full-Service-Leasing näher an. Allerdings gibt es mit Porsche Leasing (730 Fahrzeuge im Bestand) und S-Leasing (650 Fahrzeuge) in Mazedonien derzeit nur zwei Leasinggesellschaften.
Gemächliche Änderungen
Grundsätzlich werden sich die drei Märkte auf absehbare Zeit evolutionär entwickeln. In Albanien werden weiterhin bis zu zehn Jahre alte Gebrauchtwagen die größte Rolle spielen, die derzeit über 90 Prozent der Zulassungen ausmachen. Denn ältere Fahrzeuge mit mehr als zwei Litern Hubraum werden mit einem Steuermalus bestraft und müssen den zulässigen CO2-Ausstoß einhalten. In Sachen alternativer Antriebe unterstützt die Stadt Tirana derzeit Taxiunternehmen bei der Zulassung von Elektrofahrzeugen.
Für Mazedonien sieht Zarko Krzalovski eine große Herausforderung in der großen Anzahl und im technischen Zustand der importierten Gebrauchtwagen: "Viele dieser Fahrzeuge sind sehr alt und entsprechen nicht den europäischen Umwelt- und Sicherheitsstandards", stellt Krzalovski fest. Erfreulich sei, dass Mazedonien das Bewusstsein für Öko-Standards schärfe und beginne, den CO2-Ausstoß zu regulieren.
Auch Montenegro beginnt, sich auf nachhaltige Verkehrspolitik zu fokussieren. Zwar gebe es noch keine Subventionen für E-Autos oder alternative Kraftstoffe. Aber: "Die Regierung arbeitet jetzt an einem Zukunftsplan für die Steuerpolitik, der Subventionen für alternative Kraftstoffe vorsieht." Dies wird das Interesse an E-Autos verstärken.
Thilo von Ulmenstein
Managing Partner bei Fleetcompetence Europe. Das Schweizer Beratungsunternehmen unterstützt mit seiner Expertise Unternehmen im Bereich Flotten- und Mobilitätsmanagement. Es ist mit einer Tochtergesellschaft auch in Deutschland aktiv.Weitere Informationen: www.fleetcompetence.com
- Ausgabe 11/2018 Seite 52 (257.0 KB, PDF)