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Fahrbericht Renault Alaskan: Lastesel mit guten Genen

11.10.2017 13:50 Uhr
Renault Alaskan Fahrbericht
Wie es sich für einen kernigen Allradler gehört, macht der Alaskan auch abseits befestigter Straßen eine gute Figur.
© Foto: Renault

Die Nachfrage nach Pick-ups steigt und auch Renault will zukünftig seine Nutzfahrzeug-Kundschaft mit einem eigenen Modell zufrieden stellen können. Statt einer teuren Neuentwicklung greifen die Franzosen aber auf eine bewährte Basis zurück.

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Von Michael Gebhardt/SP-X

Pick-ups mit offener Ladefläche und viel Bodenfreiheit mögen für Präriefarmer und Landschaftsgärtner das Non-plus-Ultra sein, muss man damit allerdings in die City, sind sie vor allem eins: sperrig und unhandlich. Trotzdem erfreuen sich die robusten Lastesel immer größerer Beliebtheit, allein in Deutschland ist der Absatz in den vergangenen acht Jahren von gut fünfeinhalbtausend auf über 21.000 Einheiten gestiegen. Das Angebot wächst mit: Ab November wartet für mindestens 31.008 Euro netto auch der Renault Alaskan beim Händler.

Zwar ist der Franzose ganz frisch ins hiesige Renault-Portfolio eingezogen, doch wirklich neu ist der Pick-up nicht: Zum einen rollt er schon seit gut einem Jahr über südamerikanische Straßen – zum anderen ist er nicht viel mehr als ein verkleideter Nissan Navara. Abgesehen von wenigen optischen Änderungen an Front und Heck haben die Franzosen den Lastesel eins zu eins von ihrem japanischen Allianzpartner übernommen. Vor allem im Innenraum hat Renault gar nicht erst versucht, den Anschein zu erwecken, der Alaskan sei ein eigenständiges Auto. Während Mercedes bei der ebenfalls auf dem Nissan aufbauenden X-Klasse das gesamte Cockpit ausgetauscht und seine eigene Inneneinrichtung eingebaut hat, übernimmt Renault vom Kombiinstrument bis zum Sitzheizungsschalter, vom Touchscreen-Navi bis zum Fensterheber alles vom Navara. Das heißt: Auch der Alaskan hat kein längsverstellbares Lenkrad und ist was Optik und Haptik angeht eher auf Robustheit denn auf Lifestyle ausgelegt.

Den Kunden wird’s nicht stören, denn die Basics passen: Das Platzangebot in dem ausschließlich als Doppelkabine mit vier Türen erhältlichen Alaskan ist gut, die Sitzposition einwandfrei und das Gestühl auch auf längerer Strecke nicht unbequem. Dazu kommen zahlreiche Ablagen: Im Handschuhfach, in den Türtaschen, unter der Mittelarmlehne, auf dem Armaturenbrett und nicht zuletzt unter den Rücksitzen lässt sich allerlei Klein- und nicht ganz so kleiner Kram verstauen. Serienmäßig fährt der Pick-up immer mit Alurädern, Klimaanlage, elektrischen Fensterhebern und Tempomat vor – Extras, die der gut 4.200 Euro netto günstigere Nissan nur gegen Aufpreis an Bord hat. Ab der zweiten Stufe kommen das etwas fummelige Navigationssystem mit 7-Zoll-Touchscreen, eine Klimaautomatik und die Einparkhilfe hinten dazu. Letztere ist auf jeden Fall empfehlenswert, noch besser ist die in der höchsten Ausstattung neben Voll-LED-Scheinwerfern und Sitzheizung serienmäßige 360-Grad-Ansicht: Die kann zwar den Wendekreis von deutlich über zwölf Metern auch nicht verkleinern, aber zumindest das Rangieren mit dem 5,40-Meter-Schiff merklich vereinfachen.

Zwei Diesel-Varianten im Angebot

Wer sich für die Basis-Version entscheidet, wählt damit zugleich die schwächere von zwei verfügbaren Motorisierungen: Nur der einfach aufgeladene 2,3-Liter-Vierzylinder-Diesel mit 120 kW / 163 PS fährt in der Einstiegs-Ausstattung (und ohne Option auf ein Upgrade) vor. Der zuschaltbare Allradantrieb und die Geländeuntersetzung sind auch hier immer dabei, ein Automatikgetriebe steht für den kleinen Selbstzünder allerdings nicht zur Wahl. Das Gros der Kunden wird wohl zur doppelt aufgeladenen Ausbaustufe mit 140 kW / 190 PS greifen. Die startet für 34.873 Euro netto in der zweiten Ausstattung und hält für 1.512 Euro netto extra auch eine Siebengang-Automatik bereit.

Dass unter der Haube des Topmodells fast 200 PS schlummern, merkt man allerdings nicht. Zumindest nicht im Alltag: So richtig in den Sitz wollen einen die bei niedrigen 1.500 Touren anliegenden 450 Newtonmeter nicht drücken, den Sprint auf Tempo 100 schafft der leer gut 2,1 Tonnen schwere Pick-up – mit viel Getöse – allerdings knapp in unter elf Sekunden, bei 184 km/h ist schon Schluss. Sein wahres Potential entfaltet der Renault dagegen als Arbeitstier wird: Knapp eine Tonne Gewicht darf auf der gut eineinhalb mal eineinhalb Meter großen Ladefläche transportiert werden, und an den Haken kann der Alaskan bis zu 3,5 Tonnen nehmen. Wer die Zuladung ausreizt, braucht sich jedoch nicht wundern, wenn der Praxis-Durst deutlich vom Normverbrauch abweicht: Auf dem Papier gibt sich der Renault mit rund sechseinhalb Litern zufrieden – plus ein wenig AdBlue, denn beide Alaskan-Motoren reinigen mit einem SCR-Kat ihre Abgase.

Auch wenn die Last auf der Mehrlenker-Hinterachse den Verbrauch in die Höhe treibt – sie steigert auch den Komfort. Bei unserer ersten Testfahrt zeigte sich der mit gut 150 Kilogramm Sand bestückte Alaskan ausgesprochen geschmeidig und federte komfortabel über Unebenheiten hinweg. Lässt man den Ballast weg, dürfte auch der Renault – wie sein Nissan-Pendant – etwas hölzern wirken und über Trambahnschienen und Schlaglöcher eher hoppeln als gleiten. Das ist der Preis, den all die Großstadt-Cowboys für den Coolness-Faktor zahlen müssen, denn das Aktenköfferchen allein reicht sicher nicht, um die Federn ausreichend zu belasten. Zumal das meiste Handgepäck ohnehin auf den Rücksitzen landen wird, denn: Wer will schon sein Hab und Gut in der Stadt offen auf der Ladefläche transportieren? Abhilfe schafft der geschlossene Aufbau, der für gut viereinhalbtausend Euro erhältlich ist – dann könnte man aber auch gleich ein SUV kaufen.

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